In ihrer Eröffnungsrede bezeichnete Kulturministerin Elisabeth Baume-Schneider die Filmtage als «unverzichtbaren Teil des nationalen Selbstgesprächs». Mit den Filmtagen seien in Solothurn die gesellschaftlichen Veränderungen der Schweiz festgehalten worden. Gleichzeitig seien sie auch stets Katalysator des Wandels gewesen.
Eröffnet wurden die Filmtage mit der Doku «Die Hinterlassenschaft des Bruno Stefanini». Sie zeichnet das Porträt des Winterthurer Immobilienbesitzers und Bauunternehmers nach. Darin beleuchtet der Filmemacher Thomas Haemmerli auf humorvolle Art, welche kuriosen Gegenstände Stefanini als Sammler und Kunstliebhaber hortete. Gleichzeitig verwebt er die Erzählung in einen historischen Kontext.
Der Film steht ganz im Zeichen der Jubiläumsausgabe: Es dominieren Dokumentarfilme. Die Themen Hinterlassenschaft und Erben ziehen sich wie ein roter Faden durchs Programm. Ausserdem wird bei biografischen Filmen ein Schwerpunkt gesetzt.
Spiegel der Schweizer Realität
Während der Eröffnungsfilm auch mit Humor arbeitet, folgen viele Filme schweren Themen aus aller Welt. Dazu gehören etwa Erzählungen von politischen Kämpfen, Kriegs- und Migrationsgeschichten sowie Filme über Naturgewalten und schwierige Beziehungsdynamiken.
Oft suchen die Filme und die darin vorkommenden Figuren in der Vergangenheit nach Antworten für die Gegenwart oder die Zukunft. Dies ist aber nicht nur den Inhalten, sondern auch dem Genre Dokumentarfilm geschuldet, das dieses Jahr wieder dominiert.
Auch Bundesrätin Baume-Schneider blickte in ihrer Rede zurück auf die Gründungszeit der Solothurner Filmtage und zog Parallelen zu heute. So habe damals etwa das Bedürfnis nach einer authentischeren und kritischeren Darstellung der Schweizer Realität bestanden.
Heute würden uns diese Realitäten weiter beschäftigen, was polarisierende Debatten beispielsweise über den Minderheitenschutz oder die Gleichstellung der Geschlechter zeigten. Die Debatten offenbarten, «dass wir heute ebenfalls neu verhandeln müssen, was uns als Gemeinschaft verbindet und zusammenhält», so Baume-Schneider.
In ihrer Begrüssung bezog sich auch die operative Leiterin der Filmtage, Monica Rosenberg, auf aktuelle Debatten. Das Filmemachen sei ein Handwerk, aber auch ein Geschäft. Auch das Festival gehöre zur Filmindustrie. Wirtschaft und Kultur stünden miteinander im Dialog. «Dabei darf es aber nicht nur um Zahlen gehen», sagte Rosenberg. «Nicht nur was sich rechnet, wird auch bleiben.»
Jura-Landschaft im Rampenlicht
Speziell ist in diesem Jahr die Retrospektive «Imaginaires du Jura», die den Jurabogen als Filmkulisse beleuchtet. In seiner Begrüssung erzählte der künstlerische Leiter Niccolò Castelli von einer Wanderung im Buchenwald im Bettlachstock im Kanton Solothurn. Dort habe er eine andere Welt betreten, und ihm sei klar geworden: «Nicht ich beobachtete die Natur, die Natur beobachtete mich.»
Insgesamt wurden für die Solothurner Filmtage über 400 Filme eingereicht, davon werden nun im «Panorama», der eigentlichen Werkschau, 91 Lang- und 71 Kurzfilme gezeigt.
Sechs der «Panorama»-Filme sind für den «Prix de Soleure» nominiert, den mit 60'000 Franken höchstdotierten Filmpreis der Schweiz. Er richtet sich an einen Film mit einem «humanistischen oder gesellschaftskritischen Inhalt». Die nominierten Filme sind alle entweder als Welt- oder Schweizer Premiere zu sehen.
Auch hier dominieren die Dokumentarfilme. Als solche für den Preis nominiert sind die vier Filme «Dom» von Svetlana Rodina und Laurent Stoop, «Il ragazzo della Drina» von Zijad Ibrahimovic, «Immortals» von Maja Tschumi und «Unter Mangobäumen» von Damaris Lüthi. Zudem können die beiden Spielfilme «Bagger Drama» von Piet Baumgartner und «Hôtel Silence» von Léa Pool auf die Auszeichnung hoffen. Der Preis wird am letzten Abend der Solothurner Filmtage vergeben.
Auch bei den Nominationen für die beiden anderen Hauptwettbewerbe, dem Publikumspreis und dem Preis «Visioni», sind die Dokumentarfilme in der Überzahl. (sda/spo)