Vertrieb des Bundesratslexikons gestoppt

NZZ Libro - Der NZZ-Libro-Verlag hat wegen eines Streits um ein Porträt über Alt-Bundesrat Moritz Leuenberger vorübergehend den Vertrieb des Bundesratslexikons gestoppt. Laut Felix E. Müller soll das Buch im Herbst wieder in den Handel kommen.

von Edith Hollenstein

Der NZZ Libro hat wegen eines Streits um ein Porträt über Alt-Bundesrat Moritz Leuenberger vorübergehend den Vertrieb des Bundesratslexikons gestoppt. Auch die Buchhandlungen würden mit dem Standardwerk nicht mehr beliefert. Sie könnten lediglich noch ihre bereits bestellten Exemplare verkaufen. Hintergrund ist ein Streit über inhaltliche Angaben im Porträt über SP-Politiker Leuenberger.

Verfasst wurde es von Felix E. Müller, dem früheren Chefredaktor der «NZZ am Sonntag».

Es handle sich um «kleinere Faktenfehler»

Wie die CH-Media-Zeitungen bereits Mitte Juni berichtet hatten, stört sich Leuenberger an mehreren Passagen des Lexikons. Seine Familiengeschichte sei «kreuzfalsch» wiedergegeben. Auch falsch sei die Angabe, wegen ihm (Leuenberger) sei ein Gesetz beschlossen worden, das eine Karenzfrist für die Übernahme von Mandaten vorschreibe. Und besonders vehement wehrt sich Leuenberger gegen die Passage, laut der ihm der Bundesrat das Flughafendossier entzogen habe. Es handle sich dabei um eine «gravierende Falschbehauptung», sagt er in der «SonntagsZeitung».

Nachdem er sich im Juni gegenüber den CH-Media-Zeitungen nicht detailliert geäussert hatte, räumt Autor Felix E. Müller nun in der «SonntagsZeitung» Fehler ein. «Bezüglich der Karenzfrist für die Übernahme von Mandaten und seines Familienlebens sind mir kleine Fehler unterlaufen. Ich bin grundsätzlich bereit, diese zu berichtigen, beispielsweise mit einem Einlegeblatt», sagt Müller in der «SonntagsZeitung». Hingegen sei die Aussage, Moritz Leuenberger sei das Flughafendossier entzogen worden, «realpolitisch gerechtfertigt», sagt er. «Es ist aktenkundig, dass Micheline Calmy-Rey zeitweise die Verhandlungen mit Deutschland führte.»

Streit um «etwa 12 Zeilen»

Gegenüber persoenlich.com ergänzt Müller: «Es handelt sich beim Stopp der Auslieferung um eine freiwillige Massnahme des Verlags, die Ende August ausläuft. Damit soll die Bereitschaft signalisiert werden, eine gütliche Einigung mit Moritz Leuenberger zu finden. Nachher wird das Bundesratslexikon wieder in den Handel kommen», schreibt Müller am Sonntagvormittag auf Anfrage.

Er ärgert sich über die Dimension des Streits: «Um das in die richtigen Proportionen zu rücken: Es geht um vier kurze Passagen im Beitrag über Moritz Leuenberger, insgesamt vielleicht 12 Zeilen.» Dazu gehöre etwa die Behauptung Leuenbergers, es sei eine falsche Departementsabkürzung verwendet worden: UVEK statt EVED, so Müller.

Alt-Bundesrat Leuenberger hat laut der «SonntagsZeitung» schon vor dem Erscheinen bei Herausgeber und Historiker Urs Altermatt angerufen und diesen gebeten, niemand von der «NZZ am Sonntag» das Porträt verfassen zu lassen.

Es scheint, als seien die Fronten bereits nicht mehr ganz so verhärtet: In der aktuellen Ausgabe der «NZZ am Sonntag» ist die Rede von Moritz Leuenberger zum 40. Jubiläum des Zürcher Theaterspektakels in voller Länge abgedruckt, vielleicht ist das ein Zeichen der Annäherung.