Von Veganismus, Yoga und anderen Ersatzreligionen

Wirz Cocktail 2018 - Über 300 Gäste aus Medien, Marketing und Wirtschaft sind der Einladung der Wirz Gruppe zum traditionsreichen Anlass gefolgt. Das Thema lautete «Wir Missionare» – bekehrt wurden die Gäste nicht, dafür bestens unterhalten.

Wir können ihnen nicht entgehen, den Missionaren: In den sozialen Medien prasseln im Sekundentakt Ansichten, Tipps und Appelle auf uns ein, die uns sagen, wie wir unser Leben und die Welt verbessern könnten. Kein Thema zu «nischenhaft», um nicht zur Religion erhoben zu werden – auch wenn es bloss die Frage ist, ob das Rennvelo mit Felgen- oder Scheibenbremsen verlangsamt werden sollte.

 

«Wenn wir von etwas überzeugt sind, dann wollen wir auch, dass unser Umfeld auf den rechten Weg kommt», sinnierte der Co-CEO von Wirz Communications und passionierte Velofahrer Livio Dainese bei seiner Eröffnungsrede zum 48. Wirz Cocktail, der am Dienstagabend über 300 Gäste aus der Kommunikationsbranche ins Zürcher Aura lockte.

Dies geschehe allerdings weniger aus Nächstenliebe, sondern mehr als Hilfestellung: Der Mensch sei dankbar für Regeln, um sich in der immer komplexer werdenden Welt zurechtzufinden – das ist der Punkt, in dem sich alle Gesprächspartner der von Mona Vetsch geleiteten Podiumsdiskussion einig waren.

Selbst der ehemalige Punk und heutige SRF-Latenight-Talker Dominic Deville machte als Kindergärtner die Erfahrung, dass Anarchie nicht mal den Ur-Anarchos – den Kindern – wirklich Spass mache, worauf er sich gemäss eigenen Angaben zum «strengsten Kindergärtner der Innerschweiz» entwickelte.

Rolf Hiltl sieht den Grund, warum sich eine Meinung in eine Mission entwickle, vor allem in der plötzlichen Reichweite durch Instagram, Twitter und Snapchat. Seine eigene Mission könnte schlicht «Hiltl» heissen: Geschickt hat er die hauseigene Guacamole aus Erbsen immer wieder zum Thema gemacht, denn sein Vegi-Unternehmen könne nicht mehr hinter dem weltweiten Avocado-Business stehen.

Journalist und Digital-Berater Hansi Voigt wird zwar als der «Messias der medialen Digitalisierung» bezeichnet, würde jedoch eigentlich gerne für eine Kultivierung der Langeweile predigen, wie er gegen Ende der munteren Diskussion gestand.

Lauren Wildbolz, Leitfigur der Schweizer Veganismus-Bewegung, stand charmant zu ihrer Mission: Sie wolle die Menschen sensibilisieren für ihre Verantwortung als Konsumenten. Denn die plötzliche Reichweite sollte für etwas Positives genutzt werden.

Gut möglich, dass der eine oder die andere beim anschliessenden Apéro riche die Meatballs dankend ablehnte – natürlich nicht, ohne es auf Social Media mit #fleischlosglücklich #machmit zu teilen.

Weitere Fotos zum Anlass sind hier zu finden. (pd/as)