Steuerämter sollen Staatsmilliarden gerecht verteilen

Coronavirus - Der Bund bietet Direktzahlungen von 10 Milliarden Franken an. Das ist löblich, doch diese Summe werde am Ende nicht ausreichen, um den wirtschaftlichen Schaden zu decken. Ein Vorschlag von Matthias Ackeret.

von Matthias Ackeret

Seit heute ist Realität, was vor zwei, drei Wochen noch in den Bereich von Science Fiction gehört hätte: die Schweiz steht still. Und nicht nur unser Land, ganz Europa, ja die Welt. Vergleiche mit der Finanzkrise, Tschernobyl, dem Tsunami, ja sogar dem Ausbruch der Weltkriege werden herbeibeigezogen. Doch die Coronakrise ist anders: umfassender, unfassbarer, totaler – und das Ende (noch) nicht absehbar. Jeder ist auf seine Weise betroffen. Sei es – im schlimmeren Fall – gesundheitlich oder eben wirtschaftlich. Fokussieren wir uns auf unsere kleine Welt. Dass der Bund Direktzahlungen von 10 Milliarden Franken angeboten hat, ist löblich, doch diese Summe wird am Ende nicht ausreichen, um den wirtschaftlichen Schaden zu decken. Wahrscheinlich wird das Zehnfache nötig (Die UBS bekam 2008 6 Milliarden Franken vom Bund zur Wiederherstellung der Eigenmittel der Bank und 54 Milliarden Dollar von der Nationalbank für ihre illiquiden Wertpapiere).

Doch zurück in das Heute: Allein die Eventbranche – um ein kleines Beispiel zu nehmen – ist von der Coronakrise umfassend betroffen. 20 Prozent der Grossveranstaltungen garantieren 80 Prozent des Gesamtumsatzes. Fallen diese Grossevents weg, ist ein bedeutender Teil der Branche betroffen. Ein Blick auf den Veranstaltungskalender genügt: Bis Mitte Mai fallen alle Veranstaltungen der Kommunikations- und Marketingbranche aus. Verschiebungen auf einen späteren Zeitpunkt sind gar nicht so einfach, da die Veranstaltungsorte bereits ausgebucht sind, oder – was noch gravierender ist – die Sponsoren aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr mitmachen wollen.

Oder nehmen wir die Gastronomie: Soeben klagte mir der Besitzer einer kleinen Cafébar in Wiedikon, dass eine mehrmonatige Schliessung seines Lokals sein wirtschaftliches Ende bedeuten würde. Denn selbst in dieser Phase laufen Löhne, Sozialkosten und Mieten weiter. Oder – um ganz nah bei unserem Business zu bleiben , da Unternehmen und Auftraggeber in schwierigen Zeiten zuerst bei Werbung und Inseraten sparen, wird es die Medien- und Werbebranche im nächsten halben Jahr existentiell treffen. 

Der Staat, in guten Zeiten von den Privaten oftmals als bürokratisches Monstrum bezeichnet, ist nun plötzlich der Hoffungsträger. Das Hauptproblem, das sich dabei stellt: Wie verteilen wir die staatlichen Milliarden? Falsch wäre es, wenn man nach qualitativen oder subjektiven Kriterien entscheiden würde. Hier gäbe es am Ende nur Neid, Enttäuschungen und bad Feelings. Es wäre dem Bund zu empfehlen, ein objektives und wertfreies Kriterium zur Unterstützung der notleidenden Branchen einzuführen, analog zur indirekten Presseförderung. Der Schlüssel liegt dabei – meines Erachtens – bei den Steuerämtern. Wie wäre es, als Grundlage für die Auszahlung der staatlichen Förderungen die Steuererklärung vom letzten Jahr zu nehmen? Dies wäre ein Hebel, der funktionieren könnte und ein Mindestmass an Gerechtigkeit garantiert. Die Coronakrise könnte vieles verändern: Vielleicht erstmals Steuerämter, die helfen, anstatt zu kassieren.