01.05.2021

Wegen Schleichwerbung

Der Presserat rügt zwei Publikationen

Blick.ch und die Schweizer Illustrierte haben gegen das Gebot der Trennung von bezahltem und redaktionellem Inhalt verstossen. Der Presserat zeigt sich beunruhigt über die Entwicklung und Verbreitung des Native Advertising.
Wegen Schleichwerbung: Der Presserat rügt zwei Publikationen
Der Presserat rügt einen im Vorfeld zur Abstimmung über die E-ID vom 7. März 2021 auf blick.ch erschienenen Artikel wegen mangelnder Kennzeichnung als Werbung. (Bild: persoenlich.com/cbe)

Der Presserat hat die Onlineplattform blick.ch und die Zeitschrift Schweizer Illustrierte wegen der mangelnden Trennung von bezahltem und redaktionellem Inhalt gerügt. Die Zeitschrift veröffentlichte eine von den Bauern bezahlte Serie, ohne dies auszuweisen. Die Onlineplattform betrieb Abstimmungspropaganda ohne Kennzeichnung als Werbung.

Dabei ging es um einen Artikel im Vorfeld der Abstimmung vom 7. März über die elektronische Identität. Wie der Presserat am Freitag festhielt, reicht der Hinweis auf blick.ch «in Kooperation mit …» nicht, weil der Artikel im üblichen Erscheinungsbild veröffentlicht wurde.

So hob sich die Abstimmungspropaganda des Wirtschaftsverbands Digital Switzerland nicht ausreichend vom redaktionellen Inhalt ab. Der Hinweis war auch leicht überlesbar, so dass der Artikel nicht klar als Werbung deklariert war.

Erst die dritte und finale Version entsprach den Anforderungen, wie der Presserat schreibt. Der eindeutige Satz, wonach es sich um politische Werbung handle mit der Autorenzeile «Das ist ein bezahlter Beitrag, präsentiert von …» habe die nötige Transparenz geschaffen.

Beschwerde erhoben hatte die Digitale Gesellschaft. Diese begrüsst «die klare Stellungnahme» durch den Schweizer Presserat. «Der Presserat hat mit seiner Stellungnahme politischer Schleichwerbung in schweizerischen Medien eine klare Absage erteilt», heisst es in einer Mitteilung vom Freitag.

Schleichwerbung für Bauern

Auch die Schweizer Illustrierte verstiess gegen das Gebot der Trennung von bezahltem und redaktionellem Inhalt. Zwischen April und Juni 2020 veröffentlichte die Zeitschrift eine vierteilige Reportage-Serie im Rahmen der Aktion «Mehr Schweiz im Teller» über Bauernhöfe.

Finanziert wurde das von Agro-Marketing Suisse, der Vermarktungsfirma der Bauernorganisationen. Ausgewiesen wurde die Finanzierung gemäss dem Presserat nicht. Bei der ersten Reportage war zwar vermerkt, sie sei in Zusammenarbeit mit den Schweizer Bauern entstanden.

Erst im letzten Artikel stand indessen «in Zusammenarbeit mit Agro-Marketing Suisse und dem Schweizer Bauernverband», was gemäss der Rüge nicht reicht. Damit die Leserschaft nicht in die Irre geführt wird, müsse die Zusammenarbeit in jedem einzelnen Beitrag klar als kommerziell und bezahlt deklariert werden.

Sorgen wegen Native Advertising

Der Rat erinnert im Weiteren daran, dass die Kennzeichnungspflicht von Werbung auch für die sozialen Medien gilt. So befand er den Hinweis «gesponsert» auf einer Facebook-Seite als ungenügend. Stattdessen empfiehlt der Presserat die eindeutige Kennzeichnung «Bezahlte Werbepartnerschaft».

Überhaupt beunruhigt den Presserat die Verbreitung des sogenannten Native Advertising Sorgen, also Werbung im «bekannten Umfeld» einer Publikation, die sich kaum vom redaktionellen Inhalt unterscheidet. Die Zeitungsverlage seien zwar unter Druck, Werbeeinnahmen einzufahren.

Kommerzielle Artikel im Gewand eines redaktionellen Texts würden ihnen aber einen Bärendienst erweisen. Sie zeugten «von einem Mangel an Respekt vor der Leserschaft und untergraben die Glaubwürdigkeit des Journalismus», schreibt der Rat. (sda/cbe)



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Kommentare

  • Ueli Custer, 03.05.2021 07:52 Uhr
    Inzwischen fahren immer mehr Medien bereits mit dem Bagger auf um ihr eigenes Grab zu schaufeln. Sie unternehmen alles, um den Fake-News-Vorwurf gerecht zu werden. Bei allem Verständnis für die schwierige Ertragslage: Wie kann man nur derart kurzfristig denken?
  • Leo Wehrli, 30.04.2021 15:50 Uhr
    Auf Social Media gibt es eigentlich ganz klare Richtlinien, wie ein Beitrag, für den Geld geflossen ist, gekennzeichnet sein muss, damit er den Regeln entsprechen muss. Das erfolgt über eigens dafür vorgesehene Funktionen, nicht über eine Erwähnung im Post-Text. Leider wird das noch zu häufig falsch umgesetzt.
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