Ein neutraler Berichterstatter mit 6000 Franken Lohn

Journalisten in der Schweiz - Der durchschnittliche Medienschaffende in der Schweiz ist männlich, 42-jährig – und zufrieden. Dies zeigt ein aktueller Report der ZHAW und der Universität Neuenburg. In den letzten acht Jahren ist der Beruf weiblicher, gebildeter und internationaler geworden.

Trotz Medienkrise und prekären Arbeitsbedingungen sind Schweizer Journalisten mehrheitlich zufrieden mit ihrer Arbeit. Das ergab der Report «Journalisten in der Schweiz», welcher von der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften sowie der Universität Neuenburg durchgeführt und vom Schweizerischen Nationalfonds gefördert wurde. Insgesamt beantworteten über 900 Medienschaffende aus mehr als 200 Redaktionen aller Sprachregionen die Online-Umfrage.

Die grosse Mehrheit (74 Prozent) der Befragten würde den Journalistenberuf jemandem aus dem eigenen Bekanntenkreis nach wie vor weiterempfehlen, obwohl sich die Arbeitsbedingungen wegen der Medienkrise deutlich verschlechtert haben. So gaben die Teilnehmenden an, mehr arbeiten zu müssen und gleichzeitig weniger Zeit zu haben, Geschichten vertieft zu recherchieren. Hingegen gaben 80 Prozent der Befragten an, sie seien ziemlich frei in der Themenwahl.

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Neutrale Berichterstatter

«Gerade in einer direkten Demokratie tragen sie mit ihrer Arbeit wesentlich zur Orientierung und Meinungsbildung der Bürger bei», liess sich Studienleiter Vinzenz Wyss von der ZHAW in der Mitteilung zum Report zitieren. Das Rollenselbstbild der Journalisten habe sich trotz starkem Medienwandel kaum verändert.

Die meisten verstehen sich dabei weniger als politische Akteure, sondern vielmehr als neutrale Berichterstatter. Nur wenige verstünden ihre Rolle als Beeinflusser der politischen Agenda, als Kritiker der Wirtschaft oder Regierung, hiess es in der Mitteilung weiter. Eine solch aktivere Rolle sehen zudem Journalisten in der lateinischen Schweiz als wichtiger an als jene in der Deutschschweiz.

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Politiker und Parteien geniessen nur bei sieben beziehungsweise sechs Prozent der Medienschaffenden Vertrauen. Justizsystem (60 Prozent), Polizei (48 Prozent) und Bundesrat (47 Prozent) kommen dabei besser weg, ebenso die Medien (46 Prozent). Allerdings machen sich die Befragten grosse Sorgen um den Ruf ihrer Branche.

Professionelle ethische Standards halten die Schweizer Medienschaffenden hoch: Die Mehrheit lehnt ab, Druck auf Informanten auszuüben oder persönliche Dokumente ohne Erlaubnis zu verwenden. Als legitim betrachten sie hingegen, versteckte Kameras einzusetzen oder vertrauliche Dokumente der Regierung oder von Unternehmen zu nutzen.

Der statistisch typische Schweizer Medienschaffende ist laut dem Report männlich, 42-jährig und hat einen akademischen Abschluss. Zudem arbeitet er seit durchschnittlich 15 Jahren vollzeitlich im Journalismus. Insgesamt decken Schweizer Journalistinnen und Journalisten das gesamte politische Spektrum ab. Der durchschnittliche Medienschaffende ist jedoch leicht links von der Mitte positioniert.

Bei den Themengebieten bestätigen sich Klischees: Männer beschäftigen sich stärker mit Politik-, Wirtschafts- und Sportthemen, während Frauen eher über Kultur, Gesellschaft und Lifestyle berichten.

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Weiblicher und internationaler

Im Vergleich zur letzten Befragung 2008 hat der Frauenanteil im Schweizer Journalismus leicht zugenommen (von 35 auf 39 Prozent), mehr Medienschaffende haben einen akademischen Abschluss (von 59 auf 70 Prozent) und mehr haben einen internationalen Pass (von 9 auf 17 Prozent).

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In Sachen Lohn hat sich indes nicht viel getan: Das Einkommen stagniert bei durchschnittlich 6000 Franken, wobei Frauen in den unteren Lohnklassen überrepräsentiert bleiben. In der Deutschschweiz verdienen die Journalistinnen und Journalisten zudem besser als in den anderen Sprachregionen. (sda/wid)