07.01.2003

Dreikönigstagung

Entscheidend sind die unsichtbaren Werte

In schlechten Zeiten besinnt sich die Medienbranche auf das Wesentliche. Die "unsichtbaren Werte" -- Reputation, Qualität, Integrität, aber auch der Wert von Marken und geistiger Leistung -- waren das grosse Thema an der Dreikönigstagung, die das Medieninstitut als Aus- und Weiterbildungs-Organisation des Verbandes Schweizer Presse am Dienstag in Zürich zum fünften Mal durchführte. 350 Führungspersönlichkeiten aus Verlagen, Redaktionen, Firmen, Beratungsunternehmen und Behörden wohnten dem Anlass bei.
Dreikönigstagung: Entscheidend sind die unsichtbaren Werte

"Kein anderer Betrieb muss in so kurzer Zeit eine so hoch qualifizierte Leistung erbringen wie Redaktionen!" Daran erinnerte einleitend Verleger Hans Heinrich Coninx, Präsident des Verbandes Schweizer Presse. Der entscheidende Beitrag des Verlegers an die Qualität seiner Produkte besteht nach seinen Worten darin, dass er die richtigen Leute an den richtigen Platz beruft und sie fördert, vor allem durch Aus- und Weiterbildung. "Obgleich der Verleger Freiraum garantiert, muss er klar machen, dass seine Verantwortung nicht teilbar ist. Auch Haltung und Standort sind unsichtbare Werte."

Denken, Handeln, Reden und Aussehen

Fulminant ins Konkrete ging der Basler Anwalt und Wirtschaftsprofessor Walter von Wartburg, ehemaliger Kommunikationsleiter von Novartis und internationaler Experte für Corporate Reputation. Reputationssorgen quälen heute alle erdenklichen Institutionen -- die katholische Kirche und das englische Königshaus ebeso wie Swiss Life, McKinsey und Ringier. Von Wartburg warnte vor dem Kurzschluss, die Medien für die Probleme verantwortlich zu machen, über die sie berichten. Reputationsschäden durch Publizität entstünden dort, wo Aussenerwartungen und Innenrealität nicht miteinander übereinstimmen.

Reputation -- guter Ruf, Ansehen -- ist ein Unternehmenswert, den man bewirtschaften kann und muss. Vier Faktoren sind entscheidend: Denken, Handeln, Reden und Aussehen. Schritte zum Management der Reputation sind die Analyse des Fremdbildes, die Ermittlung der eigenen Erwartungen, die Feststellung von Abweichungen und die sorgfältige Beachtung der Verantwortlichkeiten. Daraus folgt, dass die Unternehmen "ihre Sichtbarkeit erhöhen" müssen, indem sie offensiv am Wettbewerb um die Aufmerksamkeit teilnehmen und auf Multiplikator-Effekte achten.

Guter Ruf, klug genutzt

Wie man eine gute Reputation im Markt nützen und ein Medienunternehmen voran bringen kann, demonstrierte der Vorarlberger Verleger Eugen A. Russ, der die Entwicklung seines Vorarlberger Medienhauses vom klassischen Zeitungsverlag zur regionalen Medienplattform nachzeichnete und die Umsetzung der viel zitierten Cross-Media-Philosophie konkretisierte.

Filippo Leutenegger, CEO der Jean Frey AG und Nationalratskandidat des Zürcher Freisinns, berichtete über seine drei Rollen als Journalist, Verleger und Politiker. Er warnte vor einer Umarmung der Medienhäuser durch die Politik und sprach sich gegen die Entwürfe von RTVG und Postgesetz aus. Man dürfe die Kontrolle nicht der Politik überlassen, müsse vielmehr selber die Initiative ergreifen. Aus diesem Grund schaffe die Jean Frey auch eine Ombudsstelle.

Martin Werfeli, COO/CFO von Ringier, plädierte für die Bewirtschaftung der Reputation durch Pflege der redaktionellen Inhalte und des wachen Bürgersinns, der in der redaktionellen Haltung zum Ausdruck kommen muss.

Schliesslich zeigte Sylvia Egli von Matt, Direktorin des Medienausbildungszentrums MAZ, wie Wertsteigerung durch Wissen geschehen kann. Sie gab einen Überblick über die Entwicklungstendenzen in der schweizerischen Journalistenausbildung und berichtete erstmals öffentlich über die grossen Ausbaupläne des MAZ in Luzern.

Den Abschluss bildete ein von Tagungsleiter Karl Lüönd moderiertes Podiumsgespräch mit den drei neuen Chefredaktoren Markus Gisler (Mittelland Zeitung), Peter Hartmeier (Tages-Anzeiger) und Werner de Schepper (Blick).



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