Eva Schulz arbeitet als freie Journalistin und Moderatorin und nutzt Snapchat (@hurraeva), um Geschichten zu erzählen. Nebst der Stories-Funktion der App, verbreitet sie diese Beiträge zudem über Facebook, Twitter oder Youtube. Die 26-Jährige gibt ihre Erfahrungen damit an Branchenanlässen weiter. Sie war am Freitag am Reporter-Forum in Zürich zu Gast und tritt am kommenden Freitag am Swiss Media Forum in Luzern auf. persoenlich.com traf Eva Schulz am Reporter-Forum im Volkshaus zum Interview.
Ich benutze Snapchat seit knapp zwei Jahren. Aber öffentlich erst seit eineinhalb. Ein paar Monate habe ich erst mal heimlich probiert und mit Freunden und meiner 16-jährigen Cousine hin- und hergesnapt. Richtig gestartet bin ich am 1. Mai 2015 mit einer Geschichte über die vermeintlichen Randale in Hamburg.
Ein ganz grosser Vorteil ist: Es ist authentisch und ehrlich, weil ich da nicht viel faken kann. Ich habe zwar einen Beautyfilter (lacht), aber bis zum vorletzten Update musste ich beispielsweise noch chronologisch erzählen. Da gab es noch keine Memories. Du hast eine andere Erzählweise durch Sticker, Emojis, Malen, Beschriften – das kennen wir ja so alles noch gar nicht.
Mit Snapchat ist man sehr nah dran. Zum einen wegen des Selfie-Modus. Zum anderen wegen der Nutzungssituation – denn die meisten Menschen, die ich kenne, nutzen Snapchat im Bett oder abends auf dem Sofa. Das heisst, man ist bereits in einer intimen Situation bei den Leuten. Und ich erreiche eine andere Zielgruppe: 14- bis 18-Jährige, die mir bestimmt nicht auf Twitter folgen würden oder noch Blogs lesen. Ich hoffe, dass bald auch mehr Online-Redaktionen Snapchat nutzen.
Ich kenne kaum mehr Menschen, die ein Zeitungsabo haben. Die Redaktionen fragen mich, was Snapchat für einen Mehrwert hat. Aber es geht nicht um Mehrwert, nicht darum, Leute in die Zeitung zu locken – sondern darum, eine Medienmarke am Leben zu halten.
Ich habe in keinem sozialen Netzwerk einen so qualitativ tollen Austausch wie auf Snapchat. Einmal machte ich eine Geschichte über den Feinstaubalarm in Stuttgart. Ich habe es daran aufgehangen: Wie kriegt man eigentlich Autos aus der Stadt und wann machen Autos in der Stadt noch Sinn. Da schrieben mir die Leute den Screen voll! Jemand schickte ein Snap aus Kanada, wie es dort aussieht. Das kriege ich auf Twitter nicht. Das macht mir alles grossen Spass.
Ein grosser Vorteil von Snapchat ist, dass ich nichts mehr machen muss. Ich lade die Sachen nur runter, konvertiere die Dateien und lade sie dann auf Facebook hoch.
(lacht) Nein. Ich habe das immer wieder mal ausprobiert. Ich werde ganz traurig, wenn ich in ein Zeitkorsett gesteckt werde; Nine-to-Five und den ganzen Tag vor dem Bildschirm sitzen ist nichts für mich. In einem Team zu arbeiten, das vermisse ich schon. Aber was mir am meisten Spass macht, ist Reportage, Leute treffen und rausgehen.
Das muss ich jetzt ausprobieren. Ich habe viel Journalismus gemacht, ohne davon leben zu müssen. Immer entweder neben dem Studium, oder im Rahmen vom Journalismus-Stipendien. Oder ich nahm an einem Journalistenaustausch teil – das halbe Jahr, das ich in Israel war. Zwischendurch hielt ich ein paar Monate einen Job durch. Das war nett. Jetzt bin ich soweit, dass ich bis Ende Jahr etwas aufbauen und als Freelancerin arbeiten möchte.
Ja, schon. Es gibt ein konkretes Projekt – ein Snapchatformat. Aber darüber darf ich leider noch nicht mehr erzählen.
Ich habe extra nachgefragt, aber ich darf noch nichts sagen. Ausser: Es ist ein Informationsformat für 14- bis 18-Jährige und ich durfte es mitentwickeln. Das wird super.
Mit Snapchatreportagen, mit Journalismus für meine Generation und jünger. Nächstes Jahr sind in Deutschland Bundestagswahlen. Darüber und warum man überhaupt wählen sollte, möchte ich berichten.