Hat die Initiative tatsächlich eine Chance?

No Billag - Der 4. März 2018 wird für die SRG zu einem Schicksalstag. Was meinen Medienexperten zu «No Billag»? Eine «persönlich»-Umfrage unter Journalisten und Chefredaktoren.

von Matthias Ackeret

Rainer Stadler, Medienredaktor «Neue Zürcher Zeitung»

«Wenn man sich an reine Grundsätze hält, ist eine allgemeine Haushaltsabgabe für Radio und Fernsehen ein Unding. Zieht man die realwirtschaftliche Konstellation im Mediensektor in Betracht, ist unübersehbar, dass audiovisuelle Angebote auf dem kleinen Schweizer Markt nicht ausreichend finanzierbar sind. Darum ein Nein zu «No Billag». Allerdings wird man mittelfristig eine andere Art von Medienunterstützung einführen müssen. Das jetzige Modell verliert mit der digitalen Revolution den gesellschaftlichen Rückhalt.»




Patrik Müller, Chefredaktor «Schweiz am Wochenende» und «az Nordwestschweiz»

«Eine gänzliche Abschaffung der Radio- und TV-Gebühren ist zu radikal und im Volk kaum mehrheitsfähig, zumal die SRG ein brillantes Lobbying betreibt. Besser und chancenreicher wäre eine Initiative für eine Gebührenhalbierung auf 200 Franken gewesen. Mit weniger Gebühreneinnahmen wäre die SRG gezwungen, sich auf ihren Kernauftrag zurückzubesinnen. Die SRG ist heute zu gross, während die privaten Medienhäuser wegen sinkender Werbeeinnahmen haben abbauen müssen. Das führt zu einem fragwürdigen Ungleichgewicht zwischen dem öffentlich-rechtlichen und den privaten Unternehmen.»




Kurt Zimmermann, Medienkolumnist «Weltwoche» und Chefredaktor «Schweizer Journalist»

«Ich bemerke bei mir einen seltsamen Wandel: Bisher war ich für ein Nein, nun spiele ich zunehmend mit dem Gedanken an ein Ja – denn ich habe einen schwefligen Geruch in der Nase. Diese No-Billag-Debatte erinnert mich stark an vergangene Armee-Abstimmungen. Hinter die SRG, wie früher beim Militär, stellt sich nun eine ganze Front von Lobbys, die ein nationales Interesse vorgeben, in Wirklichkeit aber eher an die eigene Tasche denken. Viele dieser SRG-Lobbyisten sind Subventionenjäger, Privilegienjäger, Pöstchenjäger. Sie prophezeien eine eidgenössische Verelendung, müsste sich die SRG, so wie die Swisscom, ohne Staatsgelder finanzieren. Die SRG wird rund um «No Billag» immer stärker zum nationalistischen Projekt hochgestemmt. Die Schweizer aber haben einen gesunden Reflex gegen ideologisches Strammstehen im sogenannten nationalen Interesse. Das hat die Armee erlebt, das wird die SRG erleben. Ich glaube darum, die No-Billag-Initiative wird bemerkenswert gut abschneiden. Ich tippe auf 47 Prozent Ja.»




Christian Dorer, Chefredaktor «Blick»

 «Ich bin klar gegen die No-Billag-Initiative, weil die SRG bei einem Ja nicht überlebensfähig wäre. Ein starker Service public ist für das Land wichtig. Die SRG leistet gute Arbeit und produziert hervorragende Sendungen, die es ohne Gebühren nicht gäbe. Allerings ist einiges aus dem Ruder gelaufen, und die SRG ist zu gross geworden. Sie sollte die Initiative zum Anlass nehmen, den Service public auf seinen Ursprung zurückzuführen: Mit staatlich verordneten Gebühren soll ein Programm produziert werden, das ein Gewinn ist fürs Land und sich nicht in der freien Wirtschaft finanzieren lässt. In normalen Zeiten hätte «No Billag» keine Chance – jedoch leben wir in Zeiten, in denen ständig das Unmögliche passiert. Die 50,08 Prozent Ja zum wenig bestrittenen Radio- und Fernsehgesetz (RTVG) 2015 waren ein Schuss vor den Bug. Man muss die Initiative ernst nehmen!»



Die ganze Umfrage mit weiteren Statements von Medienexperten lesen Sie in der aktuellen «persönlich»-Ausgabe.