20.12.2006

Beobachter

Springer-Übernahme verunsichert

Balz Hosang sieht keinen Grund zur Sorge.

Als die Basler Mediengruppe im Jahr 2002 den Jean Frey-Verlag an eine unbekannte Investorengruppe aus dem bürgerlichen Lager verkaufte, war der Unmut auf der Redaktion des Beobachters gross. So gross, dass sich die Beobachter-Mitarbeiter aus Furcht vor Verlust der journalistischen Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit dem Ringier Verlag anschliessen wollten. Nachdem die Verhandlungen gescheitert waren, zog der damalige Chefredaktor Ivo Bachmann die Konsequenzen und verliess das Blatt. Die Befürchtungen der Redaktion erwiesen sich in den kommenden Jahren als unbegründet.

Nun wurde der Jean Frey-Verlag wieder verkauft -- diesmal jedoch an das grösste europäische Pressehaus. Und bereits sind neuerliche Warnrufe zu vernehmen, die um den Erhalt der Medienwächterfunktion des Beobachters bangen. "Nun brauchts Zivilcourage" schreibt der frühere Chefredaktor des Beobachters Josef Rennhard in der Aargauer Zeitung. Vor allem die Redaktion habe in diesen Tagen der Verunsicherung zu kämpfen und zu wachen. "Meine Kollgegen […] sind gefordert wie nie zuvor", konstatiert Rennhard.

Anlass zu Unruhe sieht Balz Hosang, amtierender Chefredaktor des Beobachters, indessen nicht. Er ist gestern erstmals mit den neuen Besitzern und Ralph Büchi zusammengesessen. Sein Eindruck vom Springer Verlag ist ein positiver: "Ich verspüre bei den neuen Besitzern der Jean Frey einen grossen Respekt vor dem, was der Beobachter bis jetzt geleistet hat. Man weiss, dass der Beobachter von seiner Glaubwürdigkeit lebt." Hosang kam zum Beobachter, nachdem die Investorengruppe um den Tessiner Financier Tito Tettamanti die Jean Frey gekauft hatte. Er übernahm eine Redaktion, die sich fast in Auflösung befand, und in der Leserschaft herrschte eine grosse Verunsicherung.

Hosang stieg beim Beobachter ein in der Überzeugung, dass die Investoren die Finger von der publizistischen Unabhängigkeit des Beobachters lassen würden. "Ich wusste, dass Filippo Leutenegger die journalistischen Freiräume verteidigen wird", sagt Hosang heute. Es sei seine wohl beste Erfahrung der vergangenen viereinhalb Jahren beim Jean Frey Verlag gewesen, dass es keine Eingriffversuche gab. Nun hat Hosang bei den neuen Besitzern wieder die gleichen Bekenntnisse eingeholt wie damals bei Leutenegger. Dabei hat er sich überzeugen lassen, dass die Leserschaft des Beobachters keine Angst haben muss, wie er sagt: "Der Springer Verlag trennt Kommerz und Inhalt sehr scharf."



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