SRF berichtete erst am Freitag darüber

Fall Jürg Jegge - «Qualitätsjournalismus ist nicht das Resultat von Reflexen, sondern von Reflexion», sagte SRF-Radiochefin Lis Borner am Sonntagabend im «Echo der Zeit». Angeschuldigte hätten das Recht, angehört zu werden.

von Edith Hollenstein

Im Fall Jürg Jegge zeigte sich das Schweizer Radio und Fernsehen SRF zurückhaltend. Erst am Freitagnachmittag hatte der öffentlich-rechtliche Sender in den Informationssendungen erstmals über das Buch berichtet, obwohl dieses bereits am Dienstag vom Verlag vorgestellt wurde und es im Anschluss von mehreren Medien thematisiert wurde. Diese Zurückhaltung wurde von Privaten kritisiert.

Nun hat sich am Sonntagabend die Chefredaktorin des Schweizer Radios zu Wort gemeldet. In der Nachrichtensendung «Echo der Zeit» erklärte sie detailiert, warum SRF das Thema in den Informationssendungen erst am Freitag aufgegriffen hatte:

Qualitätsjournalismus sei nicht das Resultat von Reflexen, sondern von Reflexion, sagte Borner. Medienschaffende hätten eine grosse Verantwortung und dürften andere nicht einfach so vorverurteilen. 

Sie verwies auf die Publizistischen Leitlinen, welche unter anderem Zwei-Quellen-Regel und das Recht auf Stellungnahme für Angeschuldigte vorsehen. SRF habe daher das Thema in den Informationssendungen erst aufgenommen, als man alle Stellungnahmen eingeholt hatte – auch die des angeschuldigten Jürg Jegge. Dies ist jedoch erst am Freitagnachmittag der Fall gewesen (persoenlich.com berichtete).

Letzten Dienstag trat Markus Zangger an die Öffentlichkeit und klagte an: Sein Lehrer Jürg Jegge habe ihn in seiner Jugend mehr als zehn Jahre sexuell genötigt. Verschiedene Medien versuchten in der Folge, von Jegge eine Stellungnahme einzuholen. Er liess jedoch ausrichten, dass er zuerst das Buch lesen müsse. (eh)