Staat soll private Medien retten

Medienförderung - Der Staat soll den Medien finanziell mehr unter die Arme greifen. Zudem sei auch ein Werbeverbot für die SRG zu diskutieren. Das empfiehlt eine Studie der Stiftung für Technologiefolgen-Abschätzung (TA-Swiss). Die Aktion Medienfreiheit beurteilt die Forderung als «befremdend» und kritisiert die Studie scharf.

Angesichts des Medienwandels soll der Staat den Medien finanziell mehr unter die Arme greifen. Das empfiehlt die Stiftung für Technologiefolgen-Abschätzung (TA-Swiss). Kein Tabu sieht sie in einem Werbeverbot für die SRG.

Unabhängige Medien leisteten einen wichtigen Beitrag zur Meinungsbildung und seien für eine Demokratie unerlässlich, heisst es in der am Montag präsentierten Studie im Auftrag von TA-Swiss. So wichtig Journalismus für die Demokratie sei - so sehr gerieten Medienhäuser zusehends in finanzielle Schwierigkeiten.

Die Studienautoren bezweifeln, dass die Unternehmen künftig in der Lage sind, genügend Ressourcen für unabhängigen Journalismus bereitzustellen. Um diese Voraussetzung zu sichern, brauche es ein «Infrastrukturprogramm für Journalismus», sagte Forscher Manuel Puppis von der Universität Freiburg vor den Medien in Bern. «Untätiges Zuwarten dürfte zu weiteren Sparmassnahmen und Konzentrationsprozessen führen», schreiben die Autoren.

Medien seien aber mehr als ein Wirtschaftsgut. Entsprechend müsse sich auch Medienpolitik nicht allein ökonomisch begründen lassen. Ziel sollte es sein, ein Mediensystem zu erhalten, das der Schweizer Demokratie gerecht werde.

Direkte Förderung

Die Studie schlägt eine Änderung des heutigen Fördersystems vor: Anstatt auf die ineffiziente indirekte Presseförderung zu setzen, müssten private Zeitungen, Onlinemedien sowie Radio- und Fernsehsender direkt vom Staat unterstützt werden. Als Vorbild sieht die Studie Förderinstrumente wie in skandinavischen Ländern, die staatsfern und ohne Einfluss auf redaktionelle Entscheidungen funktionieren. Daneben sollen auch Unternehmen mit alternativen Eigentumsmodellen indirekt vom Staat unterstützt werden.

In Frage kämen etwa Steuererleichterungen oder steuerbefreite Spenden. Die Studienautoren denken dabei an Start-ups oder Firmen, bei denen Stiftungen oder Angestellte Miteigentümer sind.

SRG-Werbeverbot vertretbar

Im Falle der Service-public-Medien soll die SRG weiterhin über Gebührengelder finanziert werden. Um die Jungen zu erreichen, müsse die SRG online ohne Beschränkungen ein Video- und Audio-Angebot aufbauen dürfen, fordern die Autoren.

Sofern die politischen Vorstösse und Initiativen zur Abschaffung oder Halbierung der Radio- und Fernsehgebühren scheitern, wäre stattdessen auch ein Verzicht auf Werbung und Sponsoring vertretbar - zumal dies auch der nicht kommerziellen Grundidee des Service public entspreche.

Investitionen ausgeklammert

Beat Lauber, Präsidiumsmitglied des VSM kommentierte die Studie im Namen des Verlegerverbandes. Die Ergebnisse machten deutlich, mit welchen Herausforderungen die Medienunternehmen zu kämpfen hätten, sagt er vor den Medien in Bern. Die Studie unterstelle den Medien allerdings, aufgrund des Strukturwandels bei den Geschäftsmodellen, die journalistische Leistung reduziert zu haben. Jegliche Investitionen, welche in den letzten Jahren getätigt wurden, würden ausgeklammert.

Klar ist für Lauber, dass die Politik Massnahmen vorsehen muss, um Medienleistungen zu sichern. Problematisch ist seiner Ansicht nach die Förderung von Neugründungen, wie es in der Studie erwähnt wird. Lokal gewachsene Strukturen seien für die Gemeinschaft wichtiger als staatlich oder privat geförderte Experimente.

Nina Scheu von Syndicom erklärt, dass die Gewerkschaft die Studie von TA-Swiss schätze und lobt vor allem, dass sich die Ergebnisse direkt an die Politik wenden. Bei der direkten Medienförderung seien allerdings klare Regeln gefordert, fügt sie an. Für sie als Gewerkschaft sei klar, dass nur Medienunternehmen Unterstützung erhalten sollen, die sich an den Gesamtarbeitsvertrag halten.

Bundesrat will keine direkte Förderung

Eine gezielte Medienförderung empfiehlt auch die vom Bundesrat eingesetzte Medienkommission (EMEK). Allerdings will sie Fördermassnahmen möglichst ohne Einfluss des Staates. Sie schlägt deshalb eine staatsunabhängige Stiftung vor, die den Strukturwandel begleiten soll.

Davon hält der Bundesrat wenig. Die Medienbranche müsse den Strukturwandel selber bewältigen, befand er in einem Bericht von Ende 2014 zuhanden des Parlaments. Um die Folgen abzufedern, hat die Landesregierung aber eine Reihe von Massnahmen vorgeschlagen. So könnte der Basisdienst der Nachrichtenagentur sda in französischer und italienischer Sprache oder die Aus- und Weiterbildung unterstützt werden.

Festhalten will der Bundesrat an der indirekten Presseförderung. Zwar sei die Wirkung dieser Massnahme umstritten, im medienpolitischen Interesse würde sich aber eine vorläufige Beibehaltung der Zustellermässigung rechtfertigen.

Dialog mit Mediennutzern

Einig ist die Studie mit dem Bundesrat darin, dass auch die Branche gefordert ist. Laut den Autoren müssten die Medienhäuser transparent und redaktionell unabhängig sein. Ein ethischer Kodex soll garantieren, dass publizistische und kommerzielle Interessen nicht vermischt werden. Dazu zähle etwa, in der Berichterstattung die Eigentumsverhältnisse zu erwähnen oder die Nutzer von Websites zu informieren, was mit ihren Daten geschehe.

Daneben empfiehlt die Studie den Medien, öfters in den Dialog mit dem Publikum zu treten. Neuere Formen des Journalismus würden eine stärkere Interaktion über Social Media und Kommentarfunktionen erlauben. Medien griffen zwar Themen, die den Menschen unter den Nägel brennen, durchaus auf. Was fehle sei die Einordnung von komplexen gesellschaftlichen Sachverhalten, kritisieren die Autoren.

«Positionspapier des Bundes»

Für die Aktion Medienfreiheit sind solche Forderungen im Zeitalter des Internets «befremdend», wie es in einer Medienmitteilung vom Montag heisst. Das Internet müsse zwingend privaten, unabhängigen Anbietern überlassen werden. Statt den Gebührentopf weiter zu belasten, seien die Gebühren zu senken.

Dass das Bundesamt für Kommunikation solche Studien mit Steuergeldern mitfinanziert, ist ein Skandal. Damit verkomme die Studie zu einem «Positionspapier des Bundes».

Bund beteiligt an Studie

Erarbeitet wurde die Studie «Medien und Meinungsmacht» von einer Projektgruppe von Forschern der Universitäten Freiburg, Lausanne und Zürich. Das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) hat sich an der Finanzierung der Studie beteiligt. Die Stiftung TA-Swiss ist ein Kompetenzzentrum der Akademien der Wissenschaften Schweiz.

Das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) hat sich an der Finanzierung der Studie beteiligt. Die Stiftung TA-Swiss ist ein Kompetenzzentrum der Akademien der Wissenschaften Schweiz. (sda/eh/wid)