25.06.2020

Tamedia

Stellenstreichung im Korrektorat

Ab Juli werden auf der Tamedia-Redaktion weniger Texte korrigiert. Es kam zu zwei Kündigungen im Korrektorat und einem Abbau in der Bildverarbeitung. Zum Einsatz kommen Rechtschreibprogramme, zudem wird von Journalisten Fehlerfreiheit verlangt.
Tamedia: Stellenstreichung im Korrektorat
Wird man wohl künftig über mehr Rechtschreibefehler stolpern: Auch der Tages-Anzeiger ist von der Streichung im Korrektorat betroffen. (Bild: Tamedia)
von Loric Lehmann

Grund für die Streichungen im Korrektorat sei die Umstellung der Tamedia-Redaktionen auf Mobile First. Mit dieser neuen Strategie änderten sich die Produktionsabläufe so, dass in Zukunft alle Artikel nur noch einmal korrigiert werden, nämlich bei der digitalen Publikation. Dies sagt Nicole Bänninger, Kommunikationsverantwortliche Tamedia, auf Anfrage von persoenlich.com. Dadurch sinke das Arbeitsvolumen, was eben auch eine Reduktion des Korrektorat-Teams zur Folge habe.

Zwei Leute entlassen, drei frühpensioniert

Bei der Bildverarbeitung sei das Arbeitsvolumen insbesondere durch den Wegfall der beiden Zeitschriften Annabelle und 20 Minuten Friday stark geschrumpft, wie Bänninger weiter sagt. Aus den bereits erwähnten Gründen des Strategiewechsels mussten im Korrektorat zwei Kündigungen ausgesprochen werden, in der Bildverarbeitung waren drei Personen von einer Frühpensionierung betroffen.

Bei Tamedia versuche man stets, personelle Anpassungen über Fluktuation, interne Wechsel oder andere Möglichkeiten zu vollziehen. «Wir bedauern, dass dies nicht immer möglich ist. Die betroffenen Mitarbeitenden haben einen freiwilligen Sozialplan erhalten, zudem haben wir ihnen Unterstützung bei der Neuorientierung angeboten», so Bänninger.

Tamedia setzt auf Rechtschreibprogramme

Auf Twitter gaben insbesondere die neuen Richtlinien zu reden, dass «Print-only»-Artikel, Blog-Texte oder Leserbriefe gar nicht mehr korrigiert werden sollen.


Auf die Frage, wie man vermeiden wolle, dass es vermehrt zu Schreibfehlern in den Titeln kommt, heisst es bei Tamedia, Print-Only-Artikel gebe es im neuen Workflow kaum mehr. Ausnahmen seien Frontseiten, die ja weiterhin korrigiert werden, oder Leserbrief- und Glückwunschseiten. Ausserdem verweist man auf die Printrevision.

Darüber hinaus sei im Hinblick auf die Umstellung auf Mobile First bei den Tamedia-Zeitungen eine Produktionsredaktion geschaffen worden, die sich gezielt um die Zeitungsproduktion kümmere. Zur Qualitätssicherung integriere man auch einzelne Korrektorinnen und Korrektoren in diese Produktionsredaktion. Überdies würden die Redaktorinnen und Redaktoren bereits beim Schreiben ihrer Texte auf die Orthografie achten und man setze Rechtschreibprogramme ein.

Fehlerfreiheit gehört zur Basis des journalistischen Handwerks

Doch wie rechtfertigt Tamedia gegenüber zahlenden Leserinnen und Lesern Schreibfehler in den Qualitätstiteln? Bänninger sagt, bis auf wenige Ausnahmen wie etwa Leserbrief- und Glückwunschseiten oder die Agenda werde auch im Print weiterhin kein Artikel erscheinen, «der nicht das Korrektorat durchlaufen hat». Darüber hinaus gehöre Fehlerfreiheit wie korrekte Fakten zur Basis des journalistischen Handwerks. «Unsere Redaktorinnen und Redaktoren verfassen ihre Texte mit der grösstmöglichen Sorgfalt. Unsere Berichterstattung wird von Menschen verfasst und von Menschen korrigiert – und selbst Rechtschreibprogramme sind nicht immer hundertprozentig exakt», sagt Bänninger.

Organisation und Kosten werden überprüft

Im Zuge der Coronakrise wird wohl der nächste grössere Stellenabbau in nicht allzuweiter Ferne sein – könnte man meinen. Dazu Bänninger: «Aufgrund der anhaltenden negativen Marktentwicklung, die sich durch die Coronakrise weiter verschärft hat, sind wir gefordert, unsere Organisation und Kosten laufend zu überprüfen und nach Optimierungspotentialen zu suchen. Denn wir wollen auch in Zukunft ein gesundes, profitables Geschäft mit unseren Medien und dem damit verbundenen Qualitätsjournalismus betreiben. So haben wir vor Kurzem unsere Verlags- und Nutzermarktorganisation neu aufgestellt, um damit den Bedürfnissen unserer Leserinnen und Leser noch besser gerecht zu werden. Darüber hinaus sind wir aktuell dabei, das Leistungsangebot der zentralen Dienste unseren Ansprüchen bei Tamedia entsprechend anzupassen. Beides sind Projekte, die bereits seit längerem und unabhängig von der Coronakrise geplant waren.»


 

Mitarbeit: Michèle Widmer



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Kommentare

  • Marlies Strech, 29.06.2020 14:57 Uhr
    Zum Thema Nicht-Korrektur weise ich auf einen 2-spaltigen Titel auf der Kehrseite vom 29.Juni hin: "Unbekannte erschiessen Mann/ bei Gedenken an getöteter Schwarzer" (Fortsetzung folgt)
  • Robert Holzer, 27.06.2020 17:51 Uhr
    "Fehlerfreiheit gehört zur Basis des journalistischen Handwerks" Sinnfreiheit im Falle von TA Media übrigens auch. Ändern wird sich, ausser den Dividenden und den Entschädigungen für die Teppichetage, wenig. Hinzu kommt, die Titel aus dem Hause TA sind für unsere Politisierenden links der Mitte systemrelevant. Dafür wird man neuerdings grosszügig vom Bund mit Seuermitteln entschädigt.
  • Marlies Strech, 27.06.2020 14:47 Uhr
    Zwischentitel im TA vom 26.Juni über Abtreibungen: "Jede zehnte Embyo wird abgetrieben." Schönes Beispiel für Nicht-Korrektur.
  • Victor Brunner, 26.06.2020 15:52 Uhr
    Heute im TA Artikel über Working Poor, Titel: 55 Stunden chrampfen für 3700 Franken Lohn. Ergibt einen Stundenlohn von Fr. 67.28. Die porträtierte Person wäre froh sie hätte die Hälfte! Und TA will im Korrektorat sparen. Soviel zu Qualitätsjournalismus!
  • Claude Bürki, 26.06.2020 14:50 Uhr
    Die Verluderung schreitet fort.
  • Jürg Sauber, 25.06.2020 15:59 Uhr
    Die täglichen Fehler im Tagi sind zum Schreien. Kopiert man die Artikel in ein ganz einfaches Korrekturprogramm, greift man sich an den Kopf. Warum werden beim Tagi solche Programme nicht genutzt? Eine Vielzahl der Fehler wäre damit zu verhindern. Nun soll es noch schlechter werden.... Bereits der neue Webauftritt hat die Nutzung am PC verschlechtert, einige Funktionen gehen noch immer nicht. Tschüss Abo, Tagi nein danke.
  • Anne-Catherine Eigner, 25.06.2020 13:20 Uhr
    Schon jetzt wimmelts im Tagi von Fehlern, und teils echt peinlichen. Und die Idee, JournalistInnen seien per se Orthografie-Könige, ist eher abenteuerlich, weiss ich aus eigener Anschauung. Die Mobile-First-Strategie hat den Tagi schon ein paar Abos gekostet, vielleicht werdens noch mehr.
  • Max Röthlisberger, 25.06.2020 11:17 Uhr
    Also mit den üblichen 5 - 10 Fehlern im Tag pro Medium kann ich leben, zum Teil tragen sie auch wesentlich zu meiner persönlichen Erheiterung bei. Ob ich aber 20 - 30 Fehler pro Medium pro Tag noch lustig finde, weiss ich jetzt noch nicht.
  • Rudolf Penzinger, 25.06.2020 10:33 Uhr
    Alles getreu der Familien-Maxime: Qualitätsjournalismus ist, wenn die Dividenden stimmen!
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