29.06.2022

Tamedia

Thomas Wyss verlässt den Tages-Anzeiger

Nach mehr als 25 Jahren verlässt der Redaktor die Zeitung, um Teamleiter in einer Buchhandlung in Zürich zu werden. Er wollte «etwas Neues» machen, «wenn möglich etwas mit mehr Grundruhe, weniger Hektik und Zeitdruck», so Wyss gegenüber persoenlich.com.
Tamedia: Thomas Wyss verlässt den Tages-Anzeiger
Hat über 25 Jahre beim Tages-Anzeiger gearbeitet: Thomas Wyss. (Bild: zVg)

Ein Urgestein des Tages-Anzeigers verlässt die Redaktion auf Ende Juli: Nach 25 Jahren bei der Zeitung wechselt Thomas Wyss die Branche und startet als Teamleiter in der Architektur-, Design-, Fotografie- und Kunst-Buchhandlung Never Stop Reading im Zürcher Niederdorf. Daneben wird er im Kunstbuch-Verlag Scheidegger & Spiess, der eng mit der Buchhandlung verbunden ist, als Lektor und Texter sowie im Bereich der Veranstaltungsplanung tätig sein.

Zu den Beweggründen für seinen Abgang sagt Thomas Wyss gegenüber persoenlich.com: «Mein wichtigster Beweggrund war tatsächlich die Lust, nochmals etwas Neues zu machen – und zwar wenn immer möglich etwas mit mehr Grundruhe, weniger Hektik und Zeitdruck.» Er sei nie ein «Turbotipper» gewesen: «Genauso wie ich den entspannten mediterranen Lebensstil mag, mag ich auch den entschleunigten mediterranen Schreibstil, das kontemplative Herumstudieren an der wirklich richtigen und möglichst ausgefeilten Formulierung.» Das sei in den letzten Jahren immer schwieriger geworden, denn «immer öfter wurde der Spass ein Opfer des Stresses.»

Das Angebot, etwas Neues zu machen, kam deshalb gerade richtig. «Eines Tages kam Thomas Kramer, den ich ja noch aus alten Tages-Anzeiger-Tagen kenne und auch immer wieder beim Fussball getroffen habe, mit einem echt tollen Angebot auf mich zu.»

Die Entscheidung, das Angebot anzunehmen und den Tagi nach mehr als 25 Jahren zu verlassen, ist Wyss dennoch nicht leichtgefallen: «Es brauchte dann gleichwohl noch einige Wochen bis zur Entscheidung, ich habe halt mein Herz wirklich an den Tagi verloren. Auch darum gehe ich nun im Guten und werde viele und vieles vermissen. Das ist schön.»

Zu der neuen Herausforderung sagt Wyss: «Dass ich nach der langen Zeit in der Medienbranche die Möglichkeit erhalte, eine solch tolle neue Aufgabe anzugehen, freut mich enorm. Oder pathetischer gesagt: Ein kleiner Schritt für die Menschheit, ein gigantischer Freudensprung für mich.»

Für Wyss ist es auch eine Rückkehr zu den Wurzeln: Während des Studiums und in einer späteren Phase als Freelance-Journalist hat er insgesamt mehrere Jahre in der Buchhandlung Orell Füssli in Zürich gearbeitet, unter anderem in der Belletristik- und Kunstabteilung. 

Thomas Kramer, Verleger von Scheidegger & Spiess und Mitinhaber der Buchhandlung Never Stop Reading, kommentiert den Wechsel wie folgt: «Thomas Wyss ist mit seinem breiten Netzwerk die Idealbesetzung für den Neustart der Buchhandlung, die nach den Coronajahren das Sortiment wie auch die Veranstaltungsschiene neu vitalisieren will.»

Thomas Wyss hat beim Tages-Anzeiger vor mehr als 30 Jahren als nächtlicher Zeitungsverkäufer begonnen. Später war er Sekretär der Sportredaktion, freier Schreiber und Kolumnist der «Bellevue»-Seite, danach Redaktor in den Ressorts Kultur & Gesellschaft und Zürich. Im «Blauen Bund» hat er übers Stadtleben berichtet, mit Vorliebe in ungewöhnlicher Form oder mit Langzeitprojekten, etwa der zwölf Jahre dauernden Beizentour «Wir trinken Zürich» mit den Kollegen Philippe Amrein, Marcel Reuss und Caspar Schärer. Mit «Sammelsurium Schweiz» und «Das um ein Haar geköpfte Matterhorn» hat Wyss auch zwei Bücher geschrieben. Bei «Grösser als Zürich. Ein Psychogramm des Zürcher Stadtquartiers Aussersihl» wirkte er als Co-Herausgeber mit. 

Ganz hinter sich lässt Wyss das Schreiben allerdings nicht: Mit seinem Label Storybüro wird er auch künftig gewisse journalistische Arbeiten und verwandte Projekte ausführen, wie er schreibt. (pd/wid/mj)



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Kommentare

  • Beat Hirt, 12.07.2022 08:23 Uhr
    Ein stiller Grosser geht. Er wird dem Tagi fehlen. Ich gratuliere ihm zum Mut sich nochmals neu auzurichten.
  • Andi Neukomm, 30.06.2022 07:26 Uhr
    Wer finanziert ihm jetzt die Beizentour? Das war die unnötigste Kolumne im Tagi - und trotzdem besser als jeder Mama-Blog! Alles Gute, Thomas!
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