Trump lässt Schweizer Medien links liegen

WEF Davos - Der Blick hat auf der Titelseite den US-Präsidenten um ein Interview gebeten. Erfolglos. Donald Trump sprach nur mit Fox und CNBC. Trotzdem wertet Christian Dorer, Chefredaktor der Blick-Gruppe, die Aktion als «geniale Idee».

von Christian Beck

Am Dienstag bat der Blick auf der Frontseite US-Präsident Donald Trump um ein Interview. «Remember?», stand in grossen Lettern auf der Titelseite. Angespielt wurde auf die Aktion von 2018. Damals wollte der Blick von Trump ein Autogramm. Tatsächlich signierte er vor zwei Jahren die Zeitung (persoenlich.com berichtete). Doch diesmal wollte der Blick mehr:


Christian Dorer, Chefredaktor der Blick-Gruppe, konnte am diesjährigen Weltwirtschaftsforum in Davos seine Fragen jedoch nicht stellen. Das erhoffte Interview mit Trump kam nicht zustande. «Wir wollten von US-Botschafter Edward McMullen wissen, warum. Seine Antwort: ‹Ich habe ihm Schweizer Medien vorgeschlagen für ein Interview, darunter den Blick. Leider hat sich sein Team entschieden, nur mit Fox und CNBC zu sprechen.› Und er sagte auch: ‹Ich habe ihm Schweizer Zeitungen mit auf die Rückreise gegeben – auch den Blick. Er erinnerte sich daran, dass er ihn vor zwei Jahren unterschrieben hat.› Vielleicht hilft das beim nächsten Mal», so Dorer auf Anfrage von persoenlich.com.

Trotzdem wertet Dorer die Aktion als Erfolg. «Es war insofern erfolgreich, als dass – wie bereits beim ersten Trump-Besuch – alle über den Blick gesprochen haben. Print-Chefredaktor Andreas Dietrich hat sich Wochen vorher den Kopf darüber zerbrochen, was Blick machen könnte – und hatte schliesslich diese geniale Idee.» Nur wer es versuche und daran glaube, könne manchmal ungeahnte Erfolge feiern. «Neun eigentlich unmögliche Interviews kommen nicht zustande – aber das zehnte gelingt. Deshalb werden wir es auch beim nächsten Trump-Besuch auf alle erdenklichen Arten wieder versuchen», so Dorer.

80 Fragen vorbereitet

Dorer wäre vorbereitet gewesen und hätte je nach zur Verfügung stehender Zeit mehr oder weniger Fragen gestellt. «Wir haben bei Trumps letztem Besuch 80 Fragen formuliert, die wir ihm gerne stellen würden. Viele davon sind noch immer aktuell. Spontan hätte ich ihn gefragt: ‹Mr. President, was halten Sie vom flammenden Klima-Appel der Schweizer Bundespräsidentin?› Doch Dorer kam Trump in diesem Jahr weniger nah als noch 2018. «Ich sass während seiner Rede in der fünftvordersten Reihe und konnte den ersten zwei Minuten des Treffens mit dem Bundesrat beiwohnen.»

Das WEF 2020 ging am Freitagmittag zu Ende. Dorer nimmt vor allem eine Erkenntnis vom Gipfeltreffen mit: «Die beiden meistbeachteten Teilnehmer, Donald Trump und Greta Thunberg, haben etwas gemeinsam – sie haben den ‹Geist von Davos› nicht verstanden: dass es darum geht, aufeinander zuzugehen.»