Roman Kilchsperger war Teil Ihres Brands. Wieviele seiner Fans werden nun bei NRJ Zürich eine neue Radio-Heimat finden?
Nicht viele, glaube ich. Man hört einen Sender nicht in erster Linie wegen eines Moderators, sondern weil man sich über verschiedene Tageszeiten hinweg wohl fühlt. Wir hätten gerne gehabt, dass Kilchsperger weitermacht. Jetzt haben wir mit David Karasek eben jemand Neues und sehen steigende Marktanteile.
Warum verliess Kilchsperger Radio 24? Am frühen Aufstehen kann es ja nicht gelegen haben, wenn er jetzt wieder eine Morgenshow moderiert. Gab es Streit?
Nein, er wollte einfach nicht mehr. Zudem missfiel ihm die enge Formatierung -- allerdings ist NRJ noch strenger formatiert, und mit Ausschlafen wird jetzt ja auch nichts. Aber von der "MusicStar"-Moderation allein kann er wohl kaum leben. Als Roman nach zwölf Jahren Radio 24 die neue Herausforderung bei "Sporttalk" auf Sat.1 Schweiz annehmen wollte, bedauerten wir das zwar. Böse sind wir ihm aber nicht, jeder muss selber wissen, was er tut.
Sind Sie vom Namens- und Konzeptwechsel an der Kreuzstrasse überrascht?
Nein, überhaupt nicht. Meine persönliche Prognose war das Datum des Schulbeginns am 18. August. Schliesslich haben wir im Markt gute Kontakte und beobachten Hitradio Z und die ganzen NRJ-Sender in Europa seit dem Verkauf an die Energy-Gruppe natürlich genau.
NRJ Zürich verspricht insbesondere in zwei klassischen 24-Domänen Konkurrenz: einerseits mit Eigenrecherchen bei den News, andererseits mit einem betonten Zürich-Bezug. Wie reagieren Sie?
Die Ankündigung von hintergründigen Eigenrecherchen und Primeurs, wie es sie bei uns gibt, halte ich für einen Marketing-Gag. Dazu hat Hitradio Z weder das Personal noch das Know-How. Der notwendige Zukauf aber wäre teuer, was wiederum nicht der Energy-Gruppe entspricht. Deren Konzept ist ja bereits aus anderen europäischen Ländern bekannt: tiefe Kosten, hohe Rendite. Eine Abkehr von dieser Doktrin würde mich überraschen. Es wird vermutlich also eine saubere News-Abdeckung geben, wie in den Konzessionsauflagen gefordert.
Und zur lokalen Verankerung: Jeder Sender in unserer Stadt macht einen Bezug zu Zürich. NRJ Zürich ist da einfach einer von verschiedenen Mitbewerbern auf dem Platz. Wobei man sehen muss, dass die Konzepte von 24 und Z in zwanzig Jahren noch nie so weit auseinanderlagen, wie es jetzt der Fall sein wird und das fördert die Radio-Vielfalt.
NRJ Zürich verjüngt sein Zielpublikum. Zudem soll ein neues Radio die ganz Jungen abholen. Daneben möchten radio50plus und dereinst vielleicht gar Roger Schawinski Erwachsene ab 35 bedienen. Was heisst das für Radio 24?
Vorab: Das Radio für Leute über 35 ist kein Thema, weil es gar keine Frequenzen gibt. Radio 24 deckt die Gruppe 30 Plus im übrigen bereits ab, auch wenn gewisse Exponenten immer wieder das Gegenteil behaupten. Mit NRJ, das die 15- bis 34-Jährigen erreichen will, gibt es natürlich Überschneidungen. Allerdings ist unser Programm breiter und mehrheitsfähiger, was uns auch zum Marktleader macht. Diese Absicht, in erster Linie Nummer eins zu sein, hat NRJ ja gar nicht -- was dort zählt, ist, wie gesagt, die Rendite. Wir hingegen haben von Tamedia zusätzlich den Auftrag, als echter Zürcher Sender mit Zürcher Besitzer publizistisch Qualität für unsere Region zu bieten.
Hitradio Z hat die Schlacht der Superlative für beendet erklärt. Wird Radio 24 seine Jingles und Claims künftig ebenfalls moderater gestalten?
Diese Frage verstehe ich nicht ganz. Superlative gibt es bei uns seit bald einem Jahr nur noch einen: "Der beste Mix." Und dazu stehen wir! Natürlich sagt ein Moderator mal "Ihr hört jetzt Euren Lieblingssender", aber das ist normal.
Stichwort Formatierung: Wie sieht bei Radio 24 diesbezüglich die Zukunft aus?
Die Musik bleibt formatiert, die Moderatoren können also weiterhin nicht einfach spielen, was sie wollen. Das tun heute aber sowieso auch fast alle Stationen. Das Ganze ist sehr ausgeklügelt, damit wir den besten Mix hinkriegen. Die Basis bildet unsere Research, deren Ergebnisse in unsere Musikdatenbank fliessen.
Welche Änderungen kann man bei Radio 24 denn erwarten?
Für uns gibt es keine Veränderungen, wir haben ein funktionierendes Konzept mir einer breiten Ausrichtung: die Musik, Informationen und Unterhaltung, welche der Mainstream wünscht. Damit haben wir unsere Zahlen im ersten Semester halten und in der Zielgruppe sogar leicht steigern können, währenddem alle anderen Privatsender verloren haben. Natürlich beobachten wird den neuen Mitbewerber und analysieren sein Programm. Wir halten deswegen aber nicht pausenlos Sitzungen ab.
Privatradios haben gegenüber den SRG-Sendern gemäss neusten Zahlen wiederum verloren. Woran liegt das?
Der Hauptgrund liegt bei DRS 3, das Ende der neunziger Jahre die Konzepte der Privaten zu übernehmen begann. Die schwache Konjunktur zwang zudem viele private Anbieter, ihr Programm noch mehrheitsfähiger zu gestalten. Die Presse reagierte darauf negativ, und das Image der ganzen Branche litt -- jenes der Privatradios insbesondere. Auch wir haben Fehler gemacht und daraus gelernt.
Trotzdem: Die negativen Berichte waren meiner Meinung nach teilweise unberechtigt. Die Privaten sind zweifellos professioneller geworden, und sie werden die Professionalisierung auch noch weiter vorantreiben müssen -- auch wenn das bei der gegenwärtigen Wirtschaftslage nicht einfach ist. Da wartet noch ein ganzes Stück Arbeit auf die Branche! Aber die Privatradios werden schon bald wieder deutlich Hörer gewinnen. DRS 3 als Hauptkonkurrent der Privatradios wird sich nach meiner Einschätzung fortan wieder mehr auf seine Hauptaufgabe konzentrieren und dadurch vielleicht auch Hörer verlieren -- um, nach eigenen Aussagen, allerdings mehr Qualität zu bieten. Wir wiederum müssen aus ökonomischen Gründen machen, was der Mehrheit gefällt. Doch es stimmt mich nachdenklich, dass in der Schweiz immer alles negativ beurteilt wird, was einer breiten Bevölkerung auch wirklich gefällt.
Zur Tamedia gehört neben Radio 24 seit gut einem Jahr auch Radio Basilisk. Wie haben sich die erhofften Synergiepotentiale konkretisiert?
Wir arbeiten im redaktionellen Bereich zusammen: So übernahmen wir beim Prozess gegen Guido A. Zäch Beiträge aus Basel, und auch zu Roger Federer haben wir von Basilisk Töne bekommen. Da wir personell die grössere Redaktion haben, übernehmen wir generell bei grossen Ereignissen den Lead und bieten unsere Features dann an. Kooperationen mit den Baslern bestehen zudem bei der Musik, der Technik und teilweise auch bei der Research. Das sind wesentliche Budgetposten, über deren Grössenordnung ich allerdings nichts sagen möchte.
Welche weiteren Beteiligungen sind nach der Expansion in die Nordwestschweiz geplant?
Das müssen Sie Tamedia-CEO Martin Kall fragen, denn entscheiden muss die Unternehmensleitung. Mein Job ist es, in Zürich mit unserem Team den Nummer-Eins-Sender zu machen. Selbstverständlich habe ich meine Vorstellungen, doch sind die nicht zur Veröffentlichung bestimmt.