«Wir stehen bei keiner Obrigkeit in der Pflicht»

Obersee Nachrichten - Die «Obersee Nachrichten» wurden von der KESB angezeigt. Verleger Bruno Hug äussert sich zu den Hintergründen.

von Matthias Ackeret

Herr Hug, die KESB hat Sie wegen Ihrer Berichterstattung in den «Obersee Nachrichten» eingeklagt. Überrascht Sie das?
Nein, der Entscheid des Stadtrates ist mir schon seit Wochen bekannt. Die Stadt hatte ja nur noch zwei Möglichkeiten: Entweder gegen unsere Zeitung anzutreten oder den KESB-Leiter Dr. Walter Grob zu entlassen.

Hätte diese Klage nicht vermieden werden können?
Das müssen sie den Stadtrat und seinen Präsidenten, Erich Zoller, fragen. Ich denke aber, der Stadtrat hat für sich keine kluge Wahl getroffen.

Wie reagieren Sie darauf?
In den nächsten «Obersee Nachrichten», also am kommenden Donnerstag, nehmen wir ausführlich Stellung dazu – und publizieren das dann übrigens auch auf der Facebook-Seite der «Obersee Nachrichten». Fest steht: Die eine Hälfte der 80'000 wöchentlichen ON-Leser stammt aus dem st. gallischen Linthgebiet, die andere Hälfte aus der Ausserschwyz. Unsere Redaktion erhält jedoch permanent Hilferufe von Menschen aus dem Linth-Gebiet, also von der KESB Linth – praktisch aber nie aus der Ausserschwyz. Also ist vieles faul bei der KESB Linth. Die «Obersee Nachrichten» werden somit weiter über Missstände, die von dieser Behörde ausgehen, berichten.

Wie sind die Reaktionen Ihrer Leser?
Wir erhalten seit Monaten haufenweise Leserreaktionen. Die Leser sind verstört und empört, dass die Zustände auf der KESB weitergehen.

Warum haben Sie sich derart auf die KESB eingeschossen?
Wir haben vor eineinhalb Jahren über den Schmerkner Jungen Marco H. zu berichtet, der wegen schulischer Probleme von der KESB Linth auf das Jugendschiff gesperrt wurde. Die Geschichte fand dann Niederschlag in der ganzen Schweiz. Seither verfolgen wir diesen Fall mit vielen Berichten. Vor gut einer Woche kam der heute 16-Jährige nach knapp zwei Jahren zurück und wurde von der KESB direkt ins nächste Heim gesperrt. Derweil der KESB-Präsident, der das Urteil über ihn gefällt hat, den Jungen bis zu seinem Beschluss am 15. Februar noch kein einziges Mal gesehen hat.  Seit bei der Leserschaft bekannt ist, dass unsere Zeitung eine kritische Haltung gegenüber der KESB hat, bekommen wir, vor allem, aus dem Gebiet der KESB Linth, aber auch aus der ganzen Schweiz, immer wieder Klagen von KESB-Opfern. Über jene aus unserer Region berichten wir meistens. So deckten wir beispielsweise auch auf, dass die Schriftstellerin Zoe Jenny wegen der KESB die Schweiz verlassen hat – und wir werden bald einmal auch darüber berichten, wie der «Fall Flaach» weiter geht. Dieser Fall ist, das sei hier nebenbei erwähnt, ist mit den saloppen Aussagen der Zürcher Justizdirektorin Jacqueline Fehr – bedauerlicherweise – noch nicht abgeschlossen. Der KESB kann die Nützlichkeit an sich nicht abgesprochen werden, aber ihre Macht ist zu unkontrolliert und zu gross.

Wie wollen Sie wissen, dass die KESB unkontrolliert ist?
Ein Beispiel: Der Stadtrat hat in seiner Klage-Mitteilung gegenüber den «Obersee Nachrichten» berichtet, die st. gallische Aufsichtsbehörde habe die KESB Linth geprüft und befunden, alle Dossiers seien in Ordnung und die Funktionalität der KESB sei erwiesen. Was aber steckt hinter der Prüfung? Die KESB Linth bearbeitet rund 420 Fälle, allein vier gravierende Fälle, die von unserer Zeitung aufgedeckt wurden, mussten speziell geprüft werden. Nur schon der Fall Marco H. auf dem Jugendschiff füllt mehrere Ordner. Die Prüfung dieser immensen Organisation dauerte gemäss Auskunft des Kantons mit zwei Prüfern genau 1 Tag. Damit ist über die Kontrolle über diese Behörde alles gesagt.

Ist es für eine Regionalzeitung nicht schwierig mit den Behörden im Krieg zu stehen?
Die «Obersee Nachrichten» sind eine Gratiszeitung mit einer Auflage von rund 70'000 Exemplaren. Wir sind weder von Abonnements noch von behördlichen Inseraten abhängig. Wir stehen bei keiner Ideologie und bei keiner Obrigkeit in der Pflicht. Das einzige, was uns antreibt, ist die Suche nach Wahrheit und Transparenz. Und das publizieren wir.

Wie geht es weiter?
Unser Verlag wird weiterhin offen über alle Missstände, aber auch über Gutes und Unterhaltendes berichten. Wir fühlen uns unseren Leserinnen und Lesern verpflichtet.

Bild: zVg