Henry Ford ist back

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1914 installierte Henry Ford das Fliessband. Für seine Firma ein kleiner, für die Menschheit ein grosser Schritt. Seither arbeitet man produktiver, aber auch monotoner. Mit beinahe 100-jähriger Verspätung zollt Ringier dem amerikanischen Autopionier nun Tribut: im Frühjahr startet der grösste Schweizer Verlag mit einem eigenen, millionenteuren Newsroom. Schon bald sitzen die Redaktoren der Blickfamilie in einem überdimensionierten Raum, das Ziel: die artgerechte Verarbeitung der eintreffenden Nachrichten für Blick, Blick am Abend, SonntagsBlick und Blickonline. Reduce to the max! Vorbei mit allen Kisch- und Hemingway-Attitüden: Der Journalist wird das, was er nie sein wollte, wohl aber am besten kann: ein schreibender Zulieferer in angenehm temperierten Reduit. Nur einer mag nicht mitmachen: Sportchef und Edelfeder Walter de Gregorio warf vor einigen Tagen seinen Bettel „im gegenseitigen Einvernehmen“ per sofort hin. Doch die Vorteile liegen für die Ringier-Strategen auf der Hand; weniger Kosten, weniger Personal und – so die vage Hoffnung – auch mehr Produktivität. Angesichts der Medienkrise eigentlich ein logischer Schritt, ein kleiner Einwurf sei trotzdem erlaubt: Verlieren die Blicktitel durch diese Post-„Industriealisierung“ nicht ein Teil ihrer Identität? Bislang zeichnete sich die Blick-Familie durch kreative Gegensätzlichkeit aus, wie sie nur in den besten Familien vorkommt. Während der Blick Polanskis Verhaftung kritisierte, lobte Blick am Abend die resolute Justizministerin. Gleiches im Fall Italien: der Blick befürwortete die Bankenrazzias, das Schwesterblatt forderte Spaghettiboykott. Als Blochers durch Nordkorea wanderten, würdigte dies der Abend-Blick boulevardmässig auf drei Seiten. Der Blick schwieg dazu, konterte dann aber „art“-gerecht. Sein Thema: die Monet-Ausstellung in Wuppertal.