05.02.2014

NZZ

"Das ist eine zusätzliche Motivation"

Elmar Wagner, Sportchef bei der Alten Tante, freut sich auf den eigenen Sport-Bund.
NZZ: "Das ist eine zusätzliche Motivation"

Elmar Wagner, Sportchef der "Neuen Zürcher Zeitung" (NZZ), spricht in einem weiteren Teil unserer Sport-Serie über die bevorstehenden Aufgaben im intensiven Sportjahr 2014. Inwiefern die NZZ die Online-Schiene forciert, ist genauso Thema wie seine persönliche Vorfreude auf den eigenen Zeitungsbund, welcher das Ressort Sport während den Grossanlässen zur Verfügung hat. Die Probleme sieht Wagner bei den langen Wegen, die seine Journalisten in Sotschi zurücklegen müssen. 

Herr Wagner, was sind die markantesten Veränderungen in Bezug auf den Zugang zu den einzelnen Sportlern bei Grossanlässen?  
Der Zugang zum einzelnen Sportler ist immer stärker eingeschränkt worden. Es herrscht unterdessen die Maxime, dass der Sportler unmittelbar vor Wettkämpfen keine Ablenkung mehr haben darf. Es gibt fixe Pressetermine, zusätzlich lässt sich kaum mehr etwas machen.

Auf welche Herausforderungen, gerade in Russland, stellen Sie sich ein? 
Ich stelle mich auf aufwendige Spiele ein. Der Journalist muss bis zum Ergebnis lange Wege gehen und kann sich nicht frei bewegen. Sicherheitsschleusen und andere Hindernisse werden uns Zeit rauben. Das ist mit ein Grund, weshalb unsere Redaktoren in Sotschi nicht hunderttausend Sachen schreiben, sondern sich auf den Kern konzentrieren, auf Hintergrundgeschichten. Die Mitarbeiter in Zürich halten ihnen den Rücken frei. 

In der Sportredaktion der "Neuen Zürcher Zeitung" und "NZZ am Sonntag" arbeiten 20 Redaktoren und mehrere freie Mitarbeiter. Werden für die Dauer der Sportanlässe zusätzliche Leute eingestellt? 
Ja. Wir werden, sowohl Online als auch im Print mit zusätzlichen Leuten am Dienstpult arbeiten. In Brasilien können wir zudem auf drei, vier externe freie Mitarbeiter zugreifen, die sich beispielsweise in der Stadt Manaus niederlassen.

Wie wird das genau funktionieren? 
Sie werden auf eigene Kosten nach Brasilien reisen, wissen aber, dass sie fünf bis sechs Abnehmer haben. Wir haben aber die Exklusivität, was die Schweiz betrifft.

Die Fussball-WM ist der grösste Sportevent überhaupt. Auf welchen Anlass setzen Sie den Fokus? 
Die Olympischen Spiele in Sotschi werden personell in etwa gleich abgedeckt wie die Fussball-Weltmeisterschaft in Brasilien. Wir werden in Sotschi vier Sportredaktoren vor Ort haben. Zusätzlich ist einer der beiden Russland-Korrespondenten im Sotschi-Team integriert. Nach Brasilien werden wir mit vier Sportredaktoren und einem Fotografen reisen. Unterstützung erhalten sie vom Polit-Korrespondenten, der sowieso schon in Brasilien weilt.

Werden auch Sie an einen Event reisen? 
Nein. Die In-House-Organisation ist bei solch grossen Anlässen in der Regel ebenso wichtig wie die Präsenz vor Ort. Entscheide lassen sich leichter im Haus fällen.

Der dritte Grossanlass ist die heimische Leichtathletik-Europameisterschaft. Wie stark fokussieren Sie auf diesen Event? 
Die heimische EM ist ein relativ grosses Thema. Einerseits weil das Ganze in Zürich stattfindet, andererseits weil wir schon seit Jahren eine Leichtathletik-Berichterstattung pflegen, die nicht bloss national ausgerichtet ist. Die Leichtathletik-EM hat ein bis zwei Highlights pro Tag. Somit ist die Dichte gegenüber Sotschi viel geringer. Demnach ist auch der Personalaufwand geringer, obwohl wir gewisse Sonderleistungen vorsehen.

Uns steht ein intensives Sportjahr bevor. Auf welchen Grossanlass freuen Sie sich besonders, sei es als Journalist oder auch als Konsument? 
Als Konsument freue ich mich am meisten auf die Langlaufwettbewerbe in Sotschi, da ich diesen Sport auch selber betreibe. Rein journalistisch interessieren mich aus politischen und kulturellen Gründen sowohl Brasilien als auch Sotschi, da beides aussergewöhnliche Austragungsorte sind. Durch den Schuss Exotik gibt es viel Spielraum für spezielle Geschichten. 

Steigen die Verkaufszahlen während solcher Anlässe? 
Wir haben in der Vergangenheit Spezial-Abos angeboten. Sowohl bei Fussball-Weltmeisterschaften als auch bei Olympischen Spielen konnte man die NZZ und die "NZZ am Sonntag" für sechs Wochen abonnieren. Diese Abos sind sehr gut gelaufen. Das bestätigt uns in unserer Arbeit und zeigt, dass NZZ und "NZZ am Sonntag" auch während solcher Grossanlässe eine gute Sportberichterstattung garantieren. Dieses Jahr werden wir, zumindest bei den Olympischen Spielen, keine solchen Abos anbieten. Wie das für die Fussball-WM sein wird, klären wir noch ab.

Was können Sie über die Werbeverkaufszahlen berichten? 
Diese ziehen im Sport erfahrungsgemäss vor allem Online an. Aber auch im Print haben wir im Sportumfeld spezielle Werbeplätze geschaffen. Inwiefern diese auch belegt werden, weiss ich im Moment nicht.

Wie setzten Sie die Online-Vorgaben um? 
Um die Geschwindigkeit garantieren zu können, werden wir die unmittelbare Aktualität primär von Zürich aus abdecken - gerade für Sotschi, wo viele Ereignisse am Vormittag stattfinden. Die Back-up-Crew zu Hause wird zu den wichtigsten Ereignissen sofort eine Online-Version schreiben und stets in Kontakt mit den Leuten vor Ort sein. Gleichzeitig werden wir um die Mittagszeit herum ein fünfminütiges Sotschi-TV anbieten. Eine Moderatorin und ein Sportredaktor werden die Highlights des Vormittags analysieren und via Face-Time oder Skype vereinzelt auch Liveschaltungen nach Sotschi machen. Neu sind unsere interaktiven Grafiken, mit denen online visuelle Informationen zum Wettkampfgeschehen geliefert werden.

Wie stehen Sie persönlich zum bevorstehenden Sportjahr? 
Ich freue mich darauf, denn an Grossanlässen sind auch wir von der Sportredaktion immer besonders gut in Form. Wir profitieren aber auch von den internationalen Korrespondenten, die nicht immer nur mit der "Schweizer Brille" herumlaufen. Das Feedback ist stets positiv, und das Sportressort ist, gemessen an den Klickzahlen, online jeweils die Nummer Eins. Wir freuen uns natürlich auch, dass wir während der Grossanlässe jeweils einen eigenen Sport-Bund produzieren dürfen. Das ist eine zusätzliche Motivation. Man merkt jedenfalls, wie einige unserer Redaktoren bei solchen Anlässen förmlich über sich hinauswachsen.

Es fuchst Sie nicht, dass Sie vielleicht weniger mitbekommen als ein "Normalbürger"? 
Das gehört zum Business. Ich werde aber vieles mitbekommen und auch einiges im TV schauen, da etwa Sotschi vorwiegend am Vormittag stattfindet - als Sportjournalist bekommt man während der "Bürozeiten" mehr mit als der Normalkonsument.

Zum Schluss noch einen Tipp vom Experten: Wer wird Fussball-Weltmeister? 
Deutschland. Unsere Nachbarn konnten im Klubfussball zuletzt grosse Fortschritte verzeichnen. Dies wird auch auf die Leistung im Nationalteam abfärben. Eine Turniermannschaft ist das deutsche Team ja sowieso.

Wie schätzen Sie als Langlauf-Fan die Chancen von Dario Cologna ein? Ist er trotz seiner Verletzung ein Medaillen-Kandidat? 
In der Rehabilitation lief bei ihm alles wie geplant. Und beim ersten richtigen Härtetest am letzten Wochenende schaffte er es auf Anhieb wieder an die Spitze (Anm. d. Red. Cologna belegte Rang zwei bei seinem Comeback-Rennen in Toblach). Ich bin darum überzeugt, dass Dario Cologna in Sotschi in drei, vier Disziplinen ein ernsthafter Medaillen-Anwärter ist.

Interview und Bild: Marco Lüthi

Lesen Sie auch, wie das SRF, der "Blick" und Radio 24 die Herausforderungen im Sportjahr 2014 meistern. 

 



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