02.11.2015

Ignoranz im Staatsfernsehen?

Am letzten Dienstag diskutierten vier Buchliebhaber, die Moderatorin inbegriffen, im "Literaturclub“ des Schweizer Fernsehen über Max Frischs letztes Werk "Ignoranz als Staatsschutz?“, das erst jetzt – post mortem – erschienen ist. Pikanterweise waren die Gesprächsteilnehmer ausnahmslos Deutsche.
von Matthias Ackeret

Am letzten Dienstag diskutierten vier Buchliebhaber, die Moderatorin inbegriffen, im "Literaturclub“ des Schweizer Fernsehen über Max Frischs letztes Werk "Ignoranz als Staatsschutz?“, das erst jetzt – post mortem – erschienen ist. Pikanterweise waren die Gesprächsteilnehmer ausnahmslos Deutsche. Das einzig Schweizerische war Max Frisch selbst – und dies lediglich in Buchform. Unverständlich ist dieser Entscheid, da mit dem Max-Frisch-Biografen Julian Schütt ein ausgewiesener Experte im "Literaturclub“-Team sitzt. Doch er wurde vom Schweizer Fernsehen gar nicht eingeladen. Möglicherweise – aber das ist eine gar böse Unterstellung –, weil er Schweizer ist.
 
Da der "Literaturclub“ keineswegs die Massen beschäftigt, ist das Ganze nur eine Fussnote. Zuviel Schweiz war ja auch Frisch verdächtig. Trotzdem unverständlich, dass das Schweizer Fernsehen gerade bei solchen Themen nicht mehr Sensibilität zeigt. Aufgedeckt hat die ganze Geschichte übrigens der "Blick“, der sie in bester Boulevardmanier ausschlachtete. Soweit so gut.
 
Vielleicht ist es höhere Ironie, dass ausgerechnet in dieser Woche auch die neue Blick-Co-Chefin bekannt wurde. Sie heisst Iris Mayer und kommt auch aus Deutschland. So wie deren Vorgesetzter Wolfgang Büchner. Fazit: Ob "Literaturclub“ oder "Blick" – deutsches Know-how ist in den Medien wieder gefragt. Oder in freier Abwandlung von Nationaldichter Frisch: "Wir riefen Experten, und es kamen Deutsche!“



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