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Ein vernünftiger und zukunftsweisender Entscheid

Jahrelang haben sich die Politiker ausschliesslich um den Schutz der SRG gekümmert – die Anliegen der wenigen übrig geblieben privaten Medienhäuser blieben aussen vor. Jetzt haben die Parlamentarier die Chance durch die indirekte Presseförderung die Zeitungsbranche zu stärken – zugunsten der Demokratie und des Föderalismus.

Die ganze Welt spricht von der Digitalisierung – mit Recht. Die Schweizer Medienhäuser arbeiten mit Hochdruck daran ihre journalistischen Inhalte mit neuen Business-Modellen zu kombinieren und damit die Medienlandschaft unseres Landes zu gestalten. Sie befinden sich in einer unternehmerischen Übergangsphase – finanziell aufwendig und unternehmerisch ein Wagnis. Die konstruktive Bewältigung dieser Übergangsphase ist aber notwendig, um in allen Regionen unseres vielfältigen Landes auch in Zukunft Regional- und Lokaljournalismus und damit Meinungsbildung zu ermöglichen.

Während der Übergangsphase von Print zu Digital sind und bleiben gedruckte Zeitungen die wichtigsten und glaubwürdigsten Vermittler von politischen Inhalten: 90 Prozent der abstimmenden Bürgerinnen und Bürger beurteilen unsere durch professionelle Journalisten gemachten Zeitungen als wichtigste Quelle der Meinungsbildung. Die Unternehmen müssen mit den Erträgen dieser von den Lesern geschätzten Zeitungen Entwicklung und Aufbau der Plattformen im Netz finanzieren.

Ausgerechnet in dieser heiklen Phase brechen nun aber den Zeitungen die Werbeerträge weg. Gleichzeitig vermögen die digitalen Plattformen ihre Kosten auf absehbare Zeit nicht zu decken. Die bestehenden Zeitungen sind also doppelt gefordert: Als zuverlässige Garanten der Information und als betriebswirtschaftliche Konstante für den Umbau. Die Erhöhung der indirekten Presseförderung um 90 Mio Franken (von heute 30 Millionen auf neu 120 Millionen Franken) unterstützt die Verlagshäuser in ihren Investitionen für die Zukunft.

Dabei ist ein entscheidendes Argument zu beachten: Gutgemachte Zeitungen haben kein Nachfrage-Problem! Qualitativer, origineller, meinungsbildender, nützlicher Journalismus erreicht nach wie vor ein stabiles Publikum. Die Pressevielfalt wird in erster Linie durch den wegbrechenden Werbeumsatz gefährdet. Deshalb ist die Schaffung der indirekten Presseförderung vernünftig und zukunftsweisend.

Die Zeitungen widerspiegeln unser Land und seinen Föderalismus: gemäss einer Untersuchung im Jahre 2019 bilden für 89 Prozent der stimmenden Bürgerinnen und Bürger redaktionelle Beiträge aus Zeitungen die wichtigsten Quellen für ihre Meinungsbildung. Zudem sind Zeitungen «öffentliche Räume», in denen zur gleichen Zeit gemeinsam die grossen und kleinen Themen dargestellt und diskutiert werden. In einer direkten Demokratie ist diese durch Zeitungen wahrgenommene Rolle unverzichtbar – und sie ist identitätsstiftend im überschaubaren Dorf genauso wie in der kosmopolitischen Agglomeration.

Medienpolitisch befinden wir uns deshalb in einem für die Vitalität der direkten Demokratie entscheidenden Zeitabschnitt: Die Parlamentarier in Bern können jetzt dafür sorgen, dass die Bürger und Bürgerinnen auch zukünftig durch privatwirtschaftliche Medienanbieter informiert werden. Vor allem kleinere Zeitungstitel in abgelegenen Regionen sind in akuter Gefahr, da die Zustellung nur weniger Exemplare in dünn besiedelten Gebieten zu teuer geworden ist. Service public ist bei den Zeitungen der privaten Medienhäuser kein Schlagwort, sondern tägliche Wirklichkeit. Diese Wirklichkeit gilt es für die Zukunft zu sichern.



Der Publizist und Berater Peter Hartmeier ist Teilhaber des Beratungsunternehmens Lemongrass Communications in Zürich und präsidiert den Publizistischen Ausschuss von CH Media. Er war Chefredaktor des «Tages-Anzeigers» und Direktor des Verlegerverbandes Schweizer Medien. Der Text ist in voller Länge in «Schweiz am Wochenende» erschienen.

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KOMMENTARE

Victor Brunner
04.09.2019 12:59 Uhr
Ein vernünftiger und zukunftsweisender Entscheid! Warum ein zukunftsweisender Entscheid und wo ist das Ende mit Subventionen? Darf in Zukunft die Politik mitbestimmen und in welchem Masse, sowie bei der Landwirtschaft. Die Unternehmen sind frei in ihrer Geschäftspolitik, sie können zukaufen, verkaufen, dafür sollen sie auch das Risiko tragen! Viele Unternehmen müssen in digitale Plattformen investieren und bezahlen aus der eigenen Tasche! Die Presse überschätzt sich, das mit der 4. Gewalt ist eine Mär, das war einmal als die Presse noch UNABHÄNGIG war. Heute nicht mehr der Fall, überall wird gefiltert und zensuriert und die Journis spuren! Bestes Beispiel Bilderberg-Konferenz. Dieses Jahr war unter anderem BR Maurer und TAmedia Chef Supino dabei, auch USA AM Pompeo. Ausser Infosperber hat kein Organ darüber berichtet. Gerade für den Tagi wäre es doch angebracht den Chef über die Konferenz zu befragen, leider nichts über die Blackbox Bilderberg! Wenn die Presse nicht in der Lage und willens ist über solche Ereignisse zu berichten dann soll sie sich auch von den Honigtöpfen der Steuerzahler fernhalten!
Tobias Frey
04.09.2019 08:00 Uhr
"Gleichzeitig vermögen die digitalen Plattformen ihre Kosten auf absehbare Zeit nicht zu decken." (Hartmeier) Hat jemand die Verlage gezwungen, digitale Plattformen zu schaffen? Wenn ich als kleiner Unternehmer ein Geschäft eröffne, kann ich das Risiko auch nicht auf die Öffentlichkeit abwälzen. Die gleichen Verlage haben sich seinerzeit auch um die Lokalradio-Konzessionen gerissen und eigene TV-Sender geschaffen (beides auf niedrigem Niveau) und wollen jetzt für diesen schwachen "Service public" Gebührengelder kassieren.
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