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Lass niemals eine Krise ungenutzt verstreichen

Vor einem Jahr war die Credit Suisse am Ende. Über die Ursache ihres Scheiterns werden wir noch viel lesen und lernen. Doch ein paar Fakten stehen fest. Der hohe Digitalisierungsgrad des Finanzmarktes schafft neben zahlreichen Vorteilen auch ein paar unbestreitbare Probleme. Die Möglichkeit, Gelder schnell zu verschieben beschleunigt den Bank-Run. Die Finanzmarktstabilität ist deutlich schneller gefährdet. Dagegen hilft nur Stabilität und damit meinen die meisten «mehr Kapital».

Doch diejenigen, die das fordern, machen es sich zu leicht. Die Credit Suisse ging wohl kaum aufgrund mangelnden Kapitals zu Grunde. Vielmehr war es zu spät die falsche Strategie und wohl auch eine zunehmend morsche Kultur und damit der Verlust des Vertrauens der Kunden und Mitarbeitenden.

In vielen Unternehmen wird die Stabilität mittels Krisenübungen geprüft und gestärkt. Damit werden nicht nur organisatorische Schwächen erkannt und Führungsqualitäten gestärkt, sondern auch eine Kultur gefördert, in der jeder Verantwortung zeigt und Prozesse und Learnings in einem Krisenhandbuch dokumentiert werden.

Wegweisende Entscheidungen fällen Organisationen oft erst, wenn die Situation ausweglos ist. Davor verhindert die Hoffnung auf Besserung und die Verdrängung der Realität den Griff zu echten Bewältigungsstrategien. Doch um den worst case vor Augen zu haben, braucht es Mut oder Dürrenmatt, denn eine Geschichte ist, wie er schreibt, erst zu Ende gedacht, wenn sie ihre schlimmstmögliche Wendung genommen hat. In solchen worst case Szenarien zu denken und auf ihnen aufbauend Entscheidungen zu fällen, zeugt am Schluss von Weitsicht. Sie erlaubt es der Organisation, rechtzeitig zu planen, rasch und entschlossen zu handeln.

Nicht selten haben Krisen ihren Ursprung in Entscheidungen, denen es an Weitsicht mangelte und die zustande kamen, weil der Widerspruch im Gespräch nicht belohnt, Verantwortung zu wenig delegiert wurde und das erforderliche Fachwissen als Folge davon fehlte.


Daher ist die Pflege einer guten Kultur die beste Versicherung für eine höhere Resilienz und damit für mehr Erfolg. Krisenmanagement, nachhaltiger Erfolg und Kultur sind damit eng verknüpft. Oder wie Churchill sagt: «Never let a good crisis go to waste.»


Samuel Brandner ist Partner der Dynamics Group. Er berät Unternehmen und Persönlichkeiten bei anspruchsvollen Situationen und in ihrer strategischen Positionierung.

Unsere Kolumnistinnen und Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.

 

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