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Skalieren oder verlieren

Mehr Content mit noch stärker personalisierten Inhalten zu geringeren Kosten. Was wie die Quadratur des Kreises klingt, ist genau die Aufgabe, an der viele Marketers sich gerade die Köpfe zerbrechen. Und Studien sprechen gar davon, dass der Bedarf an Content-Assets in den nächsten zwei Jahren nochmals um das Zwanzigfache steigen soll.

Da fragt man sich natürlich: Wie soll das nur gehen?

Heute ist die Erstellung von Content vielerorts vor allem eines – ein aufwendiges Handwerk. Ein fein verästeltes Netzwerk von Agenturpartnern und internen Einheiten arbeitet auf fragmentierten Technologielösungen, um immer wieder aufs Neue alle möglichen Content-Assets zu erstellen. Das ist weder effizient noch zukunftsfähig.

Sicher, generative KI wird hier künftig helfen. Doch damit Marketingabteilungen in vollem Umfang von den Vorteilen dieser neuen Technologien profitieren, braucht es eine andere Herangehensweise für die Content-Erstellung. Die Richtung ist klar: Weg vom Manufakturmodell, hin zu einer skalierbaren Lieferkette.

Fragen Sie Ihren Logistik- oder Produktionskollegen

Um die Content-Produktion neu auszurichten, sollten Sie unbedingt mal mit Ihren Kollegen in der Produktion oder dem Supply-Chain-Management sprechen. Die wissen nämlich ganz genau, wie man komplexe Lieferketten managet und Produkte auf automatisierten Fliessbändern industriell herstellt.

Pharmaunternehmen sind ein gutes Beispiel. Sie organisieren die vielschichtigen Zulieferprozesse und das präzise Vermischen verschiedener Wirkstoffe und Substanzen in einer vollständig industrialisierten Weise. Damit kommen die Medikamente schnell zu den Menschen, die sie benötigen.

Oder Konsumgüterunternehmen. Diese bringen immer wieder neue Rezepturen für unsere geliebten Frühstücks-Cerealien auf den Markt. Letztlich machen sie aber nichts anderes, als Mehl, Zucker, Salz und andere Zutaten auf vollautomatisierten Fliessbändern unterschiedlich zu kombinieren. Und Automobilhersteller montieren Tausende von Teilen mit hoher Geschwindigkeit und hochautomatisiert zu einem neuen, hochkomplexen Produkt.

Sie denken, das funktioniert bei Content nicht, weil die Inhalte und Botschaften immer anders sind? Ich behaupte das Gegenteil.

Auch ein Kampagnen-Asset besteht aus vielen Einzelteilen: Texte, Bilder, Hintergründe, Videos, Kleingedrucktes und vieles mehr werden von den immer gleichen Beteiligten – Designer, Texter, Kampagnenmanager, Rechtsabteilungen und anderen – entworfen, freigegeben, zu Kommunikationsmitteln zusammengestellt und in den Marketingkanälen aktiviert. So individuell und personalisiert die Assets am Ende auch sein mögen, die Produktionsprozesse und die «Bauteile» gleichen sich.

Content als «Produkt» gedacht, geplant und erstellt

Als Marketer unterscheidet Sie also gar nicht so viel vom Fabrikleiter oder Logistikmanager. Machen Sie Content zu Ihrem «Produkt», für dessen gesamte Wertschöpfungskette Sie verantwortlich sind.

Schaffen Sie dafür ein einziges, halbautomatisiertes «Betriebssystem», in welchem Content in einer durchgehenden Pipeline geplant, entwickelt, gestaltet, produziert, aktiviert und laufend optimiert wird.

Diese beginnt mit einer standardisierten Planung aller Inhalte, die unternehmensweit erstellt werden müssen. Marketingteams briefen dann neue Aufträge über intuitive Workflow-Tools, die diese automatisiert zu den richtigen und verfügbaren Content-Erstellern bringen. Damit gehen Sie schnell in die Produktion und behalten auch bei komplexen Projekten immer den Überblick. Und Sie messen damit den Durchsatz Ihrer Content-Lieferkette.

Kreativ- und Designprozesse werden durch den Einsatz von KI-Tools bereichert. Feedback- und Freigabe-Schleifen werden dank vereinfachten Prozessen und Workflow-Lösungen beschleunigt. Für die grossflächige Produktion der finalen Assets in allen Formaten, Variationen und Sprachen kommen ebenfalls Automatisierungstools zum Einsatz; genauso für das präzise und umfassende Content-Tagging. Und ob der Content auch geklickt wird, sagen KI-Modelle bereits während der Kreationsphase voraus.

Schliesslich sind alle jemals produzierten Assets jederzeit und für jedermann einfach auffindbar – und damit wiederverwendbar. Die verschiedenen Content-Atome werden über vernetzte Assembly- und Publishing-Tools dynamisch und automatisiert – aber immer auch personalisiert – zu fertigen Kampagnen-Assets zusammengebaut und auf allen Kanälen aktiviert.

Alle relevanten Datenpunkte zu jeglichem ausgespieltem Content fliessen zentral zurück in Ihr Content-Betriebssystem. Damit gewinnen Sie neue Erkenntnisse, wie ihr Content genutzt wird und wie effektiv Sie die Zielgruppe erreichen. Wenn es einmal nicht wie geplant läuft, können Sie sofort reagieren und optimieren, damit Ihr Content auch hart genug für Ihre Kampagnenziele arbeitet.

Und wie erschaffen Sie dieses Content-Betriebssystem für Ihr Unternehmen?

Indem Sie vier Pfeiler umsetzen:

Content Operating Modell: Vereinfachen und standardisieren Sie alle Content-Prozesse in Ihrem Unternehmen. Entwerfen Sie eine industrialisierte, vernetzte Prozesslandschaft über die gesamte Content-Lieferkette und alle Content-Ersteller. Konsolidieren Sie die vielen produzierenden Partner oder internen Teams in eine zentrale, schlagkräftige Einheit. Denn wer nicht am gleichen Fliessband steht, kann schlecht effizient zusammenarbeiten.

Vernetztes Technologie-Ökosystem: Vereinfachen und vernetzen Sie die IT-Tools entlang der gesamten Content-Lieferkette, von der Workflow-Orchestrierung über die Designarbeiten, dem Digital Asset Management bis hin zu den Content Analytics. Geben Sie Ihren Marketers und Designern für jeden Teil Ihrer Lieferkette die mächtigsten Tools an die Hand, damit diese richtig verzahnt zusammenwirken können.

Automatisierung und KI: Nutzen Sie Automatisierungsmöglichkeiten entlang aller Schritte Ihrer Content-Lieferkette – vor allem aber in Ihrer neuen, zentralen Produktionseinheit. Denn Ihre KI-Investments werden nur dort einen hohen Return abwerfen, wo Sie auch hohe Stückzahlen produzieren. Nutzen Sie generative KI dabei aber clever – und produzieren Sie nicht einfach mehr mittelmässigen Content. Bereichern und beschleunigen Sie stattdessen mit KI die menschliche, kreative Raffinesse Ihrer Designtalente oder automatisieren Sie Arbeitsschritte, die bislang mühselig manuell ausgeführt werden mussten. Lassen Sie Ihre Teams also smarter und nicht härter arbeiten.

Kreative Exzellenz: Verstärken Sie Ihre neuen Arbeitsweisen mit erstklassigen Kreativteams, die hochemotionale Erlebnisse schaffen, die Ihre Kunden erreichen und so Ihr Geschäft ankurbeln. Hier ist und bleibt gutes Handwerk gefragt – im Zeitalter der Technologie sogar mehr denn je. Denn es geht hier bei aller Effizienz nicht darum, das «Produkt» – also den Content – zu standardisieren, sondern nur die Prozesse zu dessen Erstellung.

Wir bei Accenture haben kürzlich unsere eigene Content-Lieferkette genau so komplett umgebaut – und dabei eine Prozesslandschaft von weit über 1000 beteiligten Personen neu gestaltet, unsere hauseigenen Kreativ- und Produktionsteams gebündelt und mit eigenen und Dritt-Technologien ausgestattet. Das Ergebnis: 55 Prozent weniger manuelle Prozessschritte, 60 Prozent weniger E-Mails und jährliche Kosteneinsparungen im hohen Millionenbereich – und das bei besserer Content-Performance.

Die industrielle Revolution hat es uns vor über hundert Jahren vorgemacht. Sie hat viele Güter, die wir heutzutage als selbstverständlich erachten, qualitativ besser und überhaupt erst erschwinglich gemacht. Denn ohne industrielle Produktion könnte ich mir heute keinen Geschirrspüler und kein Smartphone leisten, geschweige denn ein neues Auto.

Und warum sollte das beim Content anders sein?



Thomas Ruck ist Managing Director bei Accenture Song.

Unsere Kolumnistinnen und Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.

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