Letzte Woche habe ich wieder einmal die Inserate im «Spiegel» gezählt: Es ist erschütternd. Ein ganzes, höchstens drei Inserate pro Ausgabe sind bezahlt. Ähnliches in der Schweiz: Mittlerweile hat sich das sozialistische Ideal der werbefreien Zeitung durchgesetzt. Nicht aus ideologischen, sondern aus ökonomischen Gründen. 18 Millionen Franken weniger hat Tamedia im ersten Halbjahr aus Printinseraten erlöst als im Vorjahr. Eine Katastrophe. Schon 2018 dachte man, tiefer kann es nicht mehr gehen. Man lernt: Die wahren Probleme unserer Branche sind nicht Fake News, sondern die fehlende Werbung. Ein Fakt, den Leser und Journalisten gerne verdrängen. Stattdessen fliesst in der Schweiz bald die Hälfte aller Werbegelder, also rund 2 Milliarden Franken, zu Google und Facebook.
Es ist klar: Ohne staatliche Unterstützung wird es langfristig keine gedruckten Zeitungen mehr geben. Dies zeigen auch die Vorschläge von Medienministerin Sommaruga, die letzte Woche präsentiert wurden. Vor wenigen Jahren noch undenkbar: Medien und die Landwirtschaft im Gleichschritt zum Subventionstopf.
Nun gäbe es möglicherweise einen dritten Weg, der bis anhin noch nicht in Betracht gezogen wurde: die Digitalsteuer. Vielleicht hat der französische Präsident Macron nicht ganz unrecht, wenn er die globalen Technologieriesen besteuern will. Zwar kratzt dies an der Gewerbefreiheit, doch sobald einzelne Player ein marktwirtschaftlich funktionierendes System existenziell bedrohen, muss sich das System dagegen wehren. Das Geld müsste man aber nicht dem Staat, sondern der notleidenden Branche zuführen. Dass sich unsere Politiker und Branchenverbände mit dieser Möglichkeit noch nicht auseinandergesetzt haben, erstaunt. Merci, Monsieur le Président, dass Sie das Problem erkannt haben.
Matthias Ackeret Verleger und Chefredaktor von «Persönlich»
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03.09.2019 10:56 Uhr
02.09.2019 12:39 Uhr
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