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Wo bleiben die Königinnen beim Verlegerverband?

Jährlich im Januar lädt der Verlegerverband Schweizer Medien (VSM) zur Dreikönigstagung, dem «traditionellen Jahresauftakt der Schweizer Medienbranche für Persönlichkeiten und Entscheidungsträger aus Medien, Kommunikation, Politik und Wirtschaft». Und wie jedes Jahr dürfen sich die Teilnehmenden auch 2024 auf spannende Keynotes, Break-In-Sessions und Diskussionen freuen, dieses Mal zum Thema künstliche Intelligenz (KI).

Doch schaut man sich an, wer da am 10. Januar auf der Bühne steht, rücken die Themen in den Hintergrund. Denn abgesehen von zwei Frauen, die beim Panel mit zwei Männern mitdiskutieren dürfen, sind da ausschliesslich Herren zu sehen. Neun sind es an der Zahl. Nicht binäre Menschen, nicht weisse Menschen und junge Menschen sucht man vergeblich.

Ein Blick auf die Dreikönigstagungen der vergangenen Jahre zeigt dasselbe Bild. Das Verhältnis von Männern, Frauen und nicht binären Menschen auf der Bühne war jeweils wie folgt (M – F – NB):
 
2020: 9 – 3 – 0
2021: 6 – 1 – 0
2022: 7 – 3 – 0
2023: 8 – 2 – 0
2024: 9 – 2 – 0

Anzahl nicht männlicher Keynote-Speaker in den letzten fünf Jahren: Null.

Auch an der KI-Input-Session des VSM vom 7. Dezember 2023 standen ausschliesslich Männer auf der Bühne. An der Trendtagung Fach- und Spezialmedien des VSM vom 8. November 2023 waren ebenfalls nur Männer als Speaker geladen, im Panel waren immerhin auch zwei Frauen mit dabei.

Wie kann das auch 2023 noch passieren? Und wie lässt es sich verhindern?

Wie es passieren kann, ist wirklich ein grosses Fragezeichen. Gerade in der Schweizer Medienbranche sind unzählige kompetente und engagierte «Königinnen» unterwegs, daran kann es also nicht liegen. Wie es sich verhindern lässt, ist im Prinzip simpel: Wenn Männer als Speaker angefragt werden, können sie systematisch danach fragen, wie viele der eingeladenen Speaker denn nicht männlich sind. Und ablehnen, wenn die Antwort Null oder fast Null ist. Das bedeutet, im Zweifelsfall auf die eigene Präsenz und Sichtbarkeit zu verzichten, von der man ja zu grossen Teilen aufgrund des eigenen Geschlechts – also quasi dank einer Männerquote – überhaupt erst profitieren würde.

Vielleicht ist aber auch alles ganz einfach und es liegt am Namen der Veranstaltung. Wie wärs im Januar 2025 daher mit einer Dreikönig:innen-Tagung? Vielleicht öffnet das ja den Blick. Wichtig wärs, gerade auch im Hinblick auf die alles dominierende künstliche Intelligenz. Denn diese ist sehr «biased» und wird bestehende Ungleichheiten eher verstärken als verhindern. Ob wohl dieser Aspekt an der Dreikönigstagung 2024 thematisiert wird? 



Unsere Kolumnistinnen und Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.

Annette Häcki ist Mitinhaberin vom Beratungsunternehmen Day. Bis Ende September 2023 war sie Managing Creative Director bei Jung von Matt Limmat. Davor war sie in den Geschäfts- und Kreativleitungen der Agenturen Rod und Wunderman Thompson tätig. Sie ist zudem Co-Gründerin des Gislerprotokolls und Keynote-Speakerin.

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