25.06.2021

Social-Audio

Clubhouse-Hype flaut zwischenzeitlich ab

Die Social-Audio-App Clubhouse lässt sich seit letztem Monat auch mit Android nutzen. Das hat jedoch zu keinem neuen Boom geführt. Trotzdem hat die App weiterhin treue Fans.
Social-Audio: Clubhouse-Hype flaut zwischenzeitlich ab
Die App Clubhouse ist seit Mai 2021 auch für Android verfügbar. Wer die App nutzen will, benötigt eine Einladung – ein «invite». (Bild: Pixabay)

Niederschwellig zuhören – wie bei einem Podcast oder einem Livestream: Die Social-Audio-App Clubhouse erlebte Anfang Jahr einen regelrechten Boom. Allein im Februar installierten 9,6 Millionen Menschen die App auf ihren Smartphones. Viele auch in der Schweiz. Es gab plötzlich eine Vielzahl an Talks über Bücher, die Covid-App, Cancel Culture, Parteipolitik und «Hinter den Kulissen»-Formate. Die App wurde hochgejubelt, sie treffe den Nerv der Zeit, hiess es etwa in einer persoenlich.com-Umfrage unter Werberinnen und Werbern.

Mittlerweile ist die Nutzung zurückgegangen, der Hype scheint vorbei – gerade auch, weil die Verfügbarkeit auf Android, die seit Anfang Mai gewährleistet ist, bisher zu keinem neuen Hoch führte. Ist mit dem schönen Wetter, den stark gelockerten Pandemiemassnahmen und dem voller werdenden Kalender die App überflüssig geworden? Ist der virtuelle Barbesuch obsolet, wenn man diese nun «in Real» wieder machen kann?

«Ja, so leid es mir tut, momentan jedenfalls», sagt Thomas Benkö, stellvertretender Chefredaktor von Blick.ch. Er gehört zu den Schweizer Clubhousern der ersten Stunde. Für Blick hat er im Winter mehrere Formate lanciert, darunter Polittalks und Sexberatungen. Alle sind mittlerweile eingestellt. «Unser Engagement auf Clubhouse war als Test zu verstehen, auf den wir sehr positiv zurückblicken. Uns war allerdings immer klar, dass die Synergien begrenzt sind», so Benkö. Mitunter habe es auch an den Ressourcen gelegen: Denn «eigentlich bei allen liefen die Clubhouse-Tätigkeiten neben dem Tagesjob. Irgendwann muss man sich wieder auf die Kerntätigkeit konzentrieren». Dennoch: Blick beobachte die Szene interessiert weiter.

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Auch SRF und 20 Minuten haben ihre Aktivität auf Clubhouse stark reduziert oder ganz aufgehört. «Es gibt auf der App momentan zu wenig deutschsprachige Räume und auch nur wenige aktive Schweizer User», sagt eine 20-Minuten-Sprecherin. Daher fokussiere man die Social-Media-Ressourcen vermehrt auf Wachstumsplattformen wie Instagram oder TikTok.

Hohes Potential für Audio-only-Plattform

Ähnlich David Schärer, Mitgründer der Agentur Rod, der sich in der persoenlich.com-Umfrage vom Februar als Clubhouse-Fan geoutet hatte: Er hat den Eindruck, dass der Hype derzeit bei «nahezu null» ist – was er persönlich bedauere.

Wie alle Plattformen lebe Clubhouse vom Netzwerkeffekt. «Ist die Aktivität vieler User und Userinnen tief, sinkt auch der Nutzen der Plattform», so Schärer. Er glaubt, dass die Flaute nicht nur an den Lockerungen liegt. Zum Fliegen käme die App nur, wenn sich die Gespräche darauf um mehr drehten als um die Frage, wozu Clubhouse gut sei. «Generell halte ich das Potenzial einer Audio-only-Plattform für sehr hoch, weil sie gleichzeitig lockere Gespräche in der Art von Bargeplauder und reflektierte Auseinandersetzungen zu einem bestimmten Thema erlaubt», so Schärer.

Exklusiv Eingeladene treffen sich

Zu den Schweizer Clubhouse-Pionieren gehört auch persoenlich.com. Im Februar 2021 hatte die Redaktion spontan ein Experiment auf Clubhouse gestartet, woraus dann der wöchentliche «persoenlich.com Feierabend-Talk» entstand – ein Fachgespräch zu einem aktuellen Branchen-Thema. Es fanden engagierte Diskussionen statt etwa über Sexismus bei Tamedia, den Start des Nebelspalters, ein Jahr Blick TV oder vergleichende Werbung von Aldi. «Auf dem Sofa» diskutierten unter anderen Jonas Projer, Marco Boselli, Barbara Lüthi, Urs Gredig, Markus Somm, Simon Bärtschi, Petra Dreyfuss, Karin Estermann, Annette Häcki. Roger Schawinski, Livio Dainese und Frank Bodin. 

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Auch wenn inzwischen nicht mehr regelmässig über 100 oder gar 200 Zuhörerinnen im Publikum sitzen, will persoenlich.com das Format nach einer Sommerpause weiterführen. «Wenn richtig grosse Breaking News bekannt werden, wollen wir rasch einen Talk etablieren können», sagt persönlich-Verleger und Chefredaktor Matthias Ackeret. Clubhouse, wo sich exklusiv Eingeladene treffen – also vor allem Trendsetter wie Werber, Kommunikationsspezialistinnen und Journalisten – eigne sich hierzu ausgezeichnet.

App soll attraktiver werden

Wichtig sind dafür Verbesserungen in der Technologie: «Ich bin überzeugt, dass die Clubhouse-Erfinder neue Technologien einführen werden, um die momentane Clubhouse-Müdigkeit zu überwinden und die App wieder attraktiver zu machen», so Ackeret. Die Nachfrage an inhaltlich substanziellen Drop-in-Audioformaten jedenfalls besteht, wie persoenlich.com in den letzten Wochen bei seinen 15 durchgeführten Talks festgestellt hat. So sieht es auch Werber David Schärer: «Der Feierabend-Talk von persoenlich.com gehört für mich zu den Highlights auf der Plattform.»


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