16.05.2006

ENGEL ANDREAS, Prof. für Experimentelle Medizin, Hamburg/Mai 2006

Wie man neue Welten kreiert: Wie funktioniert Kreativität? Ein philosophisches Rätsel. Aber wissenschaftlich mittlerweile ergründbar. Professor Andreas K. Engel untersucht diese Frage am Zentrum für Experimentelle Medizin in Hamburg. Für Kreativität braucht es Intuition, die ist kaum lernbar, aber wenn man den Umgang mit Problemstellungen professionalisiert, ist ein wichtiger Schritt getan. Doch ist Kreativität auch institutionalisierbar?

Ihr Thema ist Kreativität und die Frage, ob man diese durch Hirnprozesse erklären kann.

“Kreativität hat etwas mit der sozialen und kulturellen Umgebung zu tun. Aber nicht jede Idee ist gleichermassen kreativ. Es ist aber auch klar, dass sich die Menschen in ihrer Veranlagung stark unterscheiden. Nehmen wir beispielsweise Albert Einsteins Gehirn. Was ist bei ihm anders? Mit modernen Instrumenten kann man heute herausfinden, was im Gehirn passiert, wenn man einen Geistesblitz hat.”

Was sind das für Instrumente?

“Das sind bildgebende Verfahren, die wir auch in der Klinik anwenden. Damit ist zum einen die funktionelle Kernspintomografie (fMRI) gemeint, die von Neurologen oft benutzt wird. Dies ist ein Messverfahren, bei dem man ein starkes Magnetfeld verwendet. Der Patient oder die Versuchsperson wird in eine röhrenförmige Öffnung in einem grossen Magneten hineingefahren. Durch kurzzeitige Veränderung des Magnetfeldes beeinflusst man die Atome im Gehirn. Aus dieser Beeinflussung kann man durch raffinierte Tricks zurückrechnen, wo besonders aktive Hirnbereiche waren, wenn man den Versuchspersonen eine Aufgabe stellt. Um kreatives Denken zu untersuchen, kann man zum Beispiel drei Wörter vorgeben, die nicht viel miteinander zu tun haben. Man musste dann ein viertes assoziieren, welches zu den drei anderen passt. Mithilfe der fMRI kann man nun sehen, welche Hirnregionen stärker aktiv sind, und da findet man etwas, was gut zu den Theorien passt. Man sagt immer, die rechte Hirnhälfte ist die kreative Hälfte, die eher mit Intuition arbeitet, und die linke hat mit Intellekt zu tun. Bei dieser Untersuchung ist herausgekommen, dass tatsächlich der aktivste Bereich in der rechten Hemisphäre lokalisiert war. Hinterher wurde noch das EEG aufgezeichnet. Hierbei fand man heraus, dass bei der Lösung solcher Denkaufgaben besonders schnelle Hirnwellen auftreten, die auch dann gemessen werden können, wenn man Reize mit besonders konzentrierter Aufmerksamkeit betrachtet oder sich ins Gedächtnis einprägt.”

Können Sie das näher erläutern?

Type in the answer“Das EEG misst Potenzialschwankungen. Das hat mit Elektrizität zu tun. Unser ganzes Gehirn funktioniert durch internen Austausch und Verrechnung elektrischer Impulse, und man sieht im EEG an der Oberfläche die Spuren davon. Und dann kann man daraus schliessen, zu welchen Zeitpunkten und an welchen Orten im Gehirn eine besonders intensive Verarbeitung stattgefunden hat. In der EEG-Untersuchung hat man herausgefunden, dass die eben erwähnten schnellen Hirnwellen auch genau in ‘kreativen’ Aha-Momenten auftreten, also den Augenblicken, in denen einem plötzlich die Lösung eines Problems klar wird.”



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