12.05.2022

KS/CS Kommunikation

«Ich glaube an die Kraft der Argumente»

Jürg Bachmann hat in Bern seine erste Mitgliederversammlung als Präsident von KS/CS Kommunikation Schweiz geleitet. Gegenüber persoenlich.com äussert er sich über den Zustand der Schweizer Kommunikationsbranche und den Kampf gegen weitere Werbeverbote.
KS/CS Kommunikation: «Ich glaube an die Kraft der Argumente»
«Wir haben gute Argumente, und diese tragen wir in die politischen und gesetzgeberischen Prozesse», so Jürg Bachmann, Präsident von KS/CS Kommunikation Schweiz. (Bild: Archiv)

Herr Bachmann, Sie haben am Donnerstag in Bern Ihre erste Mitgliederversammlung von KS/CS Kommunikation Schweiz geleitet. Wie ist der momentane Zustand der Schweizer Kommunikationsbranche?
Ich finde die Stimmung gut. Corona hat unter dem Strich vermutlich nicht so viel Schaden in der Branche verursacht, wie zu Beginn befürchtet. Die Werbung erholt sich insgesamt gut. Das hat auch Roland Ehrler gezeigt, als er die Werbestatistik präsentierte. Allerdings ziehen die grossen internationalen Plattformen weiterhin viel Werbegeld aus der Schweiz ab. Wir müssen alles dafür tun, die Rahmenbedingungen für die Schweizer Werbebranche zu stärken und nicht mit Geboten und Verboten auch noch selber zu schwächen. Denn Werbung verhält sich wie Wasser. Wird sie hier gestoppt oder verboten, sucht sie sich einen anderen Weg zu den Konsumentinnen und Konsumenten – und findet ihn auch, eben beispielsweise über internationale Plattformen. Es kann nicht sein, dass wir diese Sogkraft dorthin in der Schweiz noch fördern mit einer werbefeindlichen Regulierung.

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Wie erleben Sie die vielzitierte Werbefeindlichkeit?

Bei unserem Monitoring des Parlamentsbetriebes in Bern und den Kantonen stellen wir eine wachsende Zahl von Vorstössen fest, die bestimmte Werbeformen reglementieren, einschränken oder verbieten wollen. Daran stört sich die Werbebranche. Auch sie ist sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst und nimmt sie bei ihrer Arbeit wahr. Natürlich gibt es Produkte und Dienstleistungen, die in Mengen genossen schädlich sein können. Aber es ist nicht Aufgabe des Staates, gesellschaftliche Erziehungsprogramme durchzuführen. So wie die Menschen fähig sind, ihre Meinung regelmässig bei Abstimmungen und Wahlen zum Ausdruck zu bringen, sind die allermeisten von ihnen auch in der Lage, ihr Leben und ihren Konsum selber zu dosieren und zu verantworten. Sie brauchen, um von Unbill verschont zu bleiben, keinen Staat, der ihnen dauernd vorschreibt, was ihnen guttut und was schadet.

Woran liegt das?
Mir scheint, es passt in den Trend, bei welchem einzelne Interessengruppen in Umsetzung ihrer eigenen Ziele und Werte anderen vorschreiben wollen, wie sie zu leben haben. Mit dieser Haltung kann ich nichts anfangen. Ich empfinde sie zutiefst unliberal und bevormundend. Und bekämpfe sie.

«Wir überwachen und notieren sehr präzis das politische Geschehen»

Welche Massnahmen unternehmen Sie vom Verband gegen die geplanten Werbeverbote?
Wir überwachen und notieren sehr präzis das politische Geschehen und arbeiten Fakten, Zahlen und Argumente auf für die Politik. Ich sagte am Morgen über die Arbeitsweise von KS/CS: «Mit einem guten Netzwerk und den richtigen Informationen unterstützen wir die Politikerinnen und Politiker zum passenden Zeitpunkt bei ihrer Arbeit.» Die Zusammenarbeit mit den Mitgliedern der Parlamentarischen Gruppe «Markt und Werbung», die unter Leitung von Nationalrat Gregor Rutz verschiedenen Parteien angehören, ist sehr gut angelaufen. Wir spüren ihr Interesse an einer funktionierenden Werbebranche und ihre Bereitschaft, unsere Arbeit zu unterstützen und im Gesetzgebungsprozess fortzusetzen.

In Genf soll beispielsweise Plakatwerbung verboten werden, anderenorts soll Briefkastenwerbung eingeschränkt werden.
Das sind beides gute Beispiele dafür, wie Interessengruppen anderen ihren Lebensstil aufzwingen wollen. Und ihren Mitbürgerinnen und Mitbürgern unterstellen, nicht in der Lage zu sein, selber zu beurteilen, was sie sehen oder erhalten wollen. Und ihnen unterstellen, nicht selber verantwortlich handeln zu können. Der Staat soll sie vor Ungemach und ihren eigenen Taten bewahren. Diese Haltung widerstrebt mir zutiefst. Wir leben in einem freien Land. Ich halte es staatspolitisch und gesellschaftlich für verantwortungslos, mit dieser Freiheit zu spielen und unsinnige Gebote oder Verbote zu fordern oder durchzusetzen, bloss weil sie nicht in einen bestimmten Lebensstil passen. Den ich durchaus respektiere, dem ich mich aber aus freier Entscheidung nicht anschliessen mag.

Kann man solche Trends stoppen?
Da müsste man Soziologinnen und Soziologen fragen, und das bin ich nicht. Ich glaube an die Kraft der Argumente in einem freien Land. Wir setzen uns mit vollem Engagement dafür ein, dass in der Schweiz eine Werbeordnung erhalten bleibt, in der die Werberinnen und Werber ihre Verantwortung für ihr Tun wahrnehmen können und den Konsumentinnen und Konsumenten zugetraut wird, selber entscheiden zu können, was ihnen nützt und was nicht. Wir haben gute Argumente, und diese tragen wir in die politischen und gesetzgeberischen Prozesse.

«Wir sind Dienstleister für die Politikerinnen und Politiker»

Worauf legen Sie Ihren Schwerpunkt beim Dachverband?
Ganz klar auf die politische Arbeit. Wir sind Dienstleister für die Politikerinnen und Politiker. Mit unseren und ihren eigenen Argumenten entscheiden sie, was gut ist für das Land und die Werbebranche. Zwischen den Mitgliedern der Parlamentarischen Gruppe «Markt und Werbung» und vielen anderen auch herrscht Kongruenz über diese Haltung. Neben dieser Funktion verantwortet KS/CS Prüfungen für Kommunikationsfachleute und Kommunikationsleiterinnen und -leiter und führt Events durch. Zum Beispiel «Lunch mit Recht», ein Webinar des Leiters unseres Rechtsdienstes, Marc Schwenninger, oder beteiligt sich an Anlässen in den Regionen, wie der ausgezeichneten Allmédia in der Romandie.

Wie ist die Zusammenarbeit mit den anderen Landsteilen?
Ich bin in Milano aufgewachsen und habe schon dort in der Schweizer Schule die Nähe zu den anderen Landesteilen, ihrer Kultur und ihrer Sprache gelernt. Ich kann mich, wie mein Vorgänger Filippo Lombardi auch, in jedem Landesteil in seiner Sprache ausdrücken, ausser es spricht jemand nur romanisch. Mit den Kolleginnen und Kollegen in der Romandie und der italienischsprachigen Schweiz bin ich in permanentem Austausch und sehe, wie sie sich für die Werte von Kommunikation Schweiz engagiert einsetzen. Das macht Freude. Aber es ist klar, in der Deutschschweiz läuft vieles anders als in der Romandie oder der Svizzera Italiana. Das ist gut, c'est la Suisse, è la Svizzera; zu diesen Sprach- und Kulturunterschieden müssen wir Sorge tragen. Sie bringen uns miteinander weiter. Auch die Werbebranche.


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KOMMENTARE

Erich Heini
13.05.2022 15:06 Uhr
Das macht Freude. Da ist einer, der 'Deutschschweiz' nicht mit Schweiz verwechselt. Wie allzu viele. Insbesondere im Grossraum Zürich.
Kommentarfunktion wurde geschlossen

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