18.06.2017

Cannes Lions 2017

Lohnt sich die Reise nach Cannes?

Peter Brönnimann und Livio Dainese bleiben dieses Jahr zuhause. Derweil will Dennis Lück an der Côte einen Aufstand anzetteln. Der amtierende «Werber des Jahres» sagt in der persoenlich.com-Umfrage: «Es geht ums Geld. Und das passt mir gar nicht.»
Cannes Lions 2017: Lohnt sich die Reise nach Cannes?
von Edith Hollenstein

Es ist noch nicht lange her, da haben Werbeagenturen ihre Kunden nach Cannes eingeladen. Seither hat sich vieles verändert. An der Croisette haben sich auch dieses Jahr Media- und Tech-Konzerne ausgebreitet. Das Festival, welches seit Samstag läuft, ist riesig, unübersichtlicher und teuer geworden. 8000 bis 10'000 Franken kostet es eine Agentur, jemanden nach Cannes zu schicken. Und die Kosten können noch viel höher ausfallen, je nach dem, ob auch Unterkunft, Verpflegung und weitere Ausgaben übernommen werden. Trotzdem reisen auch dieses Jahr Tausende nach Südfrankreich an die Werber-Weltmeisterschaft. Warum lohnt sich das? persoenlich.com hat bei Schweizer Kreativen nachgefragt:



Raul Serrat, Kreativchef Serviceplan:

Raul Serrat 400

«Es ist die perfekte Symbiose von Arbeit und Ferien: Anschauen von Arbeiten auf Weltklasseniveau, Entdecken technischer Innovationen oder ganz einfacher Ideen, die man selber gerne gehabt hätte. Das Ganze in Flip-Flops, kurzen Hosen und einem Glas Rosé in der Hand. Was will man mehr?»



Regula Fecker, Rod Kommunikation

Regula Bührer Fecker 400

«Ich bin keine regelmässige Cannesgängerin. Das letzte Mal war ich vor sechs, sieben Jahren in Cannes. Dazwischen bin ich zweimal Mutter geworden und hatte anderes im Kopf. Dieses Jahr gehe ich mal wieder hin – und freu mich extrem drauf, mal wieder ein paar Tage hemmungslos Inputs und Inspiration konsumieren zu dürfen. Ich urteile nachher, ob es sich gelohnt hat.»



Reto Schild, Maxomedia

Reto Schild 400

«Mehr lernen, weniger konsumieren! Das Niveau an der Spitze war noch nie so hoch. 
Neue Technologien eröffnen neue Möglichkeiten – und Werbung gänzlich ohne Technologie ist 2017 nun mal fast undenkbar. Ich lasse mich von den vielen ausgezeichneten Projekten inspirieren. Gelegenheiten zum Netzwerken sollte man auch zum kreativen Austausch als nur zum Sinnieren über alte Zeiten nutzen. Cannes ist nicht nur Award-Show, sondern auch Arbeit – gerade weil man die Perlen finden muss. Auch dieses Jahr lohnt sich der Aufwand. Wo sonst kann man auf höchstem Niveau so viele neue Ansätze und Methoden auf einmal kennenlernen? Nur wer ständig am Ball bleibt, kann auch für die eigenen Kunden immer wieder aufs Neue herausstechende Ideen entwickeln.»



Dennis Lück, Jung von Matt/Limmat

Dennis Lück 400

«Die Reise lohnt sich, wenn man Cannes nicht nur als Rosé-Vernichtungsmaschinerie oder Belohnungs-Tool ansieht. Für mich und für die Agentur ist es die beste Fortbildungsveranstaltung des Jahres. Nirgendwo sonst erhält man Inspiration so verdichtet wie in Cannes. Deshalb fahren wir auch mit einer relativ grossen Delegation von 11 Personen an die Croisette. Es ist also ganz klar eine Bildungsreise. Der zweite Grund, warum ich dieses Jahr unbedingt nach Cannes muss, ist, dass ich mit möglichst vielen Beteiligten und Betroffenen vor Ort darüber sprechen möchte, dass die Schweiz keinen Einsitz mehr in den Jurys hat. Ich hätte verstanden, dass man sagt, wir erhalten nur noch einen Juryplatz. Fair enough. Kein Juryplatz aber ist ein Signal. Und diese Statistik, auf der der Ausschluss beruht, die soll mir mal jemand erklären. Die USA, die Nr. 1 in Cannes, hat in 2016 mit 9702 Einsendungen 174 Löwen gewonnen. Wir in der Schweiz haben letztes Jahr 443 Einsendungen getätigt und 11 Löwen nach Hause gebracht. Achtung, jetzt wird es interessant: Die USA gewinnen also mit jeder 55. Einsendung einen Löwen. Wir in der Schweiz gewinnen sogar mit jeder 40. Einsendung einen. Proportional gesehen sind wir also treffsicherer als die Nr. 1 der Welt. Der Ausschluss kann also nicht auf Einsendequalität beruhen, sondern nur auf Masse. In anderen Worten: Geld. Und das passt mir gar nicht. Wo sind die Ideale geblieben? Ich plane also das Anzetteln eines Aufstands.» 



Livio Dainese, Wirz

Livio_Dainese 400

«Ich musste meinen Trip leider absagen. So auch Fernando Perez und Samuel Christ. Wir haben zu viele, für uns wichtige Projekte im Haus. Das ist eigentlich ja positiv.»



Peter Brönnimann, Publicis

Peter Brönnimann 400

«Wer die internationale Werbewelt das ganze Jahr über mit offenen Augen verfolgt, der kann sich die Reise nach Cannes dieses Jahr sparen. Die grossen Sieger werden wohl (Achtung, Spoiler Alert!) ‹Fearless Girl› (für State Street Global Bank), ‹Graham› (die australische Kampagne für Verkehrssicherheit) und ‹We’re the Superhumans› für Channel 4 sein. Die gesparte Zeit verbringe ich in Zürich mit tollen Briefings, weissen Blättern, einem Stift in der linken Hand und einem gedrückten Daumen in der rechten. Hopp Schwiiz.»


persoenlich.com berichtet laufend über das Cannes-Lions-Festival, welches noch bis am 24. Juni dauert. (eh)

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