22.02.2017

Influencer Marketing

«Influencer übernehmen die Rolle von Testimonials»

Um das junge Zielpublikum zu erreichen, setzen Werber immer stärker auf Stars aus dem Internet. Influencer-Expertin Tanja Mehler von Olympus sagt am Rande der D:Pulse-Konferenz, warum Micro-Influencer für Unternehmen immer wichtiger werden und weshalb Kooperationen mit Bloggern langfristig angegangen werden sollen.
Influencer Marketing: «Influencer übernehmen die Rolle von Testimonials»
Tanja Mehler ist für alle europäischen Marketingaktivitäten der Olympus-Lifestylemarken verantwortlich. Sie setzt dabei stark auf Influencer. Am Mittwoch sprach sie in Zürich an der D:Pulse. (Bild: zVg.)
von Christian Beck

Frau Mehler*, wie wichtig ist Influencer Marketing für eine Firma? Geht es überhaupt noch ohne?
Je nach Branche nimmt das Influencer Marketing mittlerweile einen hohen Stellenwert ein. Das war vor 2,5 Jahren noch anders. 2016 erlebte das Influencer Marketing dann seinen grossen Hype. Viele Unternehmen investieren mittlerweile einen grossen Teil ihres Mediabudgets in Influencer Marketing. Es bleibt spannend, wo die Reise noch hin geht.

Wo ist die Reise – am Anfang oder nahe dem Ende?
Weder noch. Ich denke, es ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Einige sind mittendrin, andere stehen noch am Anfang. Der Höhepunkt ist noch nicht erreicht. Es werden neue Influencer hinzukommen, manche werden verschwinden und vor allem werden und können die Blogger Fees – nicht wie aktuell und in diesem Tempo – weiter steigen.

Wenn der Höhepunkt noch nicht erreicht ist, was kommt da also noch auf uns zu?
Ich denke, Influencer Marketing wird sich als fester Touchpoint und Marketing-Instrument etablieren. Einige Influencer übernehmen die Rolle der bisherigen Testimonials und Celebrities für Marketers. Und auch die Micro-Influencer, also Influencer mit geringer Reichweite, werden für Unternehmen wichtiger werden.

Warum das?
Bei den Influencern mit grosser Reichweite ist es mittlerweile schlicht eine Preisfrage. Zudem entwickelt sich ja der Markt ständig weiter und es kommen neue Influencer dazu. Diese neuen Gesichter sind oft auch sehr motiviert und deshalb interessant. Der Micro-Influencer ist oft näher an seiner Community und kommunziert mit dieser intensiver.

Ich habe auf Facebook 500 Freunde. Reicht das, dass ich als Micro-Influencer infrage komme?
(lacht) Facebook allein ist für uns nicht entscheidend. Wir bewerten alle Kanäle eines Influencers. Besonders Instagram, da hier das Bild im Vordergrund steht und wir schnell erkennen, ob die Bildsprache zu uns passt. Aber auch sehr wichtig ist der Blog des Influencers, wie auch seine anderen Kanäle wie Pinterest oder Snapchat. Das Gesamtportfolio des Bloggers muss zu uns passen und bildet die Kooperationsgrundlage.

Kommen wir zu Ihrem Unternehmen: Wie stark setzen Sie bei Olympus auf Influencer?
Bei der Neupositionierung unserer Marke «Olympus PEN» haben wir uns vor 2,5 Jahren dazu entschieden, mit Influencern und ganz konkret mit Fashion-Bloggern zu kooperieren. Wir haben eine Community, die sogenannte «PEN Generation», ins Leben gerufen. Diese Community aus fashion-, lifestyle- und fotografiebegeisterten Frauen wächst seitdem kontinuierlich. Sie ist das Kernstück unserer Markenstrategie.

Impressionen von einem Olympus-Influencer-Workshop im Herbst 2016 in Griechenland – 50 Blogger aus ganz Europa wurden dazu eingeladen. (Bilder: Olympus)


Das scheint bei Fotokameras zu funktionieren. Aber gibt es auch Branchen, die sich nicht für Influencer Marketing eignen?
Es eignen sich nahezu alle Branchen. Bei Hygiene- oder Haushaltsmitteln würde ich allerdings eher andere Wege in Betracht ziehen (lacht).

Was macht eigentlich einen guten Influencer aus?
Ein «guter Influencer» liebt das Produkt, ist begeistert und freut sich auf die Projekte und die Zusammenarbeit. Die Chemie und die Erwartungen zwischen Influencer, Unternehmen und Marke müssen stimmen. Ich würde ausserdem immer darauf achten, dass die Follower des Influencers mit der Zielgruppe übereinstimmen und der Influencer seiner Community nah und in permanenter Interaktion mit ihnen ist.

Und wie setzt ein Influencer das Produkt dann am besten in Szene?
Natürlich und authentisch. Er muss hinter dem Produkt stehen, begeistert sein und es in sein tägliches Leben miteinbeziehen.

Es gibt aber auch schlechte Beispiele. Wie sollte ein Influencer nicht vorgehen?
Influencer sollten darauf achten, dass Marke und Produkt zum eigenen Stil passen und auch wählerischer bei den Kooperationen sein. Das ist nicht immer der Fall.

Geben eigentlich Firmen dem Influencer auch Feedbacks oder gar Kurse?
Ich hoffe doch und kann es jedem Unternehmen nur empfehlen. Produktdetails, die Philosophie und der Lifestyle der Marke würde ich als Markenverantwortlicher immer vermitteln. Somit kann sich der Influencer auch mit dem Brand identifizieren. Ist das Produkt im Gebrauch, so wie unsere «Olympus PEN»-Kameras, dann sind Workshops unerlässlich. Das wünschen sich die Influencer aber auch, denn auch sie wollen guten Content produzieren.

Gibt guter Content auch gutes Geld, sprich: Kann ein Influencer davon leben – oder ist es nur ein Zustupf?
Natürlich, es gibt zahlreiche Influencer, die von ihrer Arbeit leben können. Für das Gros ist es jedoch ein «Zustupf».

MehlerStage
Tanja Mehler (2.v.r.) auf der Center-Stage an der D:Pulse. (Bild: Christian Beck)


Verraten Sie uns: Wo finden Marketer die Influencer von morgen?
Immer die Augen aufhalten, recherchieren und den «Influencer-Markt» beobachten und dann auswählen, wer am besten zur Marke und zum Produkt passt. Vielleicht auch den Micro-Influencern die Chance geben und gemeinsam wachsen.

Apropos «wachsen», ist der Erfolg durch Influencer Marketing überhaupt messbar?
Zahlreiche KPIs machen den Erfolg messbar. Bei jeder Kampagne sollten die Ziele und KPIs definiert werden, wie beispielsweise: Welche Reichweite möchte ich erzielen, wie viele Likes, Comments und Interactions erwarte ich oder aber auch welche Sales-Ziele habe ich mir gesetzt. Schwieriger wird es bei Image- und Brand Awareness-Kampagnen, aber das ist bei klassischen Marketing-Massnahmen ähnlich. Diese Werte entwickeln sich deutlich langsamer, deshalb lohnt es sich, die Kooperationen auch längerfristig anzugehen.


* Tanja Mehler ist Marketing Manager Europa Lifestyle Brands bei Olympus in Hamburg. Sie baute dort unter anderem das Influencer Marketing für «Olympus PEN» auf. Die Community besteht mittlerweile aus zirca 100 Influencern europaweit. Mehler wurde zur Digital-Marketing-Veranstaltung D:Pulse in Zürich als Podiums-Teilnehmerin geladen.



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Kommentare

  • Simon MOtschnig, 24.02.2017 14:11 Uhr
    Das ist genau der Unterschied zwischen guten und schlechten Influencern! Die einen sind authentisch zeigen die Produkte die Sie bekommen im Täglichen Einsatz. Und haben ihr eigene Meinung zu den Produkten. Die erzählen was gut aber auch was schlecht an einem Produkt ist. Und dann gibt’s die anderen die alles machen. Hauptsächlich einfach Berge von Produkten posten und schlecht in die Kamera halten. Das auch noch in grausamer Fotoqualität. Hier sollte es vermehrt Aufgabe der Unternehmen sein sich schlau zum machen welcher Influencer „ehrlich“ ist und wirklich gut passt. Hier finde ich besteht dringender Nachholbedarf bei 90 % der Unternehmen! Wenn das der Fall ist ein Unternehmen sich mit Zahlen und analytics von Social Media Kanälen beschäftigt dann ist es auch ein Vorteil. Ein sehr großer sogar!
  • Parvez Sheik Fareed, 23.02.2017 10:27 Uhr
    Und wieder ein Trend, dem viele wie Lemminge hinterher watscheln. Ob man die bloggenden Hipsters und Instagram Fashionistas nun Influencers, Testimonials oder wie auch immer nennt, ändert nichts an der Tatsache, dass sie bezahlt sind, um das Produkt anzupreisen. Und das tun sie in der Regel gänzlich schlecht. Im Zentrum steht ja der Influencer der in „lässiger“ Pose was „lässiges“ macht und irgendwo ist noch das Produkt zu sehen. Gefolgt von der obligaten sinnlosen Hashtag Orgie, mit einem Hinweis auf den Brand, aber wer liest das schon. „If your advertising goes unnoticed, everything else is academic“, sagte bereits Bill Bernbach. Influencer Marketing ist das beste Rezept, um ungesehen in Erscheinung zu treten. Und wenn Impact und Reach verglichen mit den Massenmedien im Promillebereich liegen, dann muss man sich als Unternehmen ernsthaft fragen, was der ökonomische Vorteil solcher trivialer „Marketing“ Aktivitäten ist.
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