24.03.2016

SBB

SBB freuen sich über viel Kritik

In einer neuen Kampagne können Kunden ihren Frust über die Schweizerischen Bundesbahnen loswerden. Sie klagen über die Preise und mangelnde Sauberkeit. Die SBB wollen sich die Kritik zu Herzen nehmen, billiger werden Zugtickets trotzdem nicht.
SBB: SBB freuen sich über viel Kritik
von Lucienne Vaudan

Am Montag startete unter grosser medialer Beachtung die neue SBB-Kampagne. Zum Auftakt konnten Kundinnen und Kunden während sieben Stunden im Zürcher Hauptbahnhof und in Genf ihren Frust über die Bundesbahnen direkt in die Kamera sprechen. Zeitgleich können SBB-Nutzer auch online ihre Kritik loswerden und Punkte wie Preis, Pünktlichkeit und Sauberkeit mittels eines Sterne-Systems bewerten.

Ziel der Kampagne sei es, die SBB noch besser zu machen, sagt Jan-Hendrik Völker-Albert, Marketing-Verantwortlicher der SBB, gegenüber persoenlich.com. «Das Programm ist insgesamt auf drei Jahre ausgelegt. Wir werden uns alle Kundenrückmeldungen anschauen und darauf eingehen.»

Und die Leute haben etwas zu sagen: Innert drei Tagen gaben laut SBB-Medienmitteilung 29'300 Kundinnen und Kunden ihre Meinung ab. Sie haben die SBB zu den verschiedenen Themen bewertet und bis Mittwochmittag insgesamt 68'000 Stimmen abgegeben.

Die Kritikpunkte, die an den beiden Ständen in Zürich und Genf am häufigsten angesprochen wurden, betreffen die Sauberkeit in den Zügen, die Preise und die Pünktlichkeit. Ein ausländischer Tourist sagte etwa, er habe beinahe begonnen zu weinen, als er den Preis für sein Zugticket nach Zermatt bezahlen musste. Und eine ältere Dame regte an, anstatt in «idiotische» Toilette-Tapeten zu investieren, solle man doch mehr Putzpersonal einstellen.

Zweifellos ein mutiger Schritt, die wunden Punkte des Unternehmens so transparent offen zu legen. Aber was bringt die Kampagne dem Kunden schlussendlich? Neu sind diese Kritikpunkte schliesslich nicht. «Langfristige Themen wie beispielsweise Fahrplanoptimierungen brauchen Zeit. Kurzfristige Kritikpunkte versuchen wir möglichst rasch zu verbessern. Zum Beispiel arbeiten wir gerade an einer weiterentwickelten Mobile-App», sagt Völker-Albert.

Die meisten Kunden fordern in ihren Rückmeldungen jedoch keine bessere App, sondern billigere Tarife, saubere Zugtoiletten oder die Rückkehr des alten GA’s. Die Preise werden aber definitiv nicht sinken, bestätigt Völker-Albert: «Aber, wir versuchen Preiserhöhungen zu vermeiden und gleichzeitig Angebot und Leistung zu verbessern. Es soll also mehr fürs Geld geben.»

Bundesrats-Ziele nur teilweise erfüllt

Aber nicht nur die Kunden äussern Kritik, sondern auch das Eidgenössische Verkehrsdepartement. Wie das UVEK am Mittwoch mitteilte, haben die SBB die Ziele des Bundesrats letztes Jahr nur teilweise erfüllt. Sorgen bereiten der Regierung laut sda unter anderem die hohen Schulden der SBB, die Infrastrukturkosten und der Güterverkehr.

Die Nettoverschuldung der SBB stieg letztes Jahr um über eine halbe Milliarde auf rund 8,2 Milliarden an – die Verschuldung darf laut Bundesrat höchstens das 6,5-fache des Betriebsergebnisses vor Abschreibungen betragen.

Auch bei der Infrastruktur waren zusätzliche Unterhaltsarbeiten nötig, was die Kosten in die Höhe trieb und SBB Cargo rutschte nach zwei Jahren wieder in die roten Zahlen.

Haben die SBB also ganz andere Sorgen, also saubere Zugtoiletten? «Man muss zwischen den Zielen des Eigners, also des Bundesrates und den Kundenbedürfnissen unterscheiden. Von 2014 auf 2015 konnten wir die Kundenzufriedenheit um 0,5 Prozent verbessern, nun liegt sie bei 74,8 Indexpunkten.»

Das sieht auch der Bundesrat so. Punkto Sicherheit, Kundenzufriedenheit und Pünktlichkeit haben die SBB «auf hohem Niveau leicht zugenommen», wie das UVEK bekanntgab. Und daran wollen die SBB anknüpfen, wie Völker-Albert sagt: «Nächstes Jahr wollen wir 75,5 Indexpunkte erreichen. Das ist die Währung, die für diese Kampagne relevant ist.»

Verantwortlich bei SBB: Jan-Hendrik Völker-Albert (Leiter Strategie, Marketing und Nachhaltigkeit), Myriam Siksou (Leiterin Marketing Konzern), Sarah Stiefel (Leiterin digitale Kommunikation), Marco Serratore (Teamleiter Beratung Marketing-Kommunikation Fernverkehr); verantwortlich bei Amazee Labs AG: Dagmar Muth (Project Managerin, Partnerin); verantwortlich bei Webrepublic AG: Joel Meier (Senior Consultant Display Advertising); verantwortlich bei Liferox GmbH: Eileen Schuch (Founder & CEO); Konzept: Rod Kommunikation; TV-Spot, Produktion: stories AG, Ben Strebel (Regie), Filip Zumbrunn (DP); Musik: Spacetrain; Fotografie: Jonathan Heyer; Bildbearbeitung: Pixelpolish, Stephan Riederer.

Bild: zVg.

 

 

 

 

 



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