von Edith Hollenstein
Die Reaktion seitens Schweizer Presserats fällt harsch aus. Geschäftsführerin Ursina Wey spricht auf Anfrage von einem «nicht nachvollziehbaren und bedenklichen Entscheid». Er habe fatale Konsequenzen. Wenn der Presserat ohne das Geld des VSM auskommen müsse (persoenlich.com berichtete), drohe eine gefährliche finanzielle Schieflage.
VSM bezahlte 36'000 Franken
Die Stiftung Presserat hat laut Angaben von Wey ein Jahresbudget von 250'000 Franken, wobei unter anderen Impressum, SSM und Syndicom, sowie die Konferenz der Chefredaktoren und die SRG finanzielle Beiträge leisten. Der VSM zahlte bis anhin jährlich 36'000 Franken.
Wey beklagt aber nicht nur die finanziellen Folgen, sondern auch deren Signalwirkung. Der Entscheid des VSM schwäche die Glaubwürdigkeit der Medien. Er sei ein Affront gegenüber den qualitätsbewussten Journalisten und Medienkonsumenten. «Dem Verband ist Medienqualität also keinen Rappen mehr wert», sagt Wey.
Viel weniger Geld zur Verfügung
Andreas Häuptli vom VSM bedauert den Schritt, er sei aber nötig. «Mit dem Ziel, den Mitgliedern alle Dienstleistungen weiter anbieten zu können, haben wir uns für die Reduktion der externen Engagements entschieden. Kosteneinsparung in der genannten Grössenordnung hätten nur noch über Personalabbau erreicht werden können, was aber einen Leistungsabbau nach sich gezogen hätte», so seine Begründung auf Anfrage von persoenlich.com.
Weil nun weder Ringier noch Axel Springer Mitgliederbeiträge entrichten, entgeht dem Verband ein «sechsstelliger Betrag», erklärt Häuptli.
Marketingchef gestrichen
Daher sieht sich der VSM-Geschäftsführer gezwungen, den Rotstift radikal anzusetzen. «Wir mussten das Budget grundlegend überarbeiten. Das heisst: administrative Abläufe vereinfachen, Mandate externer Spezialisten auf ein Minimum reduzieren und allerlei kleinere Budgetposten hinterfragen, bewerten, neu verhandeln oder eliminieren», erklärt Häuptli. «Zudem haben wir die Stelle des Marketingleiters, meine frühere Position, gestrichen».
Laut Häuptli wird muss der VSM künftig auch die Zahlungen an die Schweizer Lauterkeitskommission einstellen, ebenso diejenigen an die Stiftung Werbestatistik Schweiz.
Ringier und Axel Springer zahlen
Hier zeigt sich: Wenn der Verlegerverband spart, hat das weitreichende Konsequenzen. Der Presserat ist finanziell nicht auf Rosen gebettet. Deshalb bittet Wey im Namen des Stiftungsrats des Schweizer Presserats den VSM auf seinen Entscheid zurückzukommen.
Dies dürfte ein unerfüllter Wunsch bleiben. Der Presserat wird künftig das Geld bei allen Verlagen separat einfordern müssen. Zum existentiellen Problem dürfte das in diesem Jahr jedoch noch nicht werden. Denn wie persoenlich.com weiss, haben Ringier und Axel Springer für 2016 eine Zahlung von je 15'000 Franken zugesichert – sie zahlen separat, weil sie seit dem Streit um die Vermarktungsallianz Admeira aus dem VSM ausgetreten sind.
Ihre 30'000 Franken stopfen jetzt das Loch, welches durch den Rückzug des VSM entstanden ist.
Kommentare
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Elvira Gugger, 26.08.2016 09:26 Uhr
Ist doch immer dasselbe. Zuerst sagen unsere Rechtskonservativen, Medienqualität könne marktwirtschaftlich und ohne Staat geregelt werden und in einem zweiten Schritt streichen sie dann das Geld, das es braucht, um ebendiese Qualität zu erhalten. Ich finde das heuchlerisch und werde das als Kunde beim Kaufentscheid mitberücksichtigen.