30.04.2017

Tamedia

«Die Grenzen des Erträglichen sind überschritten»

NZZ-Medienredaktor Rainer Stadler kritisiert in seiner aktuellen Kolumne die Design-Ausgabe der Pendlerzeitung «20 Minuten».
Tamedia: «Die Grenzen des Erträglichen sind überschritten»
Der NZZ-Medienjournalist Rainer Stadler. Bild: (zVg.)

Zum Verkaufsstart des neuen Samsung-Smartphones hat dessen Produzent zusammen mit einer Zürcher Agentur und Luzerner Designern der Freitagsausgabe von «20 Minuten» eine neue Aufmachung verpasst (persoenlich.com berichtete). Doch die vielen bunten Farbkleckse verteilt über die Berichte in der ganzen Zeitung kamen nicht bei allen Lesern gut an – es hagelte Kritik. Daraufhin entschuldigte sich die Pendlerzeitung bei ihren Lesern (persoenlich.com berichtete).

Auch der langjährige NZZ-Medienredaktor Rainer Stadler kritisiert in seiner aktuellen Kolumne «In Medias Ras» das Vorgehen der Gratiszeitung. Wegen der starken bläulichen Farbflecken seien zwei Artikel gar nicht mehr lesbar. «Da wird Information definitiv zur Nebensache», schreibt Stadler. «Ohnehin dürfte sich für den durchschnittlichen Leser, der nicht im fröhlichen Milieu der Kreativindustrie und von deren Bildungsstätten sozialisiert worden ist, der tiefere Sinn solcher Pinselstriche kaum erschliessen. Diese dokumentieren vielmehr die Abgehobenheit der kommerziellen Ästheten.»

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Der Presserat wie auch die Zeitungsverleger hätten immer wieder festgehalten, die Medien müssten Werbung und Redaktionelles so auseinanderhalten, dass der Unterschied fürs Publikum klar erkennbar sei, schreibt Stadler weiter. Wenn aber wie bei «20 Minuten» vom Freitag «ein Medienorgan im Auftrag eines Werbekunden seinen redaktionellen Auftritt kurzfristig verändert, die Titelgeschichte dem thematischen Feld des beworbenen Produkts anpasst und die Leserschaft auf jeder Seite mit Farbklecksen an den bestimmt grosszügig zahlenden Werbeauftraggeber erinnert, sind die Grenzen des Erträglichen überschritten». Ein solches Verhalten wecke unweigerlich den Anschein der allgemeinen Käuflichkeit. «‹20 Minuten›» verkauft den Journalismus.» (lom)



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