04.05.2016

Tag der Pressefreiheit

Gefahren für das A und O des Journalismus

Die SRG und der Verband Schweizer Medien luden zum internationalen Tag der Pressefreiheit zu einer Tagung ein. Journalisten aus der Deutsch- und der Westschweiz sprachen von ihren Erfahrungen damit in der Schweiz.
Tag der Pressefreiheit: Gefahren für das A und O des Journalismus
von Sonja Gambon

Für eine journalistische Recherche ohne Fesseln – so lautete der Titel der Veranstaltung, die am Dienstag in Bern stattfand. Wie steht es um die Pressefreiheit in der Schweiz? Wo sind die Journalisten gebunden? Wie steht es um freie Recherche? Diese Fragen sollten im Verlauf des Tages besprochen werden.

Den Anfang machen nach einer Begrüssung von Alessandra Zumthor, Direktorin des Giornale del Popolo und einzige italienischsprachige Vertretung, die beiden Köpfe der Veranstaltung: Der Direktor der SRG, Roger de Weck, und der Präsident des Verbandes Schweizer Medien, Hanspeter Lebrument.

Die beiden diskutieren die Frage, ob journalistische Recherche denn noch notwendig sei. In diesem Punkt sind sich die beiden einig: «Unbedingt. Die Recherche ist das A und O des Journalismus», so de Weck. Und Lebrument fügt hinzu: «Sie ist sehr notwendig.» Das habe er selbst erfahren, denn er habe die Recherche in Graubünden eingeführt, so der Somedia-Verleger.

Der SRG-Direktor zeigt aber Besorgnis, dass Qualitätsjournalismus immer schwieriger wird. Auch diese Haltung teilt Lebrument, kann es sich aber nicht verkneifen, folgendes anzumerken: «Wo wir unsere unterschiedlichen Auffassungen haben, wissen wir» – die natürlich für Schmunzler im Saal sorgt. Der Verleger stört sich aber an der zunehmenden Professionalität der Medienabteilungen seitens der Unternehmen. Denn diese seien meist mit Kennern der Medienbranche besetzt, die genau wüssten, wie mit Journalisten zu reden sei. Daher sei es, trotz all der positiven Entwicklungen, schwieriger geworden, an die richtigen Informationen zu gelangen.

«Rechtsabteilungen sind nicht zu finanzieren»

Wie es denn um juristische Fesseln stehe, will Zumthor wissen. Von diesen habe es früher viel mehr gegeben, wendet der Verleger ein. Die Einführung des Presserates 1982 habe da viel gebracht. Dennoch sei er dagegen, dass kleinere und mittlere Verlage eine eigene Rechtsabteilung besässen. «Meiner Meinung nach ist das nicht zu finanzieren. Denn dann werden die Zeitungen langweilig.»

Das sieht bei der SRG natürlich anders aus. Neben der Freiheit gegenüber dem Staat gäbe es auch die Freiheit gegenüber Wirtschaft und Politik, und diese würde durch Aussagen wie denjenigen von Herrn Mörgeli, Herr Blocher oder Herr Somm angegriffen. Daneben gebe es auch noch die Freiheit gegenüber der eigenen Beziehungen und nicht zuletzt gegenüber dem Zeitgeist. «Der Journalist sollte die Themen setzen und sie nicht vorsetzen lassen», so das Schlusswort des SRG-Direktors.

Transparenz als Zeitgeist

Im Anschluss daran hatten verschiedene Vertreter die Möglichkeit, sich zu ihren Erkenntnissen im Bezug auf Transparenz in der Schweiz zu äussern. Martin Hilti, Geschäftsführer von Transparency Schweiz, zeigte in einer Präsentation auf, dass sich eine Tendenz hin zu einer transparenten Gesellschaft entwickelt, ja, dass Transparenz schon fast ein Zeitgeist darstelle. Da müsse man wiederum herausfinden, wo hier die Grenzen lägen – in Bezug auf einen Imperativ der Transparenz, die wiederum schaden kann.

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Isabelle Ducret hat sich für das Öffentlichkeitsgesetz engagiert und zeigt auf, wo überall Grauzonen sind: Die Finanzierung verschiedener Lehrstühle an den Universitäten, die Subventionierung in der Agrarwirtschaft, und auch die Spender der Westschweizer Lotterie. Da könne aber durch politische und juristische Wege vorgegangen werden – und müsse wohl auch.

Jean-Philippe Ceppi erzählte als Mitglied von investigativ.ch etwas über die verdeckte Recherche. Und machte vor allem darauf aufmerksam, wie wichtig Beweise, meist durch versteckte Kameras und andere Hilfsutensilien, erfasst sind. Dies sei aber in der Schweiz ein Problem, da der Personenschutz es nicht erlaube, Menschen ohne ihre Erlaubnis zu filmen oder fotografieren. Dies sei ein grosses Hindernis für die investigative, verdeckte Recherche.

Im letzten Teil des Vormittags wurden verschiedene Journalisten zur Diskussion auf die Bühne gebeten: Gérard Tschopp, Präsident von Reporter ohne Grenzen diskutierte mit Alex Baur von der «Weltwoche», Christian Brönnimann vom Recherchedesk der Tamedia, Michel Guillaume von «L’Hebdo» und Ludovic Rocchi des RTS.

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Dabei kristallisierte sich vor allem eine gemeinsame Erfahrung heraus: Trotz des Öffentlichkeitsgesetzes sei es heute schwieriger als früher, an Informationen zu kommen. Oft sei die Herausgabe der Informationen mit hohen Gebühren im vierstelligen Bereich verbunden. Dies sei wohl eine gezielte Strategie, so Brönnimann.

Dass Geld eine grosse Rolle in der Recherche spielt, gab auch Stephanie Vonarburg von der Gewerkschaft Syndicom als Publikumsstimme zu bedenken und bekam Unterstützung des RTS-Redaktors Rocchi, der zugab: «Hier unter Kollegen kann man schon sagen, dass wir die besseren Bedingungen haben als die privaten Medien.»

Bilder: zVg./sg



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