09.09.2014

Stifterverein Medienqualität Schweiz

"Ich bin kein Medienethiker, habe aber stets einen Qualitätsanspruch vertreten"

Andreas Durisch, Ex-Chefredaktor der "SonntagsZeitung" und seit Kurzem Chef der Kommunikationsagentur Dynamics, ist Gründungsmitglied des neuen "Stiftervereins Medienqualität Schweiz". Dieser will eine Stiftung errichten, welche die Medien bewertet und ein Rating erstellt. Im Interview mit persoenlich.com erklärt Durisch, weshalb es gerade jetzt eine weitere Qualitätsinitiative braucht. Und er wehrt sich dagegen, dass er früher des "Midrisk-Journalismus" bezichtigt wurde.
Stifterverein Medienqualität Schweiz: "Ich bin kein Medienethiker, habe aber stets einen Qualitätsanspruch vertreten"

Herr Durisch, Sie amtieren als Chef der Dynamics Group, sind ein gern gesehener Gast an Podien und haben jetzt noch den Stifterverein "Medienqualität Schweiz" gegründet (persoenlich.com berichtete). Auf welcher dieser Hochzeiten tanzen Sie derzeit am liebsten?

Am liebsten tanze ich auf dem Parkett! Medienqualität erachte ich als eminent wichtiges Thema und die Diskussion darüber ist extrem spannend. Und dass ich vier Jahre nach meinem Wechsel in die Kommunikationsbranche zum Managing Partner gewählt worden bin, freut mich. Es ist ein Kompliment und eine schöne Aufgabe, die Dynamics Group auf Erfolgskurs zu halten. 

Was tut sich bei der Dynamics Group?
Wir haben gerade eine strategische Partnerschaft mit der neu gegründeten Firma Crosswalk abgeschlossen. Damit können wir das für unsere Klienten hochaktuelle Thema "digitale Transformation" bei uns auf strategischer Beratungsebene abdecken.

Digitale Transformation betrifft auch die Medienbranche. Ist das Ihre Rolle beim Projekt Medienqualität?
Nein. Zuerst muss ich klarstellen, dass ich mich bei diesem Projekt aus persönlichem Interesse und unabhängig von meinen Aufgaben bei der Dynamics Group engagiere. Als ehemaliger Journalist und Medienexperte werde ich oft auf die Qualität der Medien angesprochen. So ist die Projektidee entstanden. Vom Start weg war mir klar, dass die Analyse auf drei Ebenen erfolgen muss: die Qualität der Strukturen und der Prozesse der Medienunternehmen, die Qualität der Publizistik und die Qualitätswahrnehmung bei zentralen Stakeholdern und beim breiten Publikum.

Das Resultat des Qualitätsratings ist doch absehbar: Verlage sind in der Krise, die Qualität sinkt deshalb. Braucht es tatsächlich eine weitere Untersuchung, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen?
Ja. Gerade in Zeiten des Umbruchs ist diese Debatte zentral, weil die Digitalisierung die Medienqualität auf verschiedenen Ebenen beeinträchtigt. Journalisten sind zwar kritische Beobachter, aber beobachten sich selbst nur sporadisch und oftmals aus einem Standpunkt eigener Betroffenheit. Es braucht deshalb eine unabhängige Instanz, die systematisch die Medienqualität beobachtet und bewertet und damit wichtige Inputs liefert.

Sie haben den Begriff des "Midrisk-Journalismus" geprägt und wurden dafür heftig kritisiert. Was gab den Ausschlag, dass Sie nun plötzlich zum Medienethiker geworden sind?
Ich wurde des "Midrisk-Journalismus" bezichtigt, wie im Rückblick festzustellen ist zu Unrecht. Dass mir ehemalige Kollegen, die es besser wissen müssten, noch immer dieses Etikett anhängen, ist falsch. Ich bin kein Medienethiker, habe aber stets einen Qualitätsanspruch vertreten.

Die Eidgenössische Medienkommission (EMEK) will eine unabhängige Stiftung gründen, die den Medienwandel begleiten und die Schweizer Medienlandschaft "retten" soll. Inwiefern steht Ihr Projekt damit in Zusammenhang?
Es gibt keinen Zusammenhang, abgesehen von der zeitlichen Koinzidenz der Veröffentlichung.

Aber da könnte sich doch eine Verbindung ergeben?
Eine direkte Verbindung sehe ich nicht, wir sind privat organisiert. Ich hoffe jedoch stark, dass sich die Verleger an unserer Qualitätsinitiative beteiligen. Es wäre ein Zeichen, dass sie die Qualitätsansprüche der interessierten Öffentlichkeit im Sinne des Service Public ernst nehmen, trotz veränderter Geschäftsmodelle.

Was ist der wichtigste Unterschied Ihres Ratings zum Jahrbuch des fög?
Die Projekte sind komplementär, sie werden in enger Abstimmung zueinander entwickelt. Das Qualitätsrating untersucht in Ergänzung zum Jahrbuch auch die zwei Ebenen "Qualitätssicherungsprozesse" und "Qualitätswahrnehmung". Zudem steht bei unserem Rating die Bewertung der einzelnen Medientitel im Zentrum. Während das Jahrbuch des fög vor allem auf die langfristige Untersuchung von Medientypen und ganzen Mediengattungen abstellt.

Der Sitz des neuen Stiftervereins MQS ist in Ihrer Beratungsagentur Dynamics Group. Gibt das nicht ein Glaubwürdigkeitsproblem?
Nein. Relevant wird der Sitz der Stiftung, die wir noch gründen müssen. Ich leiste in diesem Projekt viel Koordinationsarbeit, weshalb Dynamics Group aus praktischen Gründen die Adresse des Stiftervereins ist.

Sie suchen derzeit gemeinnützige Institutionen, Unternehmungen und private Sponsoren, die die Gründung der Stiftung ermöglichen. Haben Sie bereits Partner gefunden und können uns erste Namen verraten?
Noch nicht. Aber die Ankündigung gestern hat bereits neue Mitglieder für den Stifterverein motiviert, und es sind schon erste Absichtserklärungen eingetroffen.

Wie gehen Sie vor, um weitere Mitglieder zu finden?
Trommeln und überzeugen, dass wir punkto Medienqualität etwas bewegen können. Vereint mit Sylvia Egli-von Matt, Bruno Gehrig und Markus Notter gehen wir nun auf Mitgliederakquisition.

Fragen: Seraina Etter



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