17.08.2016

Neue Zürcher Zeitung

«Innovation ist nach wie vor auch im Print möglich»

Die NZZ-Gruppe kann im ersten Halbjahr 2016 einen Gewinn verbuchen. CEO Veit Dengler spricht im Interview über die drei strategischen Entwicklungsfelder des Medienhauses, NZZ.at und die «Basler Zeitung».
Neue Zürcher Zeitung: «Innovation ist nach wie vor auch im Print möglich»
Seit drei Jahren NZZ-CEO: Veit Dengler. (Bild: zVg.)
von Matthias Ackeret

Herr Dengler, die NZZ-Gruppe hat das Betriebsergebnis (EBIT) im ersten Halbjahr auf 14,5 Millionen Franken gesteigert. Ist dies nur auf die Schliessung der Druckerei zurückzuführen?
Die Schliessung des Druckzentrums in Schlieren hat uns auf jeden Fall geholfen, unsere Kosten deutlich zu senken. Wir haben uns damit auch aus einem Bereich zurückgezogen, den wir nicht mehr zu unserem Kerngeschäft zählen.

Seit 2014 verfolgen Sie eine Strategie, die den Fokus auf Publizistik legt. Was verstehen Sie darunter?
Darunter verstehen wir einerseits unsere NZZ-Medien und unsere Regionalmedien. Dazu zählen wir aber auch unseren dritten Geschäftsbereich, die sogenannten Business Medien, also Veranstaltungen wie das Swiss Economic Forum, Informationsdienste wie Architonic und unsere Fachmedien. Das Geschäftsmodell ist in all diesen Bereichen ähnlich. Im Zentrum stehen qualitativ hochwertige Informationen. Wir wissen, wie man diese erstellt und im Leser- wie im Werbemarkt richtig vermarktet. Der Lesermarkt, die Business Medien und der digitale Werbemarkt sind unsere strategischen Entwicklungsfelder. Genau in diesen Feldern gelingt es uns zunehmend zu wachsen. Sie machen bereits den grösseren Teil unserer Erträge aus. Das ist sehr erfreulich.

Wie ist die Entwicklung bei Ihren Printprodukten?
Entscheidend ist für uns nicht die Frage, ob ein Produkt gedruckt oder digital ist. Entscheidend sind die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden, von denen die allermeisten unsere Inhalte sowohl im Print als auch digital lesen. Im Unterschied zu vielen Mitbewerbern gelingt es uns, im Lesermarkt zu wachsen und die Anzahl der zahlenden Kunden über bessere und auch neue Produkte zu steigern. Interessant ist dabei, dass Produktinnovation nach wie vor auch im Print möglich ist. Das zeigt beispielsweise unser Magazin «NZZ Geschichte», das alle Erwartungen übertroffen hat.

Der Werbemarkt gilt als unsicher. Inwieweit können die Ausfälle im Print durch das Online wettgemacht werden?
Der Printwerbemarkt ist strukturell rückläufig. Wir rechnen damit, dass sich dieser Trend fortsetzt. Der digitale Werbemarkt steigt, kann die Rückgänge im Print aber bei Weitem nicht kompensieren. Deshalb sind unsere Wachstumsinitiativen im Lesermarkt und bei den Business Medien wichtig.

NZZ.at gilt als Ihr Lieblingsprojekt. Wie sieht die Entwicklung dort aus?
Ich liebe alle unsere Produkte. Wir sind mit NZZ.at noch keine zwei Jahre am Markt. Die anfangs sehr ambitioniert gesteckten Erwartungen hat das Produkt nicht erfüllt. Klar ist aber, dass wir für unsere aufwändige Art der Publizistik den gesamten deutschen Sprachraum im Auge haben müssen. Die Schweiz ist ein zu kleiner Markt. Denken Sie nur an unsere 40 eigenen NZZ-Korrespondenten, die wir weltweit im Einsatz haben. Welches andere Medium leistet sich das heute? Das macht die Marke NZZ aus und diese Perspektiven interessieren auch in Österreich und Deutschland.

Haben sie sich für NZZ.at eine Frist gesetzt, bis es rentieren muss?
Im Herbst werden wir NZZ.at technisch komplett auf unsere Systeme in Zürich migriert haben und das Marketing von hier aus steuern. Diese Professionalisierung im Hintergrund wird dem Produkt weiteren Schub geben. Ausserdem werden wir dem NZZ.at-Leser ab Herbst mehr internationale Themen bieten können. Medien sind Gewohnheitsprodukte. Sie etablieren sich nicht über Nacht.

Vor einem Jahr wurde die Gründung von Admeira bekannt. Spüren Sie bereits Auswirkungen im Medienmarkt?
Dafür ist es noch zu früh.

Wie beurteilen Sie momentan das Klima unter den Verlagshäusern?
Das Klima ist deutlich besser als dies in vielen Medien dargestellt wird.

Ein begehrtes Produkt ist die «Basler Zeitung». Hat die NZZ auch Interesse daran?
Wir führen laufend Gespräche mit anderen Verlagen. Über solche Gespräche reden wir aber nicht öffentlich.

Haben Sie mit Christoph Blocher Gespräche über eine Zusammenarbeit geführt?
Nein.

Sie sind nun genau drei Jahre in der Schweiz. Wie ist Ihre Bilanz?
Ich wohne schon seit vier Jahren in der Schweiz und bin seit drei Jahren bei der NZZ-Mediengruppe. Ich fühle mich sehr wohl hier.

Man munkelt hierzulande immer wieder, dass Sie in die österreichische Politik wollen. Wie realistisch ist dies?
Ich will die Transformation der NZZ-Mediengruppe weiterführen. Die Halbjahresergebnisse zeigen, dass wir auf gutem Weg sind. Es braucht aber noch viel Zeit und Arbeit.

Sie wollen ständig neue Produkte und Innovationen auf den Markt bringen. Was planen Sie als neustes?
Im Mai haben wir die neue NZZ-E-Paper-App lanciert, die nun auch für das Smartphone optimiert ist. Zudem haben wir in den letzten Monaten Facebook Instant Articles aktiviert und Google AMP eingeführt. Mit Unterstützung der Google Digital News Initiative (DNI) arbeiten wir derzeit an einer neuen App. Im September lancieren wir NZZ Bellevue, das erste Lifestyle-Portal eines Schweizer Medienhauses. Auch im Bereich Business Medien haben wir einige Innovationsprojekte auf Schiene gebracht.



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Kommentare

  • Rudolf Pospischil, 21.08.2016 09:17 Uhr
    Ich kann mir nicht vorstellen, dass nzz.at noch je ein Erfolg wird. In meinem (relativ großen) Wiener Bekanntenkreis wird es von niemandem gelesen. nzz.at wird nirgends zitiert, und es wird nicht darüber gesprochen. Wienerisch würde man sagen: Es wird nicht einmal ignoriert. Eine Erfolgsgeschichte hört sich anders an.
  • Johann Mühlberger, 20.08.2016 17:40 Uhr
    nzz.at ist und bleibt ein Flopp. Ein Medium, das von niemandem zitiert wird und über das niemand spricht, wird auch niemand lesen.
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