07.03.2017

Il Caffè

Strafbefehl gegen vier Journalisten erlassen

Die Mitarbeiter der Tessiner Wochenzeitung sollen sich unter anderem der wiederholten Diffamierung schuldig gemacht haben. Sie hatten über einen Kunstfehler eines Arztes berichtet und sahen sich in der Folge der Kritik der betreffenden Klinik ausgesetzt.

Die Tessiner Staatsanwaltschaft hat Strafbefehle gegen vier Journalisten der Tessiner Wochenzeitung «Il Caffè» erlassen. Sie hatten über einen Kunstfehler eines Arztes berichtet und sahen sich in der Folge der Kritik der betreffenden Klinik ausgesetzt (persoenlich.com berichtete).

Der verantwortliche Direktor des «Caffè», Alaimo Lillo, soll sich des unlauteren Wettbewerbs und der wiederholten Diffamierung schuldig gemacht haben, wie die Zeitung am Wochenende berichtete. Sie stellte die Strafbefehle auf ihrer Homepage vollständig zur Einsicht online. Diese wurden bereits am 23. Februar erlassen. Die Tessiner Staatsanwaltschaft wollte den Schritt auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda weder bestätigen noch dementieren.

Bei den übrigen drei Journalisten lautet die Anklage ausschliesslich auf wiederholte Diffamierung. Die Zeitung hat bereits angekündigt, gegen die Strafbefehle vorzugehen. Deshalb wird es wahrscheinlich zu einem Prozess kommen.

Busse von 2'000 Franken für Direktor

Dem Direktor des «Caffè» wird laut Strafbefehl unter anderem vorgeworfen, Fakten nur teilweise rekonstruiert zu haben und sie miteinander vermischt zu haben. Ihm wird ausserdem zur Last gelegt, einigen Elementen in seiner Recherche eine zu grosse Bedeutung zugemessen und falsche Bezüge hergestellt zu haben.

Er soll zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 270 Franken verurteilt werden. Diese ist bedingt ausgesprochen bei einer Probezeit von zwei Jahren. Zudem soll er eine Busse von 2000 Franken zahlen.

Die Mediengewerkschaft Syndicom zeigte sich in ihrer Stellungnahme vom Dienstag beunruhigt, dass auf diese Weise die Pressefreiheit gefährdet werde. Der Anklagepunkt des unlauteren Wettbewerbs sei besorgniserregend, weil die Presse eingeschüchtert werde. Zugleich rief sie zur Solidarität mit den betroffenen Journalisten auf.

Fälschlicherweise Brüste amputiert

Zurück geht die juristische Auseinandersetzung auf die Berichterstattung der Tessiner Wochenzeitung zu den möglichen Gründen für den folgenschweren Kunstfehler an der Tessiner Klinik Sant'Anna. «Il Caffè» kritisierte dabei insbesondere die internen Sicherheitsabläufe der Klinik.

Ein Chirurg der Klinik hatte im Juli 2014 einer 67-jährigen Patientin, die an einem Brusttumor litt, versehentlich beide Brüste amputiert. Das Tessiner Gesundheitsdepartement entzog dem Mann daraufhin auf unbestimmte Zeit die Arbeitserlaubnis. Denn der Arzt hatte nach der Operation zunächst behauptet, die Amputation beider Brüste sei notwendig gewesen. Erst nach mehreren Monaten gab der Gynäkologe zu, die Patientin verwechselt zu haben. (sda/tim)



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