31.10.2017

Keystone-SDA

«Wir sind gezwungen in anderen Märkten aktiv zu werden»

SDA und Keystone schliessen sich zur multimedialen Nachrichtenagentur zusammen. COO Jann Jenatsch spricht im Interview über den neuen Bereich Corporate Content, den Abgang von Bernhard Maissen und einen möglichen Stellenabbau.
Keystone-SDA: «Wir sind gezwungen in anderen Märkten aktiv zu werden»
«Da wo Synergien möglich sind, werden wir diese selbstverständlich prüfen»: Keystone-SDA-COO Jann Jenatsch. (Bild: Keystone/Alessandro della Valle)
von Matthias Ackeret

Herr Jenatsch, was gab den Anstoss für die Fusion zwischen der SDA und der Keystone?
In den vergangenen Jahren haben wir immer wieder Anläufe genommen, die Inhalte aufeinander abzustimmen, den Text mit dem Bild zu verknüpfen, die Planung noch besser zu koordinieren. Wir haben es auch getan, aber nicht gut genug. Vor etwas mehr als einem Jahr haben wir das gemeinsame Videoprojekt gestartet – SDA-Video, bzw. ATS-Video produced by Keystone. Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht und Lust auf mehr bekommen. Daraus ist eine Vision entstanden, die wir heute kommuniziert haben. Jetzt gilt es, das Projekt voranzutreiben, uns den Herausforderungen zu stellen und das Beste aus beiden Welten zusammenzuführen.

Dieser Schritt kommt doch überraschend. Seit wann wird verhandelt?
In den europäischen Ländern werden geschriebene Nachrichten und visualisierte Nachrichten aus einer Hand geliefert. So überraschend ist der Schritt nicht. Es wurde so lange verhandelt, bis die Zusammensetzung in der vorliegenden Form erarbeitet war. Der Zusammenschluss von SDA und Keystone erfolgt durch einen Beteiligungstausch: Die Austria Presse Agentur (APA) bringt ihre bisherige 50-Prozent-Beteiligung an Keystone in das Unternehmen ein und erhält dafür einen Anteil an 30 Prozent der Aktien von Keystone_SDA.

Wie ist die neue Firma strukturiert?
Die Geschäftsleitung wird sich wie folgt zusammensetzen: Markus Schwab, aktuell CEO von SDA wird neu CEO von Keystone_SDA. Jann Jenatsch, bisher CEO von Keystone wird neu COO und ist verantwortlich für den Bereich Content. Das ist einerseits die Nachrichtenagentur, jedoch neu auch der Bereich Corporate Content. Durch den Strukturwandel bei den Medien sind wir gezwungen noch stärker in anderen Märkten aktiv zu werden. In diesem Bereich werden wir unsere Produktion noch stärker auf die Bedürfnisse von Firmen, Werbeagenturen, Organisationen und Verbänden ausrichten als bisher. Rainer Kupper, aktuell CMO bei Keystone wird diese Rolle auch in der neuen Organisation Keystone_SDA innehaben, genauso wie Daniel Mathys, aktuell CFO bei Keystone. Neben dem Bereich Finanzen und Controlling sind hier die Human Resources und die IT angesiedelt. 

Keystone verfügt bereits über eine breite Erfahrung im Bereich der Auftragsfotografie. Visuelle Produkte produziert im Auftrag von Unternehmen wie die SBB oder die SWISS, im Bereich Sport für den Schweizerischen Fussballverband, für GC oder den FCZ, um nur einige Beispiele zu erwähnen. Es ist Bildmaterial, das diese Kunden für ihre Kommunikation brauchen. Beim SFV beispielsweise produzieren wir alles, vom Mannschaftsbild bis zu den Panini-Bildchen der Schweizer Nati.

Und beim Text?

Lassen Sie mich ein Beispiel zu Hilfe nehmen. Immer mehr grosse Unternehmen wie beispielsweise SWISS LIFE unterhalten eigene Newsrooms. Informationen zu einem Ereignis, beispielsweise ein Erdbeben, ist für ein solches Unternehmen relevant. Es gibt das Bedürfnis nach massgeschneiderter Informationsaufbringung für spezialisierte Kunden. Wir haben den Content. Unser Anspruch ist es, im Bereich News die Schweizerische Nachrichtenagentur zu sein und im Bereich Corporates der Schweizer Partner für hochwertigen Content. Wir haben ebenfalls zum Ziel, der Partner für Solutions zu sein, und meinen damit multimediale Inhalte, die auf die Umsetzung der Digitalstrategie unserer Kunden abgestimmt ist. Dafür haben wir einen starken Technologiepartner, die APA, mit entsprechender Erfahrung und entsprechenden Produkten in diesem Bereich. 


Mit Bernard Maissen verlässt ein profilierter und bekannter Journalist das neue Unternehmen. Was sind die Gründe?
Bernard Maissen war am Anfang an der Ausrichtung des neuen Unternehmens beteiligt. Im Lauf der Entwicklung hat sich gezeigt, dass unsere Vorstellungen immer mehr auseinanderliefen. Bernard Maissen wollte eine zentrale Organisation in Bern, wir sahen viel mehr Struktur mit «Hubs» in Zürich, Bern und Lausanne. Bei einem solchen Schritt, der Fusion der beiden Unternehmen, ist es wichtig, dass alle Beteiligten in die gleiche Richtung ziehen, sonst hat das Projekt keine Chance.

Wer wird künftig den redaktionellen Kurs bestimmen?
Wir haben bei der SDA sehr gute Leute, ich denke dabei an Winfried Kösters und Federico Bragagnini, der Leiter der deutsch- bzw. franzöischsprachigen Redaktion, um nur gerade zwei Namen zu nennen. Wir sind daran, die Organisationsstruktur für den Bereich Content zu erarbeiten, das Beste aus beiden Welten zusammenzuführen. Das heisst konkret, dass wir die Workflows/Prozesse der verschiedenen Disziplinen (Text, Bild, Video und Infografik) analysieren und anpassen. Parallel dazu werden wir die konkreten Bedürfnisse unserer Kunden, allen voran den Medien, abholen. Wir müssen die Welt nicht neu erfinden. Der redaktionelle Kurs wird jeden Tag durch jeden unserer Mitarbeiter mitgestaltet. Sei es ein Korrespondent oder eine Fotografin – ihre journalistischen Inhalte machen zusammen das, was wir anbieten.

Welche Änderungen ergeben sich für die Kunden? Bieten Sie nun neue Produkte an?
Durch den Zusammenschluss können wir auf Alleinstellungsmerkmale bauen, die kein anderer Anbieter in der Schweiz vorweisen kann – wir haben Inhalte in allen Erzählformen (Text, Bild, Video und Infografik) und wir haben Inhalte, konvergente Inhalte aus der ganzen Schweiz. Und dies alles in drei Sprachen, Deutsch, Französisch und Italienisch. Das ist das eine. Zudem können wir die Komplexität erheblich reduzieren. Wir werden aus einer Hand produzieren und werden dadurch schneller. Unsere Kunden sollen auf multimediale Inhalte zählen können, die zur richtigen Zeit im richtigen Format eintreffen, aufeinander abgestimmt.

Was heisst es für die beiden Unternehmen, kommt es zu einem Stellenabbau?
Da wo Synergien möglich sind, werden wir diese selbstverständlich prüfen. Im administrativen Bereich werden wir beispielsweise in Zukunft nur eine Buchhaltung führen. Andere Ansätze werden sich zeigen. Im Bereich Content sind wir daran zu diskutieren, wie wir die Organisationstruktur gestalten wollen. Also viel zu früh, um über einen Stellenabbau aufgrund der Fusion zu reden.

Werden die Redaktionsstandorte zusammengelegt?
Wir reden von Hubs in Zürich, Bern und Lausanne, zudem von einer regionalen Verankerung unserer Korrespondenten, Fotografen und VJs. Viele unserer Mitarbeitenden arbeiten schon heute in den Regionen und sind sich selbständiges Arbeiten gewohnt.

Die SDA gehört den Verlegern und bekommt staatliche Unterstützung. Erschwert dies nicht die ganze Fusion?
Die staatliche Unterstützung wird an einen Leistungsauftrag gebunden werden. Wie dieser aussieht ist derzeit noch offen. Das hat nichts mit der Fusion zu tun.

Wann tritt das neue Projekt in Kraft?
Sobald wir grünes Licht von der Weko haben, werden wir rückwirkend auf den 1. Januar 2018 fusionieren.



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