28.08.2014

Swisscows

"Ich weiss, wo Google seine Schwächen hat"

Konkurrenz für den Suchmaschinen-Giganten? CEO Andreas Wiebe spricht über seine grossen Pläne.
Swisscows: "Ich weiss, wo Google seine Schwächen hat"

2,6 Millionen Anfragen in den ersten sechs Wochen: Ob die Suchmaschine Swisscows.ch aber tatsächlich eine Chance hat im Kampf gegen Google, wird sich zeigen. Gründer Andreas Wiebe glaubt fest an seine Vision: In fünf Jahren soll jede zweite Schweizer Suchanfrage über Swisscows.ch erfolgen. Nun will Wiebe auch Werbung verkaufen.

Herr Wiebe, googeln Sie noch oder nutzen Sie selber nur Swisscows.ch?
Natürlich nutzen ich und meine gesamte Familie Swisscows.ch. Da ich weder nach Bildern suche, noch andere Dienste nutze, suche ich ausschliesslich mit Swisscows.ch. Übersetzer brauche ich schon ab und zu, doch da greife ich zu Yandex. Meine Kinder warten sehr gespannt auf die kommende Woche, da dann bei Swisscows.ch die Bildersuche aufgeschaltet wird.

Haben Sie vor diesem Interview persoenlich.com oder mich "geswisscowst" – oder wie sagt man…?
Ihren Namen kannte ich bereits, deshalb musste ich nicht extra suchen auch persoenlich.com ist mir sehr gut bekannt (lacht). Ich verstehe aber, vorauf Sie hinaus möchten. Nun, der Begriff wird sich neu erfinden. Vor Google gab es auch nicht "geyahoost". Die Community ist kreativ und wird etwas Neues hervorbringen.

"In fünf Jahren will ich die Hälfte des Schweizer Suchmaschinen-Marktes erobern", sagten Sie der "NZZ am Sonntag". Das tönt illusorisch.
Ich meine es tatsächlich ernst. Ich weiss, wo Google seine Schwächen hat und was man dafür tun muss. Niemand auf dieser Welt ist ewig ein Gewinner. Die Zeiten ändern sich und es kommen neue Stars. Swisscows ist ein neuer Star in der Search-Welt.

Swisscows als "ein neuer Star"; meinen Sie das wirklich ernst? 
Es gibt einige Gründe für den Erfolg von Swisscows. Alle werde ich Ihnen nicht verraten (lacht). Ich nenne aber gerne einige: Erstens ist die Schweiz das beste Land, bezogen auf den Rechtsstaat und Sicherheit. Hier gibt es keine NSA und keine EU. Zweitens unterstützen die Schweizer eigene Marken und pflegen "Swiss Made" weltweit. Die Marktanteile von Ricardo.ch und Ebay sind ein gutes Beispiel für die Funktionsweise des Schweizer Marktes. Drittens zahlt ja Google keine Steuern in der Schweiz, sondern zieht die Finanzen aus der Schweiz heraus, ohne dabei das Geld in der Schweiz zu reinvestieren. Dies wird nicht ohne Folgen bleiben: Die Bestrafung kommt durch Verlage und andere bekannte Medien.

Google hat immerhin einen Standort in der Schweiz. Hunderte Mitarbeiter leben und arbeiten in Zürich und zahlen Steuern.
Die Mitarbeiter schon, jedoch Google selber versteuert alles in Irland.

Nun gut. Es gibt ja nicht nur Google oder Yahoo als Konkurrenten, sondern z.B. DuckDuckgo.com oder Startpage.com. Was ist denn an Swisscows.ch so praktisch?
Ganz einfach: Duckduckgo.com sitzt in den USA und ist somit datenschutztechnisch nicht sicher, da es der NSA unterstellt ist. Startpage.com ist zum Teil auch in den USA und zum Teil in der EU. Zudem haben alle von Ihnen erwähnten Wettbewerber nicht vor, einen eignen Index aufzubauen. Swisscows baut jetzt schon seinen eigenen. Hinzu kommt: Selbst die Werbung übernehmen duckduckgo.com und startpage.com von Google und Co. Wir haben diesen Bereich selbst völlig neu aufgebaut.

Sie werden textbasierte Werbung verkaufen. Wie wird die Werbung erscheinen?
Der Prozess ist ähnlich wie bei den Wettbewerbern. Wenn Sie Werbung buchen, so hinterlegen Sie die wichtigsten Keywords. Werden diese Keywords vom User eingegeben, erscheint Ihre Werbung. Konkret heisst es, dass Ihre Werbung nur von denjenigen Nutzern gesehen werden kann, die auch für Sie, bei der Erstellung der Anzeige, wichtig waren.

Dann bestimmt ein Werbekunde am besten die meist gegoogelten Wörter als Keywords, also z. B. die Zeitgeistbegriffe 2013: Paul Walker, Ricardolino und iPhone 5s. So erreicht er am meisten Views oder nicht?
Solange alle Keywords 1 Franken kosten, ist dies tatsächlich eine Möglichkeit die User auf die Seite zu "locken". Doch so muss man natürlich mit hohen Absprungraten rechnen, denn die Keywords passen ja nicht zu den angezeigten Webseiten. Wenn es aber zu Ihrem Produkt passt, wäre es sicher klug so zu handeln.

Was, wenn 50 Firmen für den gleichen Zeitraum die genau gleichen Keywords eingeben? Wie erfolgt dann die Priorisierung?
Zurzeit durch Rotation der Annoncen. So hat jeder die Chance, ganz oben zu stehen. Doch ab Oktober wird sich das Preismodell ändern. Es ist dann ähnlich wie bei Google, jedoch günstiger. Jetzt haben die Werbenden noch die Möglichkeit, Annoncen auszuprobieren. Später werden die Klickpreise von Keywords und Anzahl Annoncen abhängig sein, ähnlich wie bei Google.

Swisscows differenziert sich gegenüber Google auch im Preis. Ein Klick kostet 1 Franken. Erwirtschaften Sie so genügend Geld, um Ihren Betriebsaufwand zu denken?
Dieser preisliche Ansatz wurde von uns aus zeitlich limitiert. Dieses Modell wird nur bis etwa Ende Oktober so aktiv sein, anschliessend wird es umgestellt.

Offenbar beschäftigt Swisscows über 50 Mitarbeitende, somit betragen nur schon die Lohnkosten mindestens 5 Mio. Franken. Wie genau funktioniert Ihr Businessmodell?
Swisscows gehört zu Hulbee AG. Hulbee ist aus dem Bereich Enterprise entstanden. Wir haben andere Software-Lösungen, die wir verkaufen. Swisscows ist nur eines von vielen Projekten, die wir betreiben. Wir planen zum Beispiel im kommenden Jahr bereits eine Enterprise-Search-Lösung für Unternehmen aller Grössen. Übrigens; weder Duckduckgo.ch und Startpage können so etwas bieten.

Die Suchergebnisse auf Swisscows kommen von Bing. Dies wollten Sie auf Ihrer Webseite deklarieren. Warum haben Sie sich dagegen entschieden?
Der Index wird derzeit zum Teil noch von Bing genommen. Kommende Woche wird das Design von Swisscows inkl. Bildersuche dargestellt mit endsprechendem Hinweis. Wir haben uns nicht gegen eine Deklaration entschieden, sondern dies in der ersten Version nicht für extrem wichtig gehalten.

Interview: Edith Hollenstein, Bild: zVg


Textbasierte Werbung auf Swisscows.ch funktioniert nach dem Prepaid-Prinzip. Die Kunden erwerben ein Budget, das minimale Paket liegt bei 150 Franken. Die Klickkosten werden vom Betrag abgezogen. Die Abrechnung erfolgt per Kreditkarte, Paypal oder Überweisung. Im Benutzerkonto hat der Kunde die Möglichkeit, seine Annoncen oder Kampagnen zu bearbeiten, aktivieren, deaktivieren und auch die Menge der Klicks oder Aufrufe zu überwachen. (eh)



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