01.12.2015

Türkei

Menschenrechtsgerichtshof verurteilt YouTube-Blockade

Die mehr als zweijährige Sperre verstosse gegen die Informationsfreiheit.

Mit einer mehr als zweijährigen YouTube-Blockade hat die türkische Regierung gegen die Menschenrechtskonvention zur Informationsfreiheit verstossen. Dieses Urteil fällte am Dienstag der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg.

"Eine Blockade der YouTube-Zugänge ohne rechtliche Grundlage hat das Recht zum Empfang und zur Verbreitung von Informationen verletzt", stellten die Richter fest. Damit gaben sie den Klagen dreier türkischer Rechtswissenschaftler gegen Ankara statt.

Ein Gericht in der türkischen Hauptstadt hatte von Mai 2008 bis Oktober 2010 den Zugang zu dem Online-Videoportal blockiert. Anlass waren etwa ein dutzend Videos, die als Beleidigung des Gründervaters der modernen Türkei, Mustafa Kemal Atatürk, gewertet worden waren.

Damit verstiess Ankara nach Ansicht des EGMR nicht nur gegen die Konvention zur Informationsfreiheit, sondern überschritt auch die türkischen Gesetze: Diese erlaubten es nicht, den Internetzugang generell – oder im speziellen Fall den Zugang zu einer Seite – zu blockieren.

Der EGMR betonte, YouTube habe "die Entstehung eines Bürgerjournalismus ermöglicht, der die Verbreitung politischer Informationen erlaubt, die von den traditionellen Medien ignoriert werden". Insofern sei die Blockade der Plattform ein Eingriff in die Informationsfreiheit der Einzelnen, auch wenn sich die Blockade nicht gegen sie richte.

Neben YouTube hatte die Regierung auch tausende andere Websites gesperrt. Das wurde als ein Indiz für den zunehmend autoritären Stil des damaligen Ministerpräsidenten und heutigen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gewertet.

Im März 2014 hatte die konservativ islamische AKP-Regierung zeitweise auch Twitter und abermals YouTube gesperrt, weil über beide Dienste Tonbandaufnahmen mit Korruptionsvorwürfen gegen Erdogan und seinen innersten Machtzirkel verbreitet wurden. (sda/afp)



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