05.05.2014

Margrit Sprecher

"Für Männer ist es die beste aller Welten"

Die Reporterin bei den Helden der Lüfte: Margrit Sprecher, x-fach preisgekrönte Schweizer Journalistin, besuchte während einem Jahr immer wieder die Ausbildungsklasse der Kampfjet-Piloten der Schweizer Armee. Dabei entstand das Buch "Unsere Kampf-Piloten" (Echtzeit Verlag), das soeben, mitten im hitzigen Gripen-Abstimmungskampf, erschienen ist. Uns verriet die Schreiberin, wie ihr die Elitesoldaten begegneten, was sie über die Militärsprache herausfand und wie sie abstimmen wird.
Margrit Sprecher: "Für Männer ist es die beste aller Welten"

Frau Sprecher, Sie haben ein Buch über die Schweizer Militärpiloten geschrieben. Wie begegnete man Ihnen auf den Schweizer Militärflugplätzen, wie wurden Sie von den Piloten aufgenommen?
Höflich, zuvorkommend, korrekt, so, wie es der Pilotenknigge vorsieht. Dazu kommt, dass den Piloten vor der Gripen-Abstimmung besondere Bescheidenheit empfohlen wurde. Motto: Wir stehen jetzt im Schaufenster der Nation.

Es geht stramm auf die Abstimmung am 18. Mai zu. Der Gripen ist DAS Thema. Wünschen sich die Piloten, die Sie begleitet haben, sehnlichst dieses Flugzeug oder sind die Meinungen differenziert?
Der Tenor war: Lieber Gripen als gar nichts.

"Das Schülermaterial hat sich vereinheitlicht", zitieren Sie die Leitung der exklusiven Pilotenschule der Schweizer Armee. Ein Wahnsinnssatz. Ist die Schweizer Armee ein riesiger Fundus an unmenschlicher und bizarrer Sprache?
Ein Schüler ist, wie ein Flugzeug, eine Investition, in die der Staat je eine Million Franken steckt. Er hat also alles Interesse an einem einheitlichen, wenig reparaturanfälligen Modell. Freilich ist innerhalb der sogenannten Fliegerfamilie der Ton überaus freundschaftlich, ja liebevoll. Vermutlicht spielt da auch das Gefühl des Auserwähltseins, des Elite tribes, eine Rolle.

Noch kurz zum Schülermaterial: Sind diese Piloten tatsächlich alle gleich? Alle ausgeglichen, besonnen und trotzdem risikobereit?
Dass alle gleich ticken, weder Ecken noch Kanten haben, ist in diesem Beruf, wo man sich in Sekundenschnelle untereinander verständigen muss, unerlässlich. Nicht zuletzt deswegen sind die Flugunfälle in den letzten zehn Jahren drastisch zurückgegangen.

Die Armee stellt eine Parallelwelt dar. Inwieweit haben Sie während Ihren Recherchen Verständnis für diese Welt entwickeln können?
Für Männer ist es die beste aller Welten. Die Ausbildung vom Staat bezahlt, garantierter Arbeitsplatz, und täglich das schönste, teuerste und gefährlichste Spielzeug der Welt zur Verfügung, das sich ein Macho wünschen kann.

Die PR-Maschinerie hinter den sauteuren Militärjets ist extrem stark. Jede grössere Schweizer PR-Agentur vertritt einen Flieger-Hersteller. Sind Sie bei Ihrer Arbeit behelligt worden?
Wir haben über ein Jahr an dieser Story gearbeitet, also zu einer Zeit angefangen, als der Gripen noch gar nicht so aktuell war.  

Was war das eindrücklichste Erlebnis während der Recherchen?
Das Waterboarding im Hallenbad von Murten, eine Mutprobe, die alle Piloten deutlich gezeichnet zurückliess.



Wie ist das eigentlich: Sie haben einen grossen Namen im Journalismus. Ist Ihnen noch freies Schalten und Walten zu traumhaften Stundenansätzen gegönnt?
Ganz konkret: Die Piloten-Geschichte wurde ursprünglich von "GEO" bestellt: 18'000 Zeichen zu 4'500 Franken – keine Spesen. Die Recherchen dauerten 25 Tage und führten von Locarno bis Murten, von Alpnach bis Dübendorf. Dazu kommt das Schreiben. Rechnet man das Honorar auf einen Stundenlohn um, ergibt das weniger als 20 Franken. Dass aus dem Stoff jetzt auch ein Buch geworden ist, liegt freilich nicht daran, dass wir das Unternehmen rentabler machen wollten. Wir hatten einfach noch ungeheuer viel unverwerteten Stoff. 

Woran arbeiten Sie zurzeit? Sind Sie eigentlich immer parallel an verschiedenen Stories?
Viele Geschichten brauchen eine lange Vorbereitungszeit. Dazu fällt immer mal wieder eine ins Wasser. Oft in letzter Minute, wenn der Flug schon gebucht ist. Da ist es gut, wenn man eine, zwei weitere Geschichten in Reserve hat. Bei mir dreht sich augenblicklich vieles um Rohstoffe. Fast zu vieles. Und schon wieder ein Männerthema.  

Wie werden Sie abstimmen am 18. Mai?
Nein.

Fragen: Adrian Schräder // Hauptbild & Buchcover: Fabio Biasio, Porträt: Keystone

 


Die Buchvernissage findet am 8. Mai ab 18:30 Uhr im Westflügel an der Viaduktstrasse 21 in Zürich statt.



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