22.01.2015

NZZ

Alice Kohli wechselt zur Erklärung von Bern

"Zu einer anderen NGO hätte ich nicht wechseln können", sagt die Journalistin.
NZZ: Alice Kohli wechselt zur Erklärung von Bern

Alice Kohli verlässt die NZZ nach rund vier Jahren. Die 33-jährige Datenjournalistin wechselt zur Erklärung von Bern (EvB), wo sie ab April als Rechercheurin tätig sein wird. "Ich freue mich sehr auf die neue Aufgabe und bedanke mich für die gute Zeit in den vergangenen vier Jahren", schreibt sie in einer E-Mail an ihre Kollegen.

Sie habe nicht aktiv nach einer neuen Stelle gesucht, sondern sei per Zufall über die Stellenanzeige gestolpert, "die mich sozusagen an den Eingeweiden packte", erklärt Kohli auf Anfrage von persoenlich.com. Die Anforderungen hätten sich ziemlich genau gedeckt mit den Erwartungen an die Arbeit, die sie im Moment gerne machen möchte. Warum aber bedeutet für eine NZZ-Journalistin der Wechsel zur EvB ein Karrierefortschritt? Persoenlich.com hat nachgefragt.

Frau Kohli, ist es Ihnen schwer gefallen, den Journalismus an den Nagel zu hängen?
Ja, ich zögerte anfangs. Im Studium wurde mir immer wieder eingetrichtert, dass man sich mit keiner Sache gemein machen soll, auch nicht mit einer Guten. Daher ist mir der Seitenwechsel zu einer NGO schon schwer gefallen. Mich überzeugten die Arbeitsweise und die Zielsetzung der Erklärung von Bern aber sehr. Zu einer anderen NGO hätte ich nicht wechseln können.

Die NZZ ist liberal und sehr wirtschaftsfreundlich eingestellt, während hingegen die EvB am äusseren linken Spektrum steht. Wie kam es bei Ihnen zu diesem Gesinnungswandel?
Ich musste keinen Gesinnungswandel durchmachen, sondern bin genau gleich eingestellt wie vorher.

Was heisst das: Sind Sie links, arbeiteten aber trotzdem für die liberale NZZ oder umgekehrt?
Ich bin linksliberal eingestellt.

Sie werden bei der EvB über die gleichen Konzerne und Themen schreiben, jedoch aus 180-Grad anderer Perspektive: Statt Unternehmensberichterstattung über UBS, CS, Novartis oder Glencore machen Sie nun Investigativ-Geschichten über diese Unternehmen. Wie geht das?
Bei der NZZ arbeitete ich ja nicht im Wirtschaftsressort. Ich habe mich als Datenjournalistin wiederholt mit Themen aus dem Bereich der Menschenrechte auseinandergesetzt, etwa mit der Flüchtlingspolitik oder der Todesstrafe. Ich hatte also nichts mit Unternehmensberichterstattung zu tun. Bei der der EvB werde ich mich weiterhin für Menschenrechte engagieren können. Und das nochausführlicher, denn bei der EvB steht für die Recherche deutlich mehr Zeit zur Verfügung als jetzt bei einem Verlag.


Alice Kohli studierte in Zürich Physik und anschliessend an der Hamburg Media School und am MAZ in Luzern Journalismus. Danach arbeitete sie zunächst als Wissenschaftsredaktorin für die scitec-media GmbH, wo sie die Wissenschaftsseiten von "20 Minuten" betreute, und als freie Journalistin für die Wochenzeitung "WOZ". Die Zürcherin war 2013 für den Schweizer Medienpreis und 2014 für den Deutschen Reporterpreis nominiert. Mit dem Team von NZZ Data erhielt sie 2014 den "Data Journalism Award" des Global Editors Network für das beste datenjournalistische Portfolio.

Kohlis Stelle bei der NZZ wird Alexandra Kohler übernehmen. In enger Zusammenarbeit mit den Reportern und dem Interactive Team wird sie datenbasierte Geschichten umsetzen. (eh)



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