29.01.2013

The Weekender

"Wir suchen nach einem etwas anderen Blickwinkel"

Am Wochenende ist die Welt noch in Ordnung: Seit zwei Jahren produzieren Dirk Mönkemöller und Christian Schneider mit "The Weekender" ein kleines, feines Magazin, in dem das Wochenend-Gefühl in den Vordergrund gerückt wird. Themen wie Wohnen, Reisen, Gastro und Natur - und Menschen, die sonst durch die Maschen des Journalismus fallen - kommen darin zur Sprache, den Bilder wird viel Platz eingeräumt. Dass sie damit noch nicht viele Anzeigenkunden anziehen, beunruhigt Chefredaktor Mönkemöller überhaupt nicht, wie er im Interview mit persoenlich.com betont.
The Weekender: "Wir suchen nach einem etwas anderen Blickwinkel"

Herr Mönkemöller, Ihr Heft "The Weekender – Das Magazin für Einblicke und Ausflüge" ist mir am Wochenende am Kiosk ins Auge gesprungen – und schliesslich mit nach Hause gekommen. Wofür steht "The Weekender"?
Wir sind ein kleines, unabhängiges Magazin aus Deutschland. Thematisch geht es um Wohnen, Reisen, Gastro und Natur. Wobei wir diese Themen selten im herkömmlichen Sinne präsentieren. Vielmehr suchen wir immer nach einem etwas anderen, persönlichen Blickwinkel.

Wie ist der Titel zu verstehen? Lebt der Mensch nur noch am Wochenende? Oder soll das Heft ein bisschen Wochenende in den Alltag bringen?
Es geht tatsächlich um ein Wochenende-Gefühl, das wir bei der Lektüre vermitteln möchten. Das Magazin soll Freude machen, inspirieren und ein Fenster in andere Welten bieten. Deshalb legen wir auch viel Wert auf eine opulente Bebilderung und eine feine Gestaltung.

Im aktuellen Heft habe ich ein Rezept für "Lahme Schnecken für ruhige Stunden" entdeckt. Bietet "The Weekender" bewusste Entschleunigung, und ist somit ein Wohlfühlheft? Oder sehen Sie das Ganze eher als eine Art Lifestyle-Postille im Stil von Tyler Brûles "Monocle"?
Beides trifft ein wenig zu. Aber es gibt da, ehrlich gesagt, keinen genau definierten Fahrplan, an den wir uns halten. Vielmehr bestücken wir ein Heft inhaltlich aus dem Bauch heraus. Zum Beispiel folgt auf das von Ihnen erwähnte "Schnecken"-Rezept ein Rezept für eher rasantes Essen (Hühnchen mit Ketchup), dass beinahe schon Fast-Food ist. Aber wir finden gerade diese Kombination reizvoll.

Bild: Dirk Mönkemöller (links) und Christian Schneider von "The Weekender"

Eine junge Nomadin näht sich kreuzt und quer durch die Vereinigten Staaten, ein junger Engländer webt mit Hingabe Tweed-Stoffe, drei Freunde aus Barcelona nutzen ihre Wohnung als Restaurant, Galerie und Treffpunkt, ein Konservator kümmert sich um Fliegen und Mücken. Kürzlich habe ich einen hinreissenden Herrn kennengelernt, der sich tagein, tagaus nur mit dem Restaurieren von alten Wurlitzern beschäftigt. Wäre er ein Kandidat für Ihr Heft? Geht es also auch um Porträts von Menschen, die sonst durch die Maschen des Journalismus fallen?
Ja, das trifft durchaus zu. Jedenfalls finden wir diese Menschen und ihre Tätigkeiten interessant. Sie haben so etwas Beruhigendes in diesen schnelllebigen Zeiten. Aber wir wollen dennoch nicht altmodisch sein oder gar vergangene Tage verklären. Die Menschen in unserem Heft stehen ja trotzdem mit beiden Beinen im Hier und Jetzt. Ein gutes Beispiel ist etwa der Internet-Unternehmer Zach Klein (Mitgründer von Vimeo), der uns in unserer fünften Ausgabe seine Holzhütte zeigt, die er in einem Wald in der Nähe von New York gebaut hat.

Plötzlich begegnet man im Heft Texten auf Englisch. Warum das Sprachenmischmasch? Fehlt das Geld für gute Übersetzungen?
Vielleicht sind wir ein bisschen faul? Tatsächlich glauben wir, dass die meisten unserer deutschsprachigen Leser auch Englisch verstehen. Ausserdem haben wir einige Leser aus dem Ausland, die auf diese Weise wenigstens einen Bruchteil des Hefts lesen können. In der Regel verwenden wir englische Texte nur dann, wenn sie von einem "native speaker" verfasst wurden.

"The Weekender" gibt es jetzt seit zwei Jahren. Bislang sind acht Ausgaben erschienen. Ihre Bilanz?
Es ist ein einmaliges Erlebnis, einfach mal selbst ein Magazin zu starten und zu etablieren. Es ist zwar auch verdammt viel Arbeit. Aber wir schaffen etwas, das bleibt. Wir werden die Ausgaben noch in zehn Jahren zur Hand nehmen können. Und sie dann – hoffentlich – immer noch für gelungen halten.

So wie ich das verstanden habe, machen Sie das Heft mehr oder weniger alleine. Wie komponiert man ein Heft ohne Redaktion? Haben Sie eine Stammschreiberschaft?
Ich gebe das Magazin mit Christian Schneider heraus, der für die Gestaltung zuständig ist. Doch auch thematisch tausche ich mich viel mit ihm aus. Ansonsten arbeiten wir mit vielen Freunden und Freien und ständig kommen Leute dazu, die gerne etwas beitragen möchten.

Von welcher Auflage, von circa wie vielen Abonnenten sprechen wir hier?
Unsere Auflage beträgt 5’000 Stück. Abonnenten haben wir derzeit im oberen dreistelligen Bereich.



Die Bildsprache ist simpel und klar, die Ausrichtung eigentlich auch. Inhaltlich wirkt das Heft einladend. Inserate findet man jedoch ausgesprochen wenige. Sind Sie dann doch zu wenig im Luxusgütermarkt beheimatet? Oder woran liegt das?
Das liegt zum Teil an unserer Auflage, die vielen Kunden noch zu gering ist. Hinzu kommt, dass der Anzeigenmarkt generell schwierig geworden ist für Print. Aber wir sehen das gar nicht als Problem an, denn unsere Leser freuen sich darüber, dass wir nur wenige (und zudem thematisch sehr gut aufeinander abgestimmte) Anzeigen haben.

Sollte man den Rhythmus nicht höher ansetzen? Kann man sich mit einem Quartalsheft genug stark im Bewusstsein der Leser und Werbetreibenden verankern?
Bisher scheint es auch mit vier Ausgaben pro Jahr gut zu funktionieren. Aber mal sehen...

Ihre Lieblingsgeschichte der letzten zwei Jahre "The Weekender"?
Schwer zu beantworten, ich bin eigentlich mit fast allen Geschichten sehr zufrieden. Aber toll und ziemlich typisch für uns fand ich etwa die Geschichte über die schottische Miniinsel Barra, auf der absolut nichts los ist. Es ist der wohl ödeste Ort der Welt – und wir haben ihm zehn Seiten Platz eingeräumt.

Interview: Adrian Schräder/Bilder: "The Weekender"



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