In jeder achtbaren Bude ist der Chef anwesend, wenn ein jahrzehntelanger, verdienter Mitarbeiter in die Pension geschickt wird. Nicht so beim Schweizer Fernsehen. Wie schon bei früheren «Verabschiedungen» – bei Monika Fasnacht und Roman Kilchsperger etwa – zeigten sich weder der TV-Direktor noch der Unterhaltungschef, als Kurt Aeschbacher mit einer langen, biederen aber liebenswürdigen Sonntagabend-Show gefeiert wurde. Ende Jahr läuft seine letzte Talkshow.
Fast vierzig Jahre lang hat Aeschbi die Schweizer TV-Unterhaltung mitgeprägt. Er hat mit spannenden Sendungen vielen Zuschauern Freude bereitet, mitunter auch genervt. Vor allem mit seinen Formaten «Grell-pastell» und «Casa Nostra» lebte er seine Risikofreudigkeit aus, provozierte – und verletzte auch schon mal die Konzession. «Political correctness ist etwas Positives, macht aber extrem mutlos. Das ist schade. Es müsste wieder mehr gewagt werden», sagte er Gastgeberin Sandra Studer.
Aeschbi ist ein neugieriger Mann, der gut zuhören kann. Christoph Bürge, der frühere TV-Redaktor und heutige CEO von «Freddy Burger Management», meinte in der Abschiedsshow über den Menschenfreund: «Kurt wollte immer wissen, worum es wirklich geht im Leben. Er stellte Fragen wie: Wer sind wir? Wo gehen wir hin? Warum lügen und betrügen wir? Warum sind wir eifersüchtig? Er ist ein Wissenschaftler für menschliche Fragen und hat einen Passepartout, um Menschen zu öffnen.»
Sandra Studer überraschte ihren Gast mit vielen Ausschnitten aus seinen aufsehenerregendsten Sendungen. Übrigens: Jahrzehnte, bevor es «Bauer, ledig, sucht...» gab, hatte dieser Bräute für Bauern gesucht. Und lange vor «Happy Day» Menschen überrascht. Aeschbi war sichtlich gerührt, als nach und nach Freundinnen und Freunde auf die Bühne kamen und ihn mit Lob überschütteten. Freunde hat, wer sich Freunde machte.
Darunter sein ehemaliger Partner Andrin Schweizer. Dieser beschrieb seinen heutigen «Lebensfreund» so: «Kurt ist ein extrem offener, neugieriger, intelligenter und herzlicher Mensch – vor und hinter der Kamera. Eine Schlüsselfigur in meinem Leben.»
Sandra Studer wollte wissen, wie Aeschbi mit dem Älterwerden umgeht? «Für mich kein Problem. Es ist eine faszinierende Lebensphase. Mit einem Schatz von Erfahrungen Entscheidungen treffen und neugierig in die Zukunft blicken zu können, ist ein Geschenk des Alters.»
Ein paar Tage nach Weihnachten wird mit der letzten Ausgabe von «Aeschbacher» ein Stück Schweizer Fernsehgeschichte zu Ende gehen. Im Sommer musste der TV-Macher telefonisch erfahren, dass seine Sendung früher abgesetzt wird, als geplant war. Kurt Aeschbacher hat dies nach aussen ziemlich gelassen hingenommen. Auch Loyalität gehört zu seinen Stärken. Kläglich, dass diese von seinem TV-Direktor und früheren «Karussell»-Kumpel Ruedi Matter nicht erwidert worden ist.
TV-Kritik
Aeschbi-Abschied ohne TV-Chefs