TV-Kritik

Kein TV-Jubel nach SRG-Sieg

Die Erleichterung beim moderierenden Personal in der Abstimmungssendung war spürbar. Verständlich. Schmückendes Beiwerk gab es allerdings nicht. Und jene nervösen TV-Stars, die sich vor Monaten mit ihren Ängsten weit aus dem Fenster gelehnt hatten, verhielten sich in den sozialen Medien ruhig.

Es war längst keine Überraschung mehr, dass die No Billag-Initiative klar abgelehnt würde. Bereits um 12.05 Uhr bestätigte sich der Trend. Doch die enorme Ablehnung mit über 71 Prozent überraschte auch in den TV-Studios alle Beteiligten und Gäste.

Unverständlich: SRF verzichtete auf die Übertragung der Pressekonferenz von Big-Boss Gilles Marchand, der immerhin ein 100-Millionen-Sparprogramm mit interessanten Details verkündete (persoenlich.com berichtete). Stattdessen liess Urs Leuthard laufend zu Korrespondenten schalten. Diese verkündeten währenddem aus den Kantonen Freiburg, Glarus oder Ob- und Nidwalden, dass noch keine Wahlergebnisse vorliegen.

Nicht überraschend: Die No-Billag-Initianten Olivier Kessler und Andreas Kleeb zeigten sich in der Abstimmungssendung als schlechte Verlierer. Kleeb sprach von einer Angstkampagne und Kessler klagte: «Wenn man mit einer Ausnahme alle Medien in diesem Land permanent gegen sich und im Abstimmungsbüchlein nur eine Seite zur Verfügung hat, dann ist das Unausgewogenheit, Machtmissbrauch und Behördenpropoganda. Auch die Medien müssen sich fragen, ob sie gute Arbeit gemacht haben.»

Immerhin haben Kessler und Kleeb mit ihren Kumpels über die Landesgrenzen hinaus eine Mediendiskussion ausgelöst, die bei der SRG erste Wirkungen zeigt. Viele ausländische TV-Stationen haben in den letzten Monaten über die Initiative berichtet - am Sonntag auch über den Ausgang der Abstimmung. Erheiternd: Gewerbeverband-Chef Hans-Ulrich Bigler sagte im SRF-Studio: «Die Initiative war zu extrem.»

Wie bei Abstimmungen und Wahlen gewohnt, machte TeleZüri erneut einen sehr guten Job. Wegen den Zürcher Wahlen hatten Markus Gilli und Oliver Steffen ihre Zelte im Stadthaus aufgeschlagen - mit wuchtigen Werbewänden von SRF und Radio Top im Hintergrund.


René Hildbrand
René Hildbrand ist Journalist, langjähriger Fernsehkritiker und Buchautor. Während 27 Jahren war er für «Blick» tätig, danach Chefredaktor von «TV-Star».

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Kommentare

  • Sam Zumbuehl, 05.03.2018 00:03 Uhr
    Endlich ist diese mühsame Zeit, in der «No Billag» die Medien beherrschte, vorbei. Dass es in Zukunft keine Unterbrecherwerbung mehr geben wir, ist löblich (noch cooler wäre eine SRG ganz ohne Werbung, so wie es die BBC macht... aber das ist wohl zu viel des Guten). Auch braucht es beim öffentlichen Rundfunk keine «Stars», sorry Herr Hildbrand. Journalisten genügen. Es ist zum Teil sehr penetrant, wie sich einzelne (wenige) Journalisten versuchen, sich als «Stars» zu etablieren (Fan-Seiten auf Facebook, Bücher vermarkten etc). Es ist gut, wurde No-Billag abgelehnt, und es ist auch gut, hat der SRG-Generaldirektor Reformen angekündigt. In der Tat: Tele-Züri machte einen guten Job. Wie auch andere Regionalsender sehr gute Jobs machen: Die Übertragung der Basler Fasnacht, beispielsweise, war auf Telebasel hundertmal spannender, lustiger, frecher und aufschlussreicher als diejenige des nationalen TV's. Hier sind Regionalsender, die inzwischen überall in der Schweiz empfangbar sind, einfach stärker. Hier könnte eingespart werden: keine Luzerner oder Basler Fasnacht mehr produziert von SRF, sondern von den Regionalsendern produziert, und SRF übernimmt das Signal. Beispielsweise.
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