TV-Kritik

TeleZüri feiert 20 Jahre «SonnTalk»

Die Sendung startete auf dem Regionalsender TeleZüri als «Steinfels live». Moderiert wurde sie damals von Reto Brennwald, der seit Anfang bei TeleZüri war. Daraus wurde später der «SonnTalk». In den ersten Jahren war neben Markus Gilli noch Roger Schawinski dabei, der Gründer, Architekt und damalige Besitzer des Senders – und Erfinder dieses Gespräch-Formates. 

Nach 20 Jahren ist die Diskussionsendung bei vielen Zuschauern und Politikern beliebter als die SRF-«Arena». Ein Parteipräsident sagte mir kürzlich: «Ich ziehe einen Auftritt im ‹Sonntalk› vor. Danach bekomme ich mehr Rückmeldungen als im Anschluss an eine ‹Arena›.» Bis zu 180’000 Zuschauer schauen und hören Gilli und seinen Gästen zu (Rating 3+, inklusive Wiederholungen, Deutschschweiz). Der «Sonntalk» läuft auch auf den TeleZüri-Schwestersendern Tele M1 und TeleBärn. Darum müssten in jeder Sendung möglichst auch die Kantone Aargau und Bern vertreten sein. Die Spitzenmarktanteile bei der Erstausstrahlung auf TeleZüri im Millionen-Zürich liegen übrigens teilweise bei über 20 Prozent. Die Sendung wurde früher unter anderen auch von Matthias Ackeret (dem heutigen «persönlich»-Verleger) und von Hugo Bigi moderiert. 

Das Konzept ist einfach: Markus Gilli diskutiert mit drei debattierfreudigen und angriffslustigen Politikern (links, rechts, mitte) unterhaltsam die drei brisantesten und emotionalsten Themen der Woche. Legendär der Ausraster des heutigen SVP-Bundesrates Ueli Maurer, als er nach einer verbalen Provokation Schawinskis wutentbrannt das Studio verliess. Maurers Auftritt ist immer noch die Mutter aller Empörungsreaktionen (vgl. Video unten). Oft lädt Gilli auch Journalisten, Kommunikations- und Wirtschaftsprofis ein. 30 bis 40 Personen stehen zur Auswahl – von Blocher bis Tschäppät. Der Stock verändert sich: Abgewählte Politiker sind in der Regel nicht mehr eingeladen. Das erlebte etwa Hans Fehr (SVP), der über viele Jahre zu Gillis häufigsten Gästen gehörte. 

 

Zu den x-fachen SonnTalkern gehört Doris Fiala (FDP), die vor ihrer Wahl in den Nationalrat von 2007 erst dank TeleZüri einem breiten Publikum bekannt geworden war. Ebenso konnte sich der heutige Regierungsrat Mario Fehr (SP) sehr häufig in der Sendung profilieren. Zu Gillis Vielfach-Gästen zählt auch die Journalistin und Dozentin Esther Girsberger. Zwei seiner langjährigen Lieblingsteilnehmer sind vor Jahren gestorben: Der Thurgauer «Schatten- Aussenminister» Ernst Mühlemann (1930-2009) und der Glarner Ständerat This Jenny (1952-2014).

Ein Platz im «SonnTalk» ist bei den Politikern sehr begehrt. Manche erkundigen sich nach längerer unfreiwilliger Absenz schon mal, ob sie bei ihrem letzten Auftritt etwas falsch gemacht haben. Andere rufen nach der Sendung an und wollen wissen, wie die Quoten waren. Gute Quoten sind das Ticket für eine nächste Einladung. Aber nicht nur das. Nicht mehr zu sehen sind beispielsweise Verlegerin Ellen Ringier oder Publizist Peter Hartmeier. Warum wohl? Haben sie etwas Falsches zu Gilli gesagt?

Aber auch Markus Gilli bekam nie alle, die er gerne in seiner Sendung gehabt hätte: Der abtretende SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz hatte nie Lust, am Sonntagabend für 25 Sendeminuten vom Berner Oberland nach Zürich zu reisen. Ebenso hielt es sein Walliser Parteikollege Oskar Freysinger, als er noch politische Ämter (Nationalrat, Staatsrat) bekleidete. Oft und  gerne lädt Gilli auch Nervensägen ein, beispielsweise Autorin Sonja A. Buholzer und Juso-Präsidentin Tamara Funiciello.

Der «SonnTalk» ist auf «Gilli The Rock» zugeschnitten. Mit spitzen, provokativen Fragen, Herzblut und Euphorie bringt der «ewige Moderator» im Fernsehen Debatten in Gang. Gratulation zum Jubiläum.

 

 


René Hildbrand
René Hildbrand ist Journalist, langjähriger Fernsehkritiker und Buchautor. Während 27 Jahren war er für «Blick» tätig, danach Chefredaktor von «TV-Star».

Kommentar wird gesendet...

Kommentare

  • Nico Herger, 18.10.2017 17:24 Uhr
    SonnTalk (allerdings ohne Buholzer, Wermuth, Funicello, Pardini, also immer vorgängig die Gästeliste anschauen) hält man eine halbe Stunde aus, die SRF-Arena keine zehn Minuten.
  • Robert Weingart, 18.10.2017 15:55 Uhr
    Gilli for President!
  • Peter Abelin, 18.10.2017 12:10 Uhr
    Eine angemessene Würdigung des "SonnTalk"-Jubiläums. Die klar strukturierte Sendung bildet eine gleichermassen unterhaltsame wie informative Ergänzung zum umfassenden Informationsangebot der SRG. Auch Markus Gilli verdient sich als "Dompteur" der Runde eine gute Note. In der Regel nimmt er gegenüber allen anwesenden Polit-"Raubtieren" die journalistisch gebotene unerbittliche Gegenposition ein. Völlig unnötig und irritierend sind hingegen seine bei jeder sich irgendwie bietenden Gelegenheit abgegebenen hasserfüllten Giftpfeile an die Adresse der SRG. In der letzten Sendung ereiferte er sich in der Rubrik "Frust der Woche" mit zittriger Stimme über die aktuelle Kundenbindungsaktion "Hallo SRF", wie wenn sich der nationale Sender am 4. März 2018 völlig widerstandslos auf die Schlachtbank der No-Billag-Initiative führen lassen sollte. Ein grosser "Tolggen im Reinheft" des Tele-Züri-Jubilars!
  • Marlene Frick, 17.10.2017 16:22 Uhr
    «SonnTalk» ist Kult! Da mögen einige Medien jeden und jede SRF-Moderator/in irgendwann zur Legende hochjubeln (seit neuestem ist Röbi Koller auch eine Legende, ich frage mich nur, warum?). Oder die SRG-Propagandamaschine und deren Apologeten wollen uns weismachen, dass ohne öffentlich-rechtliches-Billag-finanziertes Radio und Fernsehen die Demokratie gefährdet sei (als gäbe es die direkte Demokratie in der Schweiz erst, seit es Radio und TV gibt, also rund ca. 75 Jahre). Überhaupt: Viele SRF-Mitarbeiter schauen mit einer gewissen Arroganz auf die privaten TV-Macher herab ("zu kommerziell", "zu unprofessionell", "zu handgestrickt" usw. "nur SRF bietet Qualität"). Dabei ist SonnTalk eine der besten TV-Sendungen eines Schweizer Fernsehens forever! Markus Gilli ist wirklich eine Legende, er gehört zum Sonntagabend seit meiner Kindheit. Die Talkrunden sind frech, bisssig, manchmal auch lustig. Und bei den eingeladenen Gästen (Politikern, Journalisten) scheint immer auch der Mensch dahinter hindurch. Markus Gilli ist eine Persönlichkeit, seine Gäste sind TalkStars. SonnTalk ist eine grossartige Sendung, beste Unterhaltung. Zwar wird wohl Roger Schwawinski (inzwischen SRF-Mitarbeiter) für sich reklamieren, "er habe die Sendung erfunden" (erfunden hat er sowieso das wenigste, aber immerhin gute Formate aus Amerika etc. als erster abgekupfert)....aber es ist zu konstatieren: Markus Gilli und SonnTalk sind Kult, Gilli ist eine echte TV-Legende. Ich schaue fast kein TV mehr (und die Arena schon gar nicht), aber wenn schon, dann bestimmt ab und zu den SonnTalk. Gratulation an Markus Gilli und das SonnTalk-Team und weiter so!
Kommentarfunktion wurde geschlossen
Zum Seitenanfang20240426