TV-Kritik

Wiedersehen mit einem Schweizer Weltstar

Die Deutschen hielten den grossgewachsenen Beau für einen Deutschen, für die Amerikaner war er ein Amerikaner. Doch der weltweit gefragte Schauspieler Paul Hubschmid war ein waschechter Schweizer. Geboren 1917 in Aarau. Aufgewachsen im solothurnischen Schönenwerd, wo sein Vater bei Bally arbeitete.

Zum 100. Geburstag des internationalen Film-, TV- und Bühnenstars zeigte und zeigt das Schweizer Fernsehen in diesen Wochen eine ganze Reihe von Filmen, die heute alle in digitaler Fassung zur Verfügung stehen. Teilweise hat der Sender selber die Schweizer Filmklassiker aufwändig restauriert, um dieses Kulturerbe auch für kommende Generationen erhalten zu können. Beifall!

In den folgenden, in diesem Sommer ausgestrahlten Filmen aus dem In- und Ausland spielt Paul Hubschmid die Hauptrolle. Mit berühmten Kolleginnen, Kollegen und Publikumslieblingen an seiner Seite: «Scampolo» (1956 mit Romy Schneider). «Finale in Berlin» (1966, mit Michael Caine und Eva Renzi). «Die Zürcher Verlobung» (1957, mit Liselotte Pulver). «Palace Hotel» (1952, mit Anne-Marie Blanc und dem deutschen Top-Star Gustav Knuth, der in Küsnacht lebte). «Füsilier Wipf» (1938 mit Elsie Attenhofer, Alfred Rasser, Emil Hegetschweiler, Zarlie Carigiet). «Die missbrauchten Liebesbriefe» (1940 mit der grossen Therese Gieshe und Rudolf Bernhard, nach dem das Zürcher Bernhard Theater benannt ist).

SRF plant auch noch «Klassezämekunft» (1988), für den der Ende April verstorbene Regisseur und Journalisten-Kollege Walo Deuber ein ganzes Dutzend grosse Schweizer Stars zusammengebracht hatte. Mit seinen ersten Filmrollen «Füsilier Wipf» und «Die missbrauchten Liebesbriefe» wurde Paul Hubschmid sehr rasch zum Kinostar. Bald schon rief Hollywood an, wo der Schweizer von 1948 bis 1952 erfolgreich arbeitete. Hubschmid spielte unter anderem die Hauptrollen in «Die schwarzen Teufel von Bagdad», «Der Dieb von Venedig» oder im Science-Fiction-Streifen «Panik in New York». Ein Highlight war ferner sein Film «Der Tiger von Eschnapur» unter der Regie des weltberühmten Star-Inszenators Fritz Lang. Mit dem Streifen «Das indische Grabmal» wurde dieser Erfolg fortgesetzt.

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Paul Hubschmid bei den Proben zu «My Fair Lady». (Bild: Keystone)

Zurück in Europa stand Paul Hubschmid später mit Catherine Deneuve vor der Kamera («Hemmungslose Manon»), spielte in den legendären Durbridge-Krimis und in Helmut Dietls TV-Satire «Kir Royal». Oder war Hauptdarsteller und Sänger im Musical «My Fair Lady» mit über 2000 Vorstellungen in Wien, Berlin und München.

Aus Hubschmids erster Ehe stammt Sohn Peter, der Journalist wurde, heute 72-jährig ist, in Hamburg lebt – und seinem Vater sehr ähnlich sieht. Bei den Dreharbeiten zum Film «Finale in Berlin» hatte Paul Hubschmid seine schöne Kollegin Eva Renzi kennengelernt. Die beiden waren von 1967 bis 1980 verheiratet. Aus dieser Ehe stammt Hubschmids Adoptivtochter Anouschka Renzi. Diese spielte eine Hauptrolle in der SRF-Sitcom «Schöni Uussichte» (2005 bis 2007).

Ende der 1960er-Jahre traf ich Paul Hubschmid erstmals in Zürich für ein Interview, das im damaligen «Aargauer Kurier» erschien. Dieser wurde jede Woche in sämtliche Aargauer Haushalte verteilt. Eine Gratiszeitung aus dem Hause «Aargauer Tagblatt» (heute «Aargauer Zeitung» der AZ Medien). Hubschmid, (Werbeträger für die Praline «Mon Cherie») war ein Gentlemen von Kopf bis Fuss. Starallüren waren ihm fremd. Allerdings wusste er schon – und er konnte dies ja regelmässig lesen – dass er (über Jahrzehnte) als bestaussehendster deutschsprachiger Schauspieler gehandelt wurde.

Er sagte mir damals, er möge es überhaupt nicht, wenn er als «schönster Mann des deutschen Films» bezeichnet werde. Selbstironisch gab Hubschmid ein Vierteljahrhundert später seinen Memoiren den Titel «Schöner Mann, was nun?» (1994). In der Silvesternacht 2002 starb Paul Hubschmid nach längerer Krankheit 84-jährig in seinem Haus in Berlin. Ich freue mich in diesen Sommertagen über das TV-Wiedersehen mit dem unvergessenen Schweizer Star, den Millionen Menschen so gerne mochten.


René Hildbrand
René Hildbrand ist Journalist, langjähriger Fernsehkritiker und Buchautor. Während 27 Jahren war er für «Blick» tätig, danach Chefredaktor von «TV-Star».

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