09.11.2022

Glasfasernetz

Branchenlösung kartellrechtlich gutgeheissen

Laut der Wettbewerbsbehörde Weko genügt das SFN-Rangiermodell den wettbewerbsrechtlichen Anforderungen an den Netzzugang.
Glasfasernetz: Branchenlösung kartellrechtlich gutgeheissen

Das Sekretariat der Wettbewerbskommission (Weko) hat das während den letzten Monaten entwickelte SFN-Rangiermodell von Swiss Fibre Net (SFN) beurteilt. Es prüfte, ob die Branchenlösung den wettbewerbsrechtlichen Anforderungen an den Netzzugang genügt. Das
Weko-Sekretariat heisst nun den Vorschlag kartellrechtlich gut, wie es in einer Mitteilung heisst. Die Möglichkeit, den Weiterausbau der Glasfasernetze um rund 1,5 Millionen Franken neue Anschlüsse gemäss SFN-Rangiermodell oder in der herkömmlichen P2P-Architektur voranzutreiben, stelle für die Telekomanbieter eine Chance auf fairen Wettbewerb und für sinnvolle Kooperationen beim Netzausbau dar.

Konsumentinnen und Konsumenten bringe das Konzept eine bessere FTTH-Abdeckung und preisliche Vorteile. Zudem trage die Lösung dazu bei, die laufende Weko-Untersuchung gegen Swisscom nun zügig zu einem Abschluss zu bringen. Die Weko untersagte Ende 2020 der Swisscom vorsorglich, beim weiteren Ausbau des Glasfasernetzes Wettbewerbern den Zugang zu durchgehenden Leitungen (Layer 1) zu verweigern (persoenlich.com berichtete).

SFN hatte im März 2022 laut eigenen Angaben dargelegt, weshalb Telekomanbieter wie Energieversorger und Kabelnetzbetreiber heute wegen der von der Swisscom beim
Glasfasernetzausbau angewandten Technologie «benachteiligt» seien: «Swisscom wendet in Gebieten, welche sie im Alleingang ausbaut, eine Technologie an, die Mitbewerbern entgegen dem etablierten Branchenstandard (P2P) keinen direkten Zugang (Layer 1) zu den Glasfasern erlaubt (P2MP Architektur)». Ende Oktober 2022 wurde bekannt, dass die Swisscom aufgrund des lang andauernden Weko-Verfahrens die Netzbauweise der ultraschnellen Datenleitungen ändert.

Forderungen nach weiterem Ausbau

SFN fordert laut Mitteilung den weiteren Ausbau der FTTH-Netze mit einem kooperationsfähigen Baustil, dieser könne P2P oder P2MP sein. Energieversorger und Kabelnetzbetreiber könnten ihre Infrastruktur nach den Grundsätzen der Effizienz und Effektivität in den gemeinsamen Netzausbau einbringen. Davon würden alle profitieren. Im SFN-Rangiermodell basierend auf der P2MP-Bauweise werde der Layer-1-Netzzugang durch die Rangierbarkeit der Glasfasern in den Quartierverteilern der Kabelnetzbetreiber sichergestellt.

Das auf P2MP basierende SFN-Rangiermodell vereine «das Beste aus beiden Welten»: Dank P2MP-L1-Bauweise könne nachweislich rund 30 Prozent kostengünstiger gebaut werden und trotzdem sei ein passiver Layer-1-Zugang möglich.

«Wir haben in den letzten Monaten intensiv mit diversen Stakeholdern der Branche an der Konkretisierung des SFN-Rangiermodells gearbeitet. Der Anspruch war hoch, ein Modell zu finden, welches den kosteneffizienten Ansatz von P2MP-Netzen mit der Offenheit und Layer-1-Zugänglichkeit von P2P kombiniert. Dies ist nun gelungen und wird von der Wettbewerbsbehörde akzeptiert. Ich freue mich sehr, dass wir dazu beitragen können, dass endlich wieder FTTH-Netze von den Infrastrukturbetreibern ohne kartellrechtliche Vorbehalte gebaut werden können», lässt sich Andreas Waber, CEO Swiss Fibre Net, in der Mitteilung zitieren.

SFN sieht viele «grosse Vorteile» 

Das «versorgungstechnisch sehr attraktive» Konzept biete allen Telekomanbietern in Gemeinden und Regionen, die heute in Bezug auf ihre Telekominfrastruktur noch nicht mit einem FTTH-Glasfasernetz versorgt seien, «sicheren und raschen Zugang». Das Fazit der behördlichen-Beurteilung sei für SFN und die weiteren Telekomanbieter «bedeutsam».

Der im SFN-Rangiermodell angestrebte Branchenstandard P2MP-L1 stelle in vielerlei Hinsicht «grosse Vorteile» dar: Es müssten für die Glasfaseranbindungen viel weniger Gräben ausgehoben und weniger Beläge wiederhergestellt werden. Die Bauimmissionen seien damit um ein Wesentliches beschränkter. In der Regel könnten bereits bestehende Installationen von Kabelnetzunternehmen genutzt werden, was die Nachhaltigkeit des Modells unterstreiche. Und: «Das SFN-Rangiermodell ist die heute wirtschaftlichste und auch am schnellsten realisierbare Ausbauvariante, es kann in Kooperationen auch gut mit P2P-Netzen kombiniert werden», wie es in der Mitteilung weiter heisst.

Gerade unterversorgte, ländliche Gebiete könnten dank dem Einsatz des P2MP-L1-Modells «rascher und auch kostengünstiger erschlossen werden», dies werde massgeblich zur Überwindung des digitalen Grabens zwischen Stadt und Land beitragen.

Eine besondere Bedeutung habe das SFN-Rangiermodell gemäss Mitteilung auch für die durch Swisscom inzwischen bereits gebauten, aber aufgrund des WEKO-Entscheides vom Dezmeber 2020 «nicht vermarktbaren 400'000 Anschlüsse». Die Umsetzung des SFN-Rangiermodells könnte auch in diesen Fällen schnell, kostengünstig und wettbewerbskonform erfolgen, was sowohl im Interesse sämtlicher Marktteilnehmer und insbesondere auch der Endkunden sei.

Bei den bisher bereits gebauten knapp 400'000 Anschlüssen der Swisscom, die blockiert sind, werden die Zuleitungen teilweise nachtäglich erweitert. Damit könnten sie wieder in Betrieb genommen werden (persoenlich.com berichtete). Weil die Erweiterungen teuer sein, würden circa 250'000 Anschlüsse weniger gebaut als ursprünglich kommuniziert.

Die nun wettbewerbsrechtlich abgesicherte Lösung des SFN entspreche laut Mitteilung auch der politisch gewünschten: Das Parlament habe bisher davon abgesehen, die Glasfasertechnologie auf der letzten Meile zu regulieren. Der «echte, diskriminierungsfreie» Glasfaser-Zugang (Layer 1) müsse jedoch in jedem Fall gewährleistet sein. Dieser Grundsatz werde mit dem SFN-Modell sichergestellt. SFN wird sich – zusammen mit institutionellen Investoren – an schweizweiten FTTH-Baukooperationen beteiligen und so den FTTH-Ausbau in der Schweiz vorantreiben.


Kommentar wird gesendet...

KOMMENTARE

Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren