01.02.2011

Digitale Trends

Loïc Le Meur zur Internet-Zukunft

Apps und Social Net setzen sich durch.

Der französische Internet-Unternehmer Loïc Le Meur gilt als ausgewiesener Kenner der Internet-Szene. Er gründete verschiedene Start-ups, so auch Seesmic und organisiert jeweils die grösste europäische Internet-Konferenz "LeWeb". Le Meur war dieses Jahr zum neunten Mal am WEF in Davos. Anschliessend an sein Referat "7 Digital Trends" erklärte er in einem Video-Interview mit NZZ-Impulse, wie er die Internet-Zukunft einschätzt.

Le Meur sagt im Interview, dass man künftig an immer mehr Orten mit Informationen präsent sein müsse. Als Unternehmen habe man vielleicht zehn solche Plattformen (z. B. Informationsportale, Webseiten, Blogs, Flickr, Facebook, Twitter, YouTube, Quora, Salesforce, Linkedin) mit Informationen zu bedienen und müsse sie auch monitoren. Präsenz und das regelmässige Zuhören auf verschiedenen Plattformen seien eine grosse Herausforderung und ein Grund dafür, warum er Seesmic gegründet habe. Angesprochen auf das Suchtpotential und die Gründe, warum Leute dauernd Informationen mit anderen teilen müssen, sagt Le Meur, dass nicht unbedingt das Sharen von Information süchtig macht, sondern vor allem die Interaktion. Die Interaktion gebe einem das Gefühl, dauernd mit einer grossen Gemeinschaft verbunden zu sein. Und dies sei das Wichtige beim Sharen.

Auch E-Mails werden öffentlich

Er selber fürchte sich nicht vor Wikileaks. Aber er denke, dass ein "persönliches Wikileaks" auf uns zu kommen werde. "Zum Beispiel könnte die US-Regierung etwa von Google oder Facebook die Passwörter des G-Mail-Accounts verlangen, ohne dass die User davon wissen." Le Meur vertritt die These, dass künftig einmal alles, was man teilt – seien es nun Mails, Posts oder Videos – öffentlich sein werden.

Die Software "Reputation Defender" helfe einem, die Privatsphäre zu schützen oder es gebe auch ein Programm, das den Usern hilft, offline zu gehen und die E-Mails nur gerade zweimal am Tag zu checken. Zudem erwähnt Le Meur die Software "Freedom", die einem während drei oder vier Stunden den Zugang zum Internet vollständig verwehrt, so dass man sich besser fokussieren kann. Laut Le Meur werden die Menschen immer dümmer und dümmer. Wir könnten uns schlechter konzentrieren, da wir immer mehr Multitasking betreiben würden. Diese neue Verhaltensweise verändere unser Hirn. Le Meur glaubt, dass wir künftig nicht mehr fähig sein werden, ein Buch zu lesen, ohne dauernd an unsere E-Mails, Facebook-Nachrichten oder an YouTube-Videos zu denken.

Foursquare und Facebook-Places verändern das Spiel

Die beiden Dienste Foursquare und Facebook-Places würden vieles verändern, sagt Le Meur. Diesen Trend erklärt er damit, dass man doch bei allem, was man tue, immer den Eindruck habe, etwas noch Besseres, Cooleres zu verpassen. Hier komme Foursquare ins Spiel. Über Foursquare würden wir ausserdem Informationen über Restaurants erhalten, die nicht vom Michelin-Guide stammen, sondern von unseren Freunden.

Alles wird zur Plattform

Als weiteren Trend nennt Le Meur die weitere Verbreitung von Plattformen für verschiedenste Apps. Das Auto werde eine dieser Plattformen sein, genauso wie unser Körper. Apps würden Kalorien zählen, unser Gewicht grafisch aufbereiten oder aufzeigen, welcher Einfluss unsere wöchentliche Jogging-Runde auf unser Gewicht hat. Gegen Schluss des Interviews spricht Le Meur über "Social Objects". Zum Beispiel habe Lady Gaga solche "Social Objects“ getragen: Eine Art Brille, die Bilder anzeigt, sobald man mit den entsprechenden Personen spricht.

Le Meur sieht zudem eine rosige Zukunft für Barcodes, die man etwa an Kleidern, Pflegeprodukten oder Lebensmitteln finden wird. Über Barcode könne man bald nicht nur Preis und Zusammensetzung abrufen, sondern auch Hinweise erhalten, warum welche Freunde diese Produkte kauften.

Mehr Infos auf dem Blog: http://loiclemeur.com/ oder in Le Meurs Referat in Davos:



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