22.05.2024

Tyler Brûlé

«Print ist immer noch ein grossartiges Geschäft»

Tyler Brûlé ist Verleger, Journalist, Designer und Cafébesitzer. Im Interview spricht er über seine Magazine Wallpaper und Monocle und seine Idee eines internationalen Mediums, dass aus der Schweiz in die Welt hinaussendet.
Tyler Brûlé: «Print ist immer noch ein grossartiges Geschäft»
«Vor einem Jahr haben alle über Metaverse gesprochen, jetzt ist es plötzlich kein Thema mehr. Das könnte auch mit künstlicher Intelligenz geschehen», sagt Tyler Brûlé. (Bild: Arata Suzuki)

Tyler Brûlé, wir befinden uns in Ihrem Café im Zürcher Seefeld. Welche Gefühle hegen Sie für diese Stadt?
Meine Geschichte mit Zürich hat sich langsam entwickelt. Die tiefe Beziehung ist vor zwei Jahrzehnten entstanden, also in jener Zeit, als ich das Swiss-Branding entwickelte. Ich glaube, damals war Zürich noch anders. Bereits international und wirtschaftlich getrieben, aber längst nicht so kosmopolitisch wie heute. Aufgrund der Lebensqualität ist die Stadt mittlerweile für Menschen aus der ganzen Welt attraktiv. Von denen, die über genügend Mittel verfügen, um hier zu leben, ihr Family-Office zu leiten, bei einer internationalen Institution zu arbeiten oder ihr eigenes Unternehmen zu gründen, gibt es viel mehr als früher. Zürich war schon immer ein sehr schöner Ort, mittlerweile kann man hier aber auch gut leben, wenn man kein Wort Deutsch versteht und nur englischsprachig ist.

Wie viele Menschen beschäftigen Sie?
Etwa 200, verteilt auf unsere Vollzeit-Redaktions- und Werbeteams sowie Einzelhandels- und Café-Mitarbeiter. Ausserdem haben wir ein Netz von Korrespondenten weltweit.

Durch die künstliche Intelligenz werden es bald weniger sein …
Da bin ich mir nicht einmal sicher. Vor einem Jahr haben alle über Metaverse gesprochen, jetzt ist es plötzlich kein Thema mehr. Dasselbe war vor einigen Jahren mit Clubhouse der Fall. Wer spricht heute noch davon? Das könnte auch mit künstlicher Intelligenz geschehen. Ich bin da nicht so ängstlich wie andere und warte einmal ab, was kommt.

Sie sind mit Wallpaper, das Sie gegründet haben, und jetzt mit Monocle ein erfolgreicher Verleger. Nun handeln Sie eigentlich gegen den Trend. Ist Print doch nicht tot?
Seit zwanzig Jahren höre ich dieses Gejammer, dass Print tot sei. Dies prophezeite man uns bereits, als wir Geld für das Magazin sammelten. Letztes Jahr benötigten wir für unsere Zeitschrift aber mehr Papier als zuvor. Ich bin gerade aus einem unserer Nachbarländer hier in die Schweiz zurückgekommen, wo ich mich mit Kunden getroffen habe. Auch wenn ihr Geschäft digital ist, wünschen sie sich im Grunde alles auf Papier. Ich verweigere mich keineswegs der digitalen Welt, wir haben auch einen digitalen Newsletter und produzieren Podcasts, aber am Ende bevorzugen viele Menschen eigentlich immer noch das gedruckte Produkt. Soll ich jenen Propheten glauben, die Print für tot erklären? Offensichtlich nicht. Oder ist es nur für einige Leute tot? Mag sein. Für uns jedenfalls gilt diese Prognose nicht, Print ist für uns immer noch ein grossartiges Geschäft.

Sie haben an der gfm-Trendtagung den Vorschlag eines internationalen Mediums gemacht, das aus der Schweiz in die Welt hinaussendet. Wie waren die Reaktionen auf diese Idee?
Sehr gut, ich habe viele zustimmende E-Mails bekommen, obwohl ich gestehen muss, dass noch kein Businessplan vorliegt. Ich glaube aber, dass es eine der Stärken der Schweizer Medien ist, dass sie immer noch den Mut haben, Wahrheiten zu formulieren, die in anderen Ländern tabu sind.

Wie würde so ein Medium konkret aussehen?
Das kann ich Ihnen nicht sagen, aber im Bereich Podcast haben wir viel Erfahrung. Und in Zürich – das ist ja das Schöne – gibt es ja gleich mehrere starke Verlagshäuser. Ich lese beispielsweise jeden Tag die NZZ und bin immer wieder erstaunt, über welches Weltniveau diese verfügt.

Ja, aber es gibt doch sehr viele internationale Kommunikationskanäle?
Die Stärke der Schweiz besteht darin, dass sie niemals belehrend auftritt oder dem Rest der Welt Lektionen erteilen will. Das ist ein Asset. Das neue Medium sollte jedenfalls visuell sein, ob es Internet oder Fernsehen ist, wäre zu diskutieren. Ich glaube aber, dass die höfliche und zurückhaltende Art der Schweizer international Beachtung finden könnte.

Wäre es ein Staatsprogramm?
Das glaube ich eher nicht. Ich denke, es wäre schwierig, den Schweizer Steuerzahler zu bitten, für einen globalen Fernsehsender zu bezahlen. Der Staat könnte sich aber an diesem Medium beteiligen. Man vergisst gerne, dass die Schweiz mit Zürich als Wirtschaftsstandort und Genf mit seinen internationalen Organisationen ein sehr internationales Land ist.




Das ausführliche Interview lesen Sie in der April-Printausgabe von persönlich.


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KOMMENTARE

Peter Martin
22.05.2024 08:09 Uhr
Es würde mich schon interessieren, ob Monocle Gewinn abwirft. Ich kann mir das schwer vorstellen, zu klein ist die Auflage und zu hoch die Produktionskosten.
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